Lebensmittelindustrie : Knusperstube: Wie ein Vollblut-Techniker im Bäckereigewerbe mitmischt
Diesmal ist es keine Geschichte über einen digitalen Pionier, über Entwickler neuer Geschäftsmodelle oder einen Cobot-Favorisierer, sondern vielmehr über einen findigen Techniker. Dass Peter Storfer einmal die Familienbäckerei „Knusperstube“ übernehmen würde, zeichnete sich aber zuerst nicht ab. Anders als sein Vater und Großvater entschied er sich nämlich nicht für eine Bäckerlehre – sondern für eine HTL. In die Semmelstube zog es ihn kaum. Erst als er in der vierten Klasse nach einem Ferialjob suchte, lockten ihn die Maschinen im Bäckereibetrieb. Er bot an, den Störungsdienst für die Sommermonate zu übernehmen. “Den Aufwand hatte ich dabei total unterschätzt“, erinnert er sich heute. Doch die abwechslungsreiche Arbeit gefiel ihm, und als schließlich sein Bruder, der als Betriebsnachfolger vorgesehen war, sich für eine anderen Weg entschied, stand Peter Storfer vor der Entscheidung: Übernehmen oder nicht? Er entschied sich für ein „Ja“ und begann das Unternehmen mit den Augen eines Technikers zu durchleuchten. Heute baut und serviciert er mit einem Team alle Maschinen selbst und darf sich Geschäftsführer der größten Bäckerei Kärntens nennen. Ein hartes Geschäft, das viel Feingefühl verlangt. Bei Maschinen wie Produkten.
Vom Techniker zum Bäcker
Mahlen, mischen, kneten. Dann formen, backen, verpacken. Und noch unzählige Arbeitsschritte dazwischen. Kurz gesagt: Die Arbeit einer Bäckerei ist sehr anlagenintensiv. „Wenn die Produktpalette noch dazu groß ist, geht die Anzahl der nötigen Gerätschaften schier ins Unermessliche“, erkärt Storfer. Wie viele Anlagen er tagtäglich im Einsatz hat, kann der Geschäftsführer deshalb nur schwer schätzen. „Es sind schon einige“, sagt er. Übrigens: In Wolfsberg werden die Brote, Semmeln, Weckerln und Reindlinge für die Hofer-Filialen in Kärnten, der Steiermark und Oberösterreich gefertigt. Bei dieser Masse stellt sich nun doch die Frage: Warum keine industriellen Anlagen von der Stange kaufen? Storfer beharrt auf Marke „Eigenfabrikat“ und baut seitdem er das Unternehmen 2012 von seinem Vater übernahm gemeinsam mit einem Elektrotechnik-Team alle Anlagen selbst. Bäckereimaschinen von der Industrie könne man sich als mittelständiges Unternehmen kaum leisten, erklärt er: „Und oft gibt es diese Maschinen gar nicht in der Größe, in der wir sie benötigen.“ Es müssten dann Sonderanfertigungen sein, die noch teurer sind.
Technische Selbstversorgung
Deshalb entschied sich der Jungunternehmer für einen eigenen – für seine Branche doch recht ungewöhnlichen – Weg der Marke Eigenbau. Oft kaufen die Kärntner dafür ältere Geräte. Für Storfer sind sie robuster und weniger störungsanfällig. „Wir bauen sie dann nach unserer Vorstellung um“, erzählt er. So gibt es in den Wolfsberger Hallen Mischmaschinen aus dem Jahr 1968, die laut Storfer „einwandfrei funktionieren“. Sie durch neuere Anlagen zu ersetzen, würde aus betriebswirtschaftlicher Sicht keinen Sinn ergeben. Auch aus der Konkursmasse von anderen Betrieben habe man bereits Anlagen erworben und diese für den eigenen Bedarf einfach umgerüstet. Die Kärntner setzten auf einen guten Mix aus neuen und alten Anlagen. „Wichtig ist immer, dass die Arbeitsabläufe gut funktionieren“, so Storfer. Und das tun sie auch, was nicht zuletzt am hauseigenen Störungsdienst liegt. Dieselben Techniker, die für den Bau der Maschinen verantwortlich sind, sorgen auch für deren Wartung und Fehlerbehebung. „Wir können nicht stundenlang auf externe Techniker warten, sondern müssen schnell reagieren“, so Storfer. Dass sie die Maschinen in- und auswendig kennen, ist natürlich ein Vorteil. Übrigens: Selbstversorgung ist den Kärntner Bäckermeistern sehr wichtig. Deshalb gründeten sie ein eigenes Elektrounternehmen.
Handarbeit versus Automatik
Als größte Bäckerei Kärntens setzen die Wolfsberger natürlich auf automatisierte Prozesse. Gerade bei Gebäck, das in hoher Stückzahl produziert wird. So werden Semmeln und Kornspitz – von der Produktion bis zur Verpackung - längst von Anlagen produziert. Anders bei den 20.000 Zuckerreinkerln, die jeden Tag die Bäckerei verlassen. Sie werden von mehreren Maschinen gefertigt. Und da braucht es immer noch viele Handgriffe. „Viele denken, in einer Bäckerei unserer Größenordnung gibt es keine Handarbeit mehr“, so Storfer. Ein Irrtum. Bis ein Brot die Wolfsberger Hallen verlässt, sind viele Handgriffe nötig. Das beginnt beim Mischen der Mehle, geht über das Abwiegen der Zutaten bis zum Einkochen der Körner. Letzteres wird übrigens gemacht, damit die Brote noch bekömmlicher werden. „Das Wasser geht in die Körner und wird über Nacht stehen gelassen. Für uns bedeutet das keine zusätzliche Arbeit, aber es tut dem Produkt gut“, sagt Storfer. Dass er vollkommen ohne Konservierungsmittel und Zusatzstoffe auskommt, verdankt er übrigens einer betriebswirtschaftlichen Überlegung: „Diese ganzen Backmittel sind sehr teuer.“ Es waren also die Kosten, die heute dafür sorgen, dass die Kärntner den Sauerteig selbst herstellen und auf Zusatzstoffe verzichten.
Die Zukunft der Bäckerei
Sich Trends zu verschließen, liegt den Kärntnern fern. Das war auch beim Thema Back-Box, dem Aufbackdienst der Hofer-Fillialen so. „Ich wüsste zum Beispiel nicht, wo unser Unternehmen stehen würde, wenn wir 2013 diese Kooperation nicht gewagt hätten“, erklärt Storfer. Damals eine produktionstechnische Herausforderung, die sich heute als richtige Entscheidung erwiesen hat und entsprechende Früchte trägt. Nur bei einem Thema verlässt sich Storfer dann doch auf die Fähigkeiten eines anderen. Seit 2013 gibt es einen eigenen Bäckermeister im Unternehmen, der ausschließlich für die Produktentwicklung zuständig ist. „Ein Thema, das uns derzeit sehr beschäftigt, ist das Pasteurisieren“, so Storfer. Dabei handelt es sich um eine Methode mit der Produkte länger haltbar gemacht werden können. „Eine gute Alternative zu eingefrorenen Produkten“, blickt Storfer in die Zukunft. Und eines ist dabei ganz klar: Die Anlagen, die dafür in der Produktion nötig sein werden, wird der Kärntner Unternehmer wieder selber bauen.