Maintenance : Instandhaltung: Eine Frage der Kultur
FACTORY: Herr Aichinger, Sie werden im Rahmen der Instandhaltungskonferenz im September an einer Diskussion zur Frage teilnehmen, ob man Instandhaltung besser zentral oder dezentral organisiert. Sie haben eine klare Meinung dazu?
Stefan Aichinger: Ich denke, Instandhaltung sollte zentral organisiert und nirgendwo eingegliedert sein. Aber das ist ein emotionales Thema.
Wieso emotional?
Aichinger: Weil sich hier wirklich die Geister scheiden. Es gibt ja auch den Ansatz, die Instandhaltung in die Produktion einzugliedern. Damit fehlt aber in meinen Augen der Blick von außen. In einer solchen Organisation ist es möglicherweise schwieriger zu sagen: ‚Diese Maschine hört sich seltsam an, vielleicht sollte man da mal nachsehen.‘ Natürlich hängt es immer von den handelnden Personen ab, aber wenn die Instandhaltung in die Produktion eingegliedert ist, dann ist wohl die Priorität, dass die Maschine laufen muss, dass sie Menge macht. Das ist aber ein Schuss, der auch nach hinten losgehen kann.
In welcher Form?
Aichinger: Im schlimmsten Fall in Form eines ungeplanten Maschinenstillstands, weil zum Beispiel Wartungsintervalle nach hinten verschoben wurden. Es ist zum Teil auch eine psychologische Frage. Ist die Instandhaltung Teil der Produktion, und die Instandhalter bemerken etwa, dass eine Reparatur doch länger dauert als angekündigt, kann es schon zu einem gewissen Druck seitens der Arbeitsvorbereitung kommen. Ist die Instandhaltung ausgegliedert, hat sie es wohl manchmal leichter, mit ihrer Sicht der Dinge auf Verständnis zu stoßen. Und das ist natürlich umso einfacher, je mehr man selbst von der Produktion versteht.
Ich nehme aber an, beide Modelle haben ihre Vor- und Nachteile?
Aichinger: Es hängt wie gesagt sehr stark von den Beteiligten ab, welches Modell besser funktioniert. Zentrale Organisation läuft wohl nur dann wirklich gut, wenn man von beiden Seiten – also von Instandhaltung und von Produktion – etwas versteht. Die Schnittstellen müssen zusammenpassen.
Wir haben bei Teufelberger schon vor ein paar Jahren ein Shopfloor Management eingeführt: Jeden Tag in der Früh treffen die Teamleiter aus Instandhaltung, Produktion, Arbeitsvorbereitung, Lager, Versand, Logistik zusammen, um die Kernthemen zu besprechen. Welche Anlage hat Priorität? Wo gibt es eventuell Probleme? Wen braucht man für die Lösung? In dieser Runde weiß jeder, wovon er spricht und wovon die anderen sprechen, das sind zehn oder 15 wirklich konstruktive Minuten.
Auf welcher Ebene des Organigramms soll Ihrer Meinung nach die zentrale Organisation enden?
Aichinger: Ich würde sagen, auf der Ebene der Produktionsleiter. Dort sollte meiner Meinung nach die Abstimmung erfolgen, inklusive Arbeitsvorbereitung und anderer Experten.
Ist die zentrale Organisation wirklich zentral, oder muss es auch Kompromisse geben?
Aichinger: Im besten Fall würde ich es wirklich durchziehen. Unternehmensgröße und vor allem auch Unternehmenskultur spielen klarerweise eine Rolle, aber grundsätzlich würde ich Instandhaltung wirklich zentral organisieren.
Mit Unternehmenskultur sprechen Sie die Gefahr der Bildung von Fraktionen an?
Aichinger: Genau. Wir sind beim klassischen KVP-Thema: bei Fehlern nicht einen Schuldigen suchen, sondern die Köpfe zusammenstecken und die Kompetenz der anderen Gewerke akzeptieren. Anders geht das nicht. Das beinhaltet natürlich auch, Menschen im Unternehmen auf die Reise mitzunehmen, die das vielleicht anders sehen. Eine dezentrale Instandhaltung ist ja nicht per se falsch, es ist einfach ein anderer Ansatz.
Wenn man hier über eine andere Meinung einfach drüberfährt und die eigene Meinung nicht argumentieren kann, wird man weder dem Unternehmensklima noch der Sache dienen.
Erleben Sie Stefan Aichinger auch bei der 8. Instandhaltungskonferenz am 14. September 2021 in der voestalpine Stahlwelt in Linz!
Alle Informationen unter instandhaltungskonferenz.com