Sondermaschinenbau : Khu: Niederösterreicher baut erste Schnellverseilmaschine ohne Rohr

Peter Khu
© Elisabeth Biedermann

Mit 17 Jahren hatte er sein erstes Patent. Peter Khu weiß im Grunde gar nicht mehr wie viele Patente er bereits angemeldet hat. „56 sowas“, scherzt der Sondermaschinenbauer. Sein Grundsatz: „Bevor ich etwas nachbau, bau ich’s lieber gleich besser.“ Beim Betreten des Hagenbrunner Betriebs wird deutlich: Hier vibriert die Luft vor Erfindergeist. Es riecht nach Metall. Die CNC-Maschinen laufen auf Hochtouren und fertigen ein Präzisionswerkstück nach dem anderen. Gleich daneben werden massive Maschinenkonstruktionen geschweißt, ein paar Meter weiter entstehen aus den Einzelteilen komplette Industrieanlagen. Für den Laien sieht das nach kreativem Chaos aus, der Profi erkennt, dass es sich hier um den Nährboden für Revolutionen im Maschinenbau handelt. Der unscheinbare Betrieb von Khu beliefert die ganz Großen: Automobilindustrie, internationale Draht- und Kabelhersteller sowie Extrusionskonzerne zählen zu seinen Kunden. Was er als 17-jähriger mit einer PVC-Folienausreiß-Anlage begann, findet nun seinen Höhepunkt in einer revolutionären Verseilmaschine, die vor allem in der Kabelindustrie für Aufsehen sorgt. In der Halle von Khu Sondermaschinenbau steht die erste rohrlose Rohrverseilmaschine der Welt.

Das Blatt hat sich gewendet.

„Herr Khu, das stellen Sie sich so einfach vor...“ Es war auf der Düsseldorfer Kabelmesse Wire. Der Sondermaschinenbauer kam am Stand eines internationalen Herstellers von Rohrverseilmaschinen vorbei. Mit dieser Maschine werden Drahtlitzen oder Kabelverbünde zusammengedreht bzw verseilt. Kunden sind sowohl die Stahlseilindustrie, Unterseekabel- oder Energiekabel- sowie Spezialkabelhersteller. Die Ausmaße einer konventionellen Maschine: riesig. Bis zu 20 Tonnen wiegt allein das Rohr, das die verschiedenen Kabel sternförmig zum Verseilpunkt geleitet. Gelagert wird das große Rohr durch ein Kugellager von bis zu einem Meter Durchmesser. Nur 300 Umdrehungen schaffen diese trägen Riesen, sonst bricht das Kugellager. Für die Bauer von solchen Rohrverseilmaschinen ein akzeptierter Nachteil. Für Khu eine neue Herausforderung. „Es muss doch möglich sein, sich das große Rohr und Lager zu ersparen?“ fragte der Sondermaschinenbauer den Aussteller. Dieser traute seinen Ohren nicht und schenkte dem Niederösterreicher nur ein müdes Lächeln. Im April hat sich das Blatt aber gewendet. Khu rückte zur Wire mit einer echten Revolution an: Eine Schnellverseilmaschine ohne Rohr und ohne Kugellager. Sämtliche Aufmerksamkeit der Messe war ihm damit sicher. Es war vor allem die Konkurrenz, die ihren Augen nicht traute. „Unser Stand war gesteckt voll“, erinnert sich Khu mit einem Lächeln, noch gut an die vielen Interessenten.

Bis zu 50 Prozent schneller.

Dank einer patentierten Segmentscheibenlagerung verzichtet die neue Verseilmaschine Q-SVM auf schwere Rohre und große umfassende Lager. Statt Schleifringen liefert ein integrierter Dynamo den Strom für den Antrieb der Spulen. Die Maschine benötigt aufgrund des geringeren Gewichts und der modularen Bauweise kein komplexes und teures Fundament mehr. Die Anlage kann jederzeit durch weitere Einheiten individuell erweitert werden. „Sie ist um bis zu 50 Prozent schneller als herkömmliche Rohrverseilmaschinen“, so Khu. Da die Masseträgheit wegfällt, kann diese Maschine schneller Bremsen und Beschleunigen. Bis zu 1.000 Umdrehungen schafft das neue Prachtstück. Ein weiteres Highlight: „Herkömmliche Rohrverseilmaschinen können nicht rückdrehen unsere schon“, erklärt der Erfinder. Damit entstehen für die Kabel- und Seilhersteller enorme Vorteile in der Kabelproduktion und bei der Verseilqualität. Der Andrang war groß. „Erste Pilotprojekte sind in Verhandlung“, verrät Khu. Bereits im März kommenden Jahres soll die Q-SVM Verseilmaschine ihren Dienst bei einem namhaften Kabelhersteller antreten.

Ruhe kehrt in der Produktionshalle des Sondermaschinenbauunternehmens währenddessen nicht ein. Das Geschäft ist relativ konjunkturunabhängig und trotzdem kein Leichtes. Was andere zur Verzweiflung bringt, weckt den Erfindergeist der Hagenbrunner. Bis zu fünfzehn Anlagen und Sondermaschinen konstruiert, fertigt und montiert das Team rund um Geschäftsführer Khu jährlich für Automotivbetriebe, Kabel- und Drahthersteller und viele andere Industriezweige. Sein neuestes Projekt: „Ein spezieller Linearantrieb für Ölbohrtürme.“ Aber mehr verrät Peter Khu dann doch nicht. Elisabeth Biedermann

www.khu.at

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