Neue Technologien : Könnte die Blockchain Lohnfertiger flexibler machen?

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Der 3D-Druck führt zu massiven Veränderungen im Bereich der Produktion und dem Ersatzteilwesen. Bei einer weltweit verteilten Fabrikation von Bauteilen muss aber stets gewährleistet sein, dass nur autorisierte Personen Zugriff zu bestimmten Daten erhalten und nur die Originaldaten für eine vorgegebene Anzahl an Bauteilen verwendet werden dürfen. Zudem muss der Missbrauch durch Raubkopien ausgeschlossen werden. Das ist nicht nur für besonders sicherheitskritische Aufträge von großer Bedeutung. Für diese Aufgabenstellung wird nun von der Prostep AG in Zusammenarbeit mit Partnern eine Secure Additive Manufacturing Plattform (SAMPL) auf Basis der Blockchain und der Datenaustauschlösung OpenDXM GlobalX entwickelt.

Digitales Lizenzmanagement

Ziel des SAMPL-Projekts ist eine durchgängige Sicherheitslösung für additive Fertigungsverfahren. Wobei der gesamte Prozess von den digitalen 3D-Druckdaten über den Austausch mit einem 3D-Druckdienstleister inklusive der speziell abgesicherten 3D-Drucker bis hin zur Kennzeichnung der gedruckten Bauteile mittels RFID abdeckt werden soll. „Unsere Schlüsselinnovation ist die Integration eines digitalen Lizenzmanagements auf Basis der Blockchain-Technologie in OpenDXM GlobalX“, erklärt Martin Holland, Leiter Business Development bei Prostep. „Die Blockchain ergänzt die heute schon verfügbaren Mechanismen für die Verschlüsselung von 3D-Daten und macht unsere Datenaustauschlösung noch sicherer.“

Beziehungen zwischen Unternehmen werden flexibler

Neben dem Auftraggeber ist es ebenfalls für den Lieferanten attraktiv, mit Sampl zu arbeiten, da in der „Chain of Trust“ seine Leistung auch für den Endabnehmer transparenter wird. Auf diese Weise schafft man innerhalb eines Produktions- bzw. Supply-Chain-Netzwerks eine für alle Teilnehmer vertrauenswürdige Basis. Die Blockchain erzeugt sogar zwischen Partnern Vertrauen, die sich noch nicht einmal aus einer bestehenden Zusammenarbeit kennen. „So könnten viele Prozesse, die manuellen Aufwand erfordern, mit der Blockchain sehr leicht automatisiert und beglaubigt werden“, sagt Moritz Stumpf, Head of Blockchain-Solutions bei der Kloepfel Digital Transformation GmbH. „Außerdem gestalten sich Beziehungen in und zwischen Unternehmen viel flexibler und Inhalte von Vertragsparteien können sich leichter ändern.“

3D-Druck wird sicherer

„Auf diese Weise macht die dezentrale Blockchain-Logik übergeordnete Kontrollinstanzen, die heute als Vertrauensgarant fungieren, entbehrlich“, erklärt Konstantin Graf, Teammanager World Class Center Advance Manufacturing bei der Innovations- und Technologieberatung Altran. Diese Funktion übernehmen dann die Rechner der Blockchain, die über das Internet miteinander verbunden sind. Zumal im 3D-Druck-Geschäft die Prozesse bis auf die Auslieferung bereits komplett digital ablaufen. So kann man stets nachvollziehen, wer das Ersatzteil als erster in die Blockchain geladen hat, die Urheberschaft für sich beanspruchen darf und wie es in der Folge weiterverwendet wurde. Denn die Registratur der Blockchain überschreibt nicht, sondern fügt immer nur neue Informationen hinzu. Darüber hinaus braucht der 3D-Drucker selbst ein Sicherheitselement, das den Reproduktionsvorgang automatisch schützt. Er muss dazu ein abgeschlossenes und manipulationssicheres System bilden, da sonst die Daten gleich direkt aus dem 3D-Drucker entwendet werden können.

Blockchain überprüft Bauteile

Hier kommt noch ein weiterer großer Knackpunkt in Spiel: Selbst wenn das richtige Ersatzteil nun bewiesenermaßen vorliegt, kann es immer noch gegen ein minderwertiges ausgetauscht werden. Deshalb muss dem Druckmodell ein unveränderliches Merkmal in Form einer Lasergravur oder eines RFID-Chips mitgegeben werden, das nur durch seine Zerstörung manipulierbar ist. Mit der auf der Blockchain abgespeicherten RFID-Nummer bzw. dem Code der Gravur kann der Techniker beim Einbau das Bauteil nochmal auf seine Richtigkeit überprüfen. Dazu werden alle erforderlichen Daten meist nur als Lizenzschlüssel bzw. Hashwert auf der Blockchain abgespeichert. Später vergleicht man, ob zwei Dinge tatsächlich identisch sind. Es wird dann geprüft, ob im konkreten Fall die Originalzeichnung der Zeichnung entspricht, die gerade vorliegt. Beim Sampl-Projekt wird die Blockchain mit der Datenaustauschlösung OpenDXM Global X von Prostep kombiniert. Per Smart Contracts ist eine digitale Lizenzvergabe vor dem Druck machbar. Darin wird unter anderem die genaue Anzahl an Kopien eines Bauteils definiert. In diesem Zusammenhang sind jedoch noch einige juristische Fragen ungeklärt. Handelt es sich bei Verträgen auf Basis der Blockchain um Verträge im rechtlichen Sinne? Was passiert im Falle von Gewähr- bzw. Fehlleistungen oder Kaufrücktrittsrechten?

Projektierung einer Blockchain

Möchte ein Unternehmen mit einem Lieferanten ein Projekt per Blockchain und 3D-Druck aufsetzen, so sollten idealerweise mindestens zwei Personalien im Team gut besetzt sein: „Der erste Mitarbeiter muss die Blockchain im Businesskontext und der zweite die technischen Anforderungen und aktuellen Möglichkeiten der verschiedenen Blockchain-Technologien verinnerlicht haben“, sagt Graf. „Mitarbeiter mit diesen Skills gibt es derzeit nicht so viele.“ In der Folge muss ein Usecase beschrieben werden und die beiden Experten sollten sich auch wirklich gut verstehen. „Da prallen Welten aufeinander.“

Kurzfristiger ROI ist selten möglich

Diese Tatsache ist im Moment eine große Herausforderung, da vergleichbare Musterbeispiele aus der Erfahrung fehlen. „Wichtig ist ebenso, dass das Projektteam die Erwartungen der Stakeholder gut managt, denn ein kurzfristiger ROI ist selten möglich“, unterstreicht Graf. Zudem müssen die Prozesse innerhalb als auch zwischen den Unternehmen klar strukturiert und nachvollziehbar sein. Gerade diese Transparenz ist eine große Voraussetzung für das Aufsetzen einer Blockchain. Die Unternehmen könnten dabei schon allein von einer erforderlichen Reorganisation profitieren. „Meiner Meinung nach wird die Blockchain herkömmliche Datenbanksysteme nie völlig ersetzen“, sagt Stumpf. „Denn es kommt immer auf den Usecase an. Wenn es um Transkationen zwischen verschiedenen Interessensgruppen geht, ist eine Blockchain sinnvoll. Für schnelle Datenzugriffe ist sie nicht gemacht.“

Ausblick: Neue Betreibermodelle entstehen

Gegenwärtig ist eine Blockchain nicht so einfach wie eine Oracle-Datenbank zu installieren. Ebenso lässt sich nicht jedes IT-Problem mit einer Blockchain lösen. „Zumal ein hoher Stromverbrauch und eine beschränkte Skalierbarkeit noch große Herausforderungen darstellen“, so Stumpf. „Es braucht noch etwas Zeit und Experimentierfreude, bis sie ihr Potenzial voll entfalten kann.“ Zum Beispiel indem Betriebe vermehrt die Dienstleistung einer Maschine verkaufen und nicht mehr die Maschine selbst. Wenn die Maschine dann ihre Produktionsdaten in die Blockchain schreibt, ist sofort klar, welche Leistung sie für wen erbracht hat. Anschließend generiert ein Mechanismus automatisch die Rechnung. „Daher wird die Produktionswirtschaft eventuell ein ähnliches Schicksal ereilen wie das der Energiewirtschaft“, betont Graf. „Aus den großen Herstellern entstehen viele dezentrale Anbieter bzw. organisierte Produktionsnetzwerke, die gemäß der Industrie 4.0 auf total flexiblen Lohnfertigern und 3D-Druckdienstleistern basieren. Und eines der Kernelemente davon ist die Blockchain.“