Elektromobilität : Kreisel Electric: Der zähe Kampf um den Batterie-Markt
Herr Kreisel, verliert Kreisel Electric an Fahrt? In letzter Zeit gab es vermehrt Gerüchte, dass Ihr Unternehmen in finanzielle Turbulenzen geraten ist.
Markus Kreisel: Ich kann dazu nur sagen, dass diese Gerüchte völlig unbegründet sind. Kreisel Electric existiert seit vier Jahren. Wir haben ein enormes Wachstum, haben uns technologisch an die Weltspitze entwickelt und sind in sehr kurzer Zeit auf 125 Mitarbeiter angewachsen. Wir arbeiten für viele Großkonzerne, die unser Know-how schätzen.
In Medienberichten hieß es, Sie seien von den Banken an die Kandare genommen worden.
Kreisel: Auch das kann ich nicht bestätigen. Unser Verhältnis zu Banken ist sehr gut. Ohne sie könnten wir unser Wachstum im internationalen Wettbewerb nicht schaffen. Wir haben erst Ende 2018 eigenkapitalähnliches Mezzaninkapital für das weitere Wachstum und die Internationalisierung von den Beteiligungsgeellschaften der Raiffeisenbankengruppe Oberösterreich aufgenommen. Die Banken sehen also, was wir leisten und glauben an uns.
Sie haben in den ersten drei Jahren nur Gewinne geschrieben ...
Kreisel:... und das macht, glaube ich, Kreisel einzigartig. Die meisten Unternehmen bewegen sich in den ersten Jahren in der Verlustzone.
Sie investieren sehr viel in den Aufbau von Mitarbeitern. Ein Indiz für den Erfolg?
Kreisel: Der Erfolg eines Unternehmens wird von guten, motivierten Mitarbeitern getragen. Wir haben im Vorjahr 60 Mitarbeiter aufgenommen. Wir sind mit den Aufträgen und den Bedürfnissen der Industrie gewachsen. Natürlich braucht alles seine Zeit. Dafür bewegen wir uns aber sehr schnell und sind stolz, dass wir bereits jetzt mit unseren Auftraggebern in die ersten Serien gehen.
Ein anderes Gerücht spricht von einem Patentstreit …
Kreisel (lacht): Auch diesen kann ich definitiv ausschließen. Wir haben ganz starke Patente.
Wie viele halten Sie?
Kreisel: Wir haben Gott sei Dank sehr früh damit begonnen, Patente anzumelden und verfolgen eine sehr gute und überlegte Patentstrategie. Unsere Auftraggeber prüfen das sehr genau. Wir würden keine Aufträge bekommen, wenn diese nicht zu 100 Prozent halten würden. Natürlich gibt es immer wieder Versuche, uns anzugreifen. Diese sind aber bis dato kläglich gescheitert. Aber wenn wir nicht in vielen Bereichen einen deutlichen Vorsprung hätten, würde es diese Versuche nicht geben. Wir sehen sie als Beweis, dass wir am richtigen Weg sind.
Wie ist das Geschäftsjahr 2018 verlaufen?
Kreisel: Das Wirtschaftsjahr endet bei uns mit Februar. Ich kann daher zu diesem Zeitpunkt keine seriöse Aussage treffen. 2019 ist wieder ein enormes Wachstumsjahr.
Sie haben ein paar Mal das Thema Lizenzen erwähnt – ist das Ihre Strategie?
Kreisel: Ja. Kreisel hat sich seit Beginn auf Entwicklung spezialisiert. Diese stellen wir in Form eines Lizenzmodells der Industrie zur Verfügung. Damit sind wir absolut im Zeitgeist, da viele Industrien die Wertschöpfung der Produktion inhouse haben wollen und wir dadurch die Strukturen schlank halten können.
In Österreich wollen Sie also aufgrund von Kosten nicht selber produzieren?
Kreisel: Das hat weniger etwas mit den Kosten in Österreich zu tun. Wie schon gesagt, wollen viele Industrien mit unseren Entwicklungen selber produzieren. Wir haben aber eine kleine Fertigung, um unsere Kunden mit Kleinserien zu beliefern. Wir sehen das als Service am Kunden. Dadurch können wir nämlich auch die Prozesse beim Kunden verbessern. Uns ist der Standort Österreich wichtig, da wir hier die besten Fachleute beschäftigen können.
Wollen Sie neben Patrick Knapp-Schwarzenegger und Gernot Friedhuber noch andere Partner in dieser Form ins Boot holen?
Kreisel: Es ist in Zukunft sicher nichts ausgeschlossen. Wichtig ist, dass es dem Unternehmen hilft und dass wir den Erfolg fortsetzen können.
Hat sich für Sie die Beteiligung von Knapp-Schwarzenegger gerechnet?
Kreisel: Absolut. Vor allem seinem Onkel Arnold Schwarzenegger haben wir eine weltweite Aufmerksamkeit zu verdanken. Es hat unsere Marke, aber auch das Thema Elektromobilität enorm gestärkt. Die Technik alleine würde die Menschheit nicht so für das Thema sensibilisieren. Das ist für die gesamte Industrie, aber auch für die nächsten Generationen wichtig.
Das gilt auch für den Heimspeicher, den Sie 2014 entwickelt und 2016 präsentiert haben. Wie sieht es damit aus?
Kreisel: Unsere Kompetenz liegt in der Entwicklung und nicht in der Großproduktion und im Vertrieb. Wir werden Mavero über Technologiepartner in Umlauf bringen. Wann das sein wird, hängt von den jeweiligen Unternehmen ab. Es gibt bereits einen Partner, der demnächst den Heimspeicher in größeren Stückzahlen produzieren und vertreiben wird.
Und wer ist der Partner?
Kreisel: Das kann ich noch nicht verraten – nur so viel: Es ist ein internationaler Partner, der im Energiebereich stark ist.
Die Speicherbarkeit von Erneuerbarer Energie ist ein Riesenthema. Was kann der Heimspeicher dazu beitragen?
Kreisel: Übers Jahr gesehen sind Besitzer von Photovoltaikanlagen in Kombination mit einem Speicher bis zu 60 Prozent autark.
Für Sie ist die Zukunft der Mobilität elektrisch. Was sagen Sie Kritikern?
Kreisel: Es geht darum, Energie effizient zu nutzen und CO2 zu vermeiden. Der große Pluspunkt der E-Mobilität ist der höhere Wirkungsgrad. Beim Verbrennungsmotor liegt er bei 20 bis 30 Prozent, bei E-Antrieben sind es 97 Prozent. Und natürlich die Ökobilanz. Allein, wenn ich mit einem Verbrennungsmotor 300.000 Kilometer fahre, habe ich einen CO2-Ausstoß von 45.000 Tonnen.
Aber die Batterieproduktion ist nicht gerade umweltfreundlich…
Kreisel: Ich will gar nicht leugnen, dass auch bei der Batterieproduktion CO2 entsteht. Bei der Erzeugung einer 100 KWh-Batterie sind es durchschnittlich 9.000 Tonnen. Fahre ich mit dem E-Auto dann 300.000 Kilometer, kommen in Österreich im Schnitt weitere 15.000 Tonnen CO2 dazu, die bei der Stromproduktion anfallen. Das ist doch um einiges weniger. Ein Kreisel Lithium-Ionen-Batterie-Pack kann in Zukunft bis zu 98 Prozent recycelt werden – das ist doch ein weiteres schlagkräftiges Argument für die E-Mobilität?
Welche Chancen geben Sie der Hybridisierung?
Kreisel: Gute. Ich gehe davon aus, dass ab 2023/24 die Mehrheit der Hybridfahrzeuge mit einem Mild-Hybrid ausgestattet sein wird.
Der von Ihnen entwickelt wurde?
Kreisel: Natürlich werden wir nicht die Einzigen sein. Unsere Technologie passt aber dafür perfekt.
Wodurch unterscheiden sich Ihre Batterien von denen anderer Hersteller?
Kreisel: Wir haben ein gutes Thermomanagement. Unserer Akkuzellen werden mit einer nicht leitenden Flüssigkeit umspült, die sie kühlt. Gleichzeitig können dadurch die Zellen dichter aneinander verbaut werden. Bei gleichbleibender Leistung können wir so kompaktere Batterien herstellen und Gewicht und Kosten sparen. Den Sicherheitsaspekt darf man auch nicht vergessen: Die Flüssigkeit ist löschwirksam – im Falle eines Zellendefekts können wir eine individuelle Zelle isolieren und von den restlichen Zellen trennen. Durch Verwendung der Zellchemie NMC 811 anstatt der Chemie 622 verwenden wir Zellen mit weniger Kobalt.
Was bewirkt Kobalt?
Kreisel: Er stabilisiert die Zelle. Dank unserer Technologie ist das aber bei uns nicht in dem Ausmaß erforderlich. Weil wir weniger Kobalt verwenden, sind unsere Batterien auch günstiger. Denn Kobalt ist sehr teuer.
Machen Sie sich keine Sorgen über die Verknappung von Rohstoffen durch den gezielten Kauf von Abbaugebieten durch China?
Kreisel: Eigentlich nicht. Lithium ist weltweit in hohem Volumen in zahlreichen Abbaugebieten verfügbar. Beispielsweise wird gerade in der Nähe von Stockholm die größte Batterieproduktion mit europäischer Rohstoffgewinnung aufgebaut.
Welche Erwartungen haben Sie an Brennstoffzellen?
Kreisel: Ich denke, dass sie sich dort, wo längere Strecken gefahren werden, durchsetzen. Also bei Lkws, aber auch großen Schiffen. Die Brennstoffzelle kann aber auch nur in Kombination mit einer Batterie funktionieren. Das müssen Hochleistungsbatterien sein, die aber nicht groß sein dürfen.
Immer wieder taucht im Zusammenhang mit der E-Mobilität die Frage auf, ob dafür auch genügend Energie vorhanden ist. Wie sehen Sie das?
Kreisel: Würde man in Österreich alle Fahrzeuge elektrisch betreiben, bräuchten wir um 13 Prozent mehr Strom als heute. Das ist deshalb nicht mehr, weil der Wirkungsgrad der E-Autos so gut ist, die Gebäudetechnik wird immer effizienter. Vielleicht könnte man damit die 13 Prozent sogar einsparen. Für mich ist daher die Elektrifizierung der Autos nicht das Problem.
Wo liegt das Problem dann?
Kreisel: In der Industrie. Wenn man die Klimaziele für 2050 erzielen möchte, dann schaffen wir das nur über erhebliche Reduktion von CO2. Damit aber ein Unternehmen, wie z.B. die voestalpine, diese Ziele erreichen kann, wäre es notwendig, sie elektrisch zu betreiben. Dann würde aber die voestalpine alleine 50 Prozent der österreichischen Energie benötigen. Das heißt, die Industrie muss sowohl ihren Energieverbrauch als auch den CO2-Ausstoß drastisch reduzieren und dazu wird es zukünftige Lösungen mit Speichermodellen geben müssen.
Der Erfolg der E-Mobilität ist eng mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur verbunden. Da haben Sie ja mit „Chimero“ auch ein Projekt im Talon…
Kreisel: Absolut, auf ihm liegt ein starker Fokus. Wir produzieren die Ladesäulen selber und es sind bereits mehrere Stationen im deutschsprachigen Raum im Einsatz.
Wo liegen deren Vorteile?
Kreisel: Der wesentliche Vorteil liegt darin, dass keine hohen Investitionskosten für die Netzanschlussleistungen notwendig sind. Mit einem 44 kW-Netzanschluss und der integrierten Pufferbatterie können so Ladeleistungen bis zu 150 kW gewährleistet werden. Man kann den Eigenstrom, etwa aus PV-Anlagen, optimieren. Oder dank des Speichers die Netze stabilisieren. Angesichts dessen amortisiert sich Chimero gegenüber einer Standard-150-kW-Ladestation binnen vier bis fünf Jahren, die jährliche Kostenersparnis liegt bei rund 11.000 Euro. Wir verhandeln bereits österreich- und europaweit über die Aufstellung mit einigen Unternehmen, etwa aus dem Lebensmittelhandel.
Vielen Dank für das Gespräch! Das Gespräch führte Ursula Rischanek.
Zur Person und Unternehmen: Kreisel Electric begann mit hobbymäßigen Umbauten von Einzelfahrzeugen. Die drei Brüder Johann, Markus und Philipp Kreisel, Gründer des Unternehmens, zerlegten 2014 einen Audi A2 und rüsteten ihn auf ihre Batterietechnologie um. Und das mit Erfolg. Im Mai 2016 gaben die Österreicher den Bau einer ersten Fabrik für die eigene Batteriefertigung mit einer Kapazität von 800.000 Kilowattstunden bekannt. Sie umfasst neben einer Prototypenwerkstatt eine komplett automatisierte Fertigungslinie für Batteriespeicher zur Ausstattung von PKW-, LKW-, Bus-, Boot- oder Flugzeug-Kleinserien sowie Speicherlösungen.