Paradoxon : Inocon verbindet Stahl mit Aluminium dauerhaft

Pesendorfer
© Inocon

Es ist wissenschaftlich noch gar nicht erklärbar. Das was Fritz Pesendorfer und seinem Team gelungen ist, lässt so manchen Forscher verzweifeln. „Viele unserer Experimente dürften nach dem derzeitigen Wissenstand gar nicht funktionieren“, so Pesendorfer. Dem promovierten Pulvermetallurg ist es gelungen eine völlig neue Anwendung der Plasmatechnologie zu finden. Seit Jahren setzt die INOCON Technologie GmbH die Plasmatron-Technologie für Schweiß- und Lötverfahren erfolgreich bei Autokonzernen wie Audi oder Renault ein. Jetzt hat Inocon völlig neue Anwendungsoptionen dafür gefunden. „Wird dem Plasmastrahl feinstes Metallpulver beigemengt, lassen sich bisher nicht existierende Beschichtungsvarianten realisieren“, erklärt Pesendorfer.

Begonnen hat alles mit einem Anruf aus Deutschland. „Vor zwei Jahren kam eine deutsche Firma auf uns zu und erzählte uns von der Idee einem Plasmastrahl feinstes Metallpulver beizumengen“, erzählt Pesendorfer. Das Ziel damals war es eine alternative Beschichtung für die Rückseite von Solarzellen zu entwickeln. „Wird dort eine Zinn- statt einer Silberschicht aufgetragen, erhöht sich der Wirkungsgrad der gesamten Zelle um 0,75 Prozent, geringere Materialkosten inklusive“, erklärt er weiter. Schnell war klar, dass in diesem Verfahren wesentlich mehr Potential steckt. Um diese Entdeckung wirtschaftlich nutzbar zu machen, brauchte Inocon-Geschäftsführer Pesendorfer starke Partner. Den Wichtigsten hat er im Technologie- und Innovationsmanagement (TIM) gefunden. Die vom Land und der Wirtschaftskammer Öberösterreichs finanzierte Initiative knüpfte die richtigen Kontakte zu Forschungseinrichtungen und Förderstellen. „Im Detail war es wesentlich mehr Verfahrensoptimierung als ich zu Anfang vermutet habe. Und da braucht es die richtigen Partner“, resümiert Pesendorfer.

Am deutlichsten zeigt sich die Überlegenheit der Plasmatechnologie wohl bei der Beschichtung von Siliziumreaktoren. Bisher wird die Silberschicht im Plattierungsverfahren buchstäblich aufgesprengt. Die Inocon-Methode kommt nicht nur ohne umfassende Sicherheitsvorkehrungen sondern vor allem mit einem Bruchteil des Materials aus. „Bei der Plasmabeschichtung sparen wir etwa 95 Prozent des Silbers“, verspricht der Metallurg.

Das Hummel-Paradoxon.

Mittlerweile ist es sogar gelungen , Metallbahnen auf Textilien oder sogar Papier aufzubringen. Es ist wie das Hummel-Paradoxon, das besagt, dass die schlecht proportionierte Hummel nur fliegen kann, weil sie die Gesetze der Aerodynamik ignoriert. „Viele unserer Experimente dürften nach dem derzeitigen Wissensstand gar nicht funktionieren“, zieht Pesendorfer eine Parallele. „Es ist derzeit unerklärlich, warum es gelingt, eine über tausend Grad heiße Metallbeschichtung auf Papier aufzubringen, ohne dass dieses verbrennt.“ Kaum weniger erstaunlich ist die Beschichtung von Kunststoffen – die üblicherweise ab 100° Celsius zu schmelzen beginnen – mit weit über tausend Grad heißem Keramikpulver. „Manchmal will ich lieber nicht genau wissen warum es geht, anstatt ganz genau zu wissen warum es nicht geht“, scherzt Pesendorfer. Im Moment beschäftigt sich das Uni Institut AC2T in Wiener Neustadt mit dem Paradoxon der Inocon.

Lesen Sie weiter auf Seite 2: Heiß, präzise und materialschonend.

Kein Zweifel besteht jedenfalls an der technologischen Überlegenheit der Plasma-beschichtung gegenüber anderen Methoden. Der Kern des Prozesses ist die gezielte Pulvereinspeisung in den bis mehrere 10.000 Grad heißen Plasmastrahl. Dass dieser sich durch die Beimengung von Metallpulver nicht abkühlt, ist ein selbst für die Wissenschaftler überraschendes Phänomen. Zwei Schlüsselkriterien sind für die Beschichtungsqualität verantwortlich: Zum einen die geringe Wärmeinbringung durch den fokussierten Plasmastrahl, der beim Plasmatron-Brenner von Inocon außerhalb der Düse erzeugt wird. Zum anderen das von einem Partnerunternehmen zur Verfügung gestellte Spezialpulver. Damit sind im Atmosphärendruck – also ohne Schutzgas oder Vakuum – extrem dichte und kompakte Beschichtungen ohne Lösungsmittel und in unerreichter Geschwindigkeit möglich. Die Plasmabeschichtungen sind selbst mit einer Stärke von weniger als 20 µ (weniger als zwei Hundertstel Millimeter) noch immer gut haft- und leitbar.

Auch für die umwelttechnisch in Verruf geratende Galvanisierung, hat Inocon eine Substitution gefunden. „Unser Plasmabeschichtungsprozess funktioniert absolut trocken und abgasfrei“, erklärt Pesendorfer. Der weltgrößte Handyanbieter TE-Connectivity hat bereits sein Intersse gezeigt. Er evaluiert derzeit die Inocon-Muster, um den Galvanisierprozess dadurch zu ersetzen.

Eine Revolution in der Fügetechnik?

Neue Möglichkeiten erwartet werden auch in der Fügetechnik. „Wir können einer Oberfläche neue Strukturen geben und damit Materialien dauerhaft verbinden, die bis dato als kaum vereinbar galten“, garantiert Pesendorfer. Die Plasmabeschichtung erlaubt nunmehr eine ebenso stabile wie dauerhafte Verbindung von Aluminium und Stahl. Dabei werden beide Teile mit Zink beschichtet und können dann gelötet werden. „Dieses Beispiel zeigt, welche Perspektiven sich alleine in der Fügetechnik eröffnen,“ so Pesendorfer. Die voestalpine hat ihre Augen bereits auf die Inocon-Methode gerichtet.

Seinen Spieltrieb verloren, hat Fritz Pesendorfer noch lange nicht. „Ich bin mir sicher, dass in zwei bis fünf Jahren einige Anwendungen aus unserem Haus größer sein werden, als die Inocon selbst“, ist der Pulvermetallurg überzeugt. Die Tür für die Plasmatron-Technologie ist geöffnet und Pesendorfer und sein Team stehen bereits an der Schwelle: Zeit hindurchzutreten.