Nanotechnologie : Nano-Glühbirne recycelt Hitze in Energie
Edisons Glühbirne arbeitet heute immer noch so wie im 19. Jahrhundert. Das heißt, in einem Vakuum wird ein Wolframdraht durch Strom zum Glühen gebracht. Damals eine sensationelle Erfindung, die Kerzenlicht zur Weihnachtsdekoration verbannte. Heute jedoch höchst ineffektiv. Denn nur rund fünf Prozent der eingesetzten Energie kann zum Leuchten gebracht werden. Der Rest wird als unsichtbare Infrarotstrahlung verschwendet und geht als Wärme sinnlos verloren. Muss das sein? Nein. Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technologie (MIT) sowie der Purdue University in Indiana haben ein neues Verfahren entdeckt, wie die freiwerdende Wärme nun wieder recycelt werden kann.
Photonische Kristalle im Dienste des Lichts
Die MIT-Forscher rund um Ognjen Ilic nutzen wie Edison eine Glühbirne mit dünnem Wolframdraht, die im Prinzip Licht mit viel Wärme abstrahlt. Jedoch mit einem kleinen Unterschied: Ein Filter, der aus einer Nanostruktur von besonders hitzebeständigem Siliziumdioxid (SiO2) und Tantaloxid (Ta2O5) besteht, lässt sichtbares Licht passieren und wirft die warme Infrarotstrahlung von bis zu rund 90 Prozent wieder zurück zum Glühdraht. Daraus entsteht erneut sichtbares Licht. Da nur das sichtbare Licht emittiert wird, springt die Wärmestrahlung in der Glühbirne so lange vom Wolframdraht zum Nanofilter hin und her, bis sich auch diese in sichtbares Licht verwandeln kann. Die Lampe wärmt auf diese Weise nicht mehr den Raum, sondern quasi sich selbst.
Nano-Glühbirne braucht weniger Strom
Ein angenehmer Nebeneffekt: Die Nano-Glühlampe braucht für die Erzeugung von Licht deutlich weniger Strom. Darüber hinaus mussten die Wissenschaftler noch ein weiteres Problem lösen: Um den glühenden Wolframdraht entstehen extrem hohe Temperaturen von fast 3.000 Grad Celsius. Daher wird der Infrarotfilter in einem kleinen Abstand zum Glühdraht platziert. Dies stellt sicher, dass die photonische Nanostruktur der Oberfläche nicht durch die enorme Hitze zerstört werden kann. Des Weiteren besteht der neue Filter aus einem Stapel von sehr dünnen Oxiden mit einem jeweils leicht abweichenden Brechungsindex. Eine solche Abfolge aus bis zu 90 Schichten kann Infrarotstrahlen aus völlig unterschiedlichen Winkeln abfangen und wieder zurückwerfen. Die genaue Anordnung der Schichten berechneten die Wissenschaftler mit einem aufwändigen Algorithmus.
Gleichzeitig wurde auch die Form des Wolframdrahts den neuen Anforderungen angepasst. Normalerweise ist in einer herkömmlichen Glühbirne der Draht lang und spiralförmig gewunden. Hier wurde der Draht aus einem dünnen Wolframblech geschnitten und ist vollkommen flach. Das verbessert die Rezeption der Wärmestrahlung. „Der Schlüssel dafür war die Entwicklung einer photonischen Struktur, die sichtbares Licht durchlässt, aber Infrarotstrahlung in einem weiten Winkelbereich reflektiert“, bringt es MIT-Forscher Ognjen Ilic auf den Punkt. Da jeder heiße Körper Strahlung abgibt, kann nun über einen solchen Filtermechanismus die erwünschten Wellen frei gelassen werden und die unerwünschten verbleiben so „im System“. Diese Idee eignet sich zum Beispiel ideal in der Photovoltaik.
Nano macht’s möglich
Mithilfe dieses neuen Verfahrens lässt sich nach Aussagen der Wissenschaftler eine 2 bis 3 Mal größere Lichtausbeute erzielen. Der erste Prototyp der MIT-Forscher um Ognjen Ilic erreichte eine Lichtausbeute von 6,6 Prozent. Wobei die Lichtausbeute den Lichtstrom einer Lampe im Verhältnis zur aufgenommenen Leistung darstellen soll. Je größer dieser Wert, desto größer ist der für das Auge sichtbare Lichtstrom. Zum Vergleich: Bei einer alten Glühbirne liegt die Lichtausbeute nur etwa bei 2 bis 3 Prozent, bei den Energiesparlampen etwa zwischen 7 und 15 Prozent und bei LEDs zwischen 5 und 15 Prozent. Die Nano-Glühbirne übersteigt damit die Energieeffizienz von einigen Halogen- und LED-Leuchten.
Knackpunkt thermische Stabilität
Und sie überzeugt auch noch mit weiteren Vorteilen: Sie braucht weder das giftige Quecksilber der Energiesparlampen, noch die elektrischen Schaltungen der Leuchtdioden. Daher wurde der Nano-Filter auch als passives Element konzipiert und funktioniert auf eine sehr einfache Weise, wenn man ihn mit Licht bestrahlt. Ein weiterer Pluspunkt: Der Filter lässt sich aus gängigen Materialen in einem Standard-Verfahren herstellen. „Die Materialien, die wir benötigen, sind reichlich vorhanden und billig", erklärt Ilic. „Und die aus diesen gängigen Materialien aufgebauten Filter lassen sich auch in großem Maßstab gut herstellen." Dies klingt sehr überzeugend! Aber wo ist der Haken?
Die Forscher räumten ein, dass sie noch bis zur Marktreife an der Lebensdauer und thermischen Stabilität des Filters arbeiten müssen. Trotz solcher Fortschritte bezweifeln die Entwickler führender Hersteller wie Osram und Philips ein Comeback der Glühbirne: Die LED ist kleiner, gut vernetzbar, lässt sich über Apps steuern, kann bis zu 16 Mio. Farbtöne erzeugen und hält bis zu 100.000 Stunden. Wogegen der Draht einer herkömmlichen Glühbirne nach rund 1.000 Stunden durch brennt. Andererseits gibt es Länder, in denen die Glühbirne noch das Geschäft dominiert.