Microsoft : Herr Imhoff, ist die Cloud unendlich?
Herr Imhoff, provokativ kann ich sagen „Das Internet der Dinge“ (IoT) ist nichts Neues. Schon seit Jahrzehnten sammeln Maschinen- und Anlagenbauer Daten. Warum erhält das Thema seit ein paar Jahren diese enorme Schubkraft?
Durch die Öffnung des IP-Adressraum vor einigen Jahren ergaben sich für die Hersteller neue Möglichkeiten, auch „kleinteilige“ Geräte mit Sensorik zu bestücken. Als das Internet geboren wurde, wäre niemand auf die Idee gekommen, dass es Auswirkungen auf fast alle Bereiche in unserem Leben haben wird. ausgelegt war es schließlich nur auf die Verknüpfung einzelner Großrechenanlagen Mit dieser Erweiterung des Adressraums kam der große Schub für IoT.
Hinter IoT-Anwendungen steckt immer eine Cloud, wo die Daten gesammelt werden. Sagen Sie, ist die Cloud unendlich?
Das ist eine interessante Frage. Und nein, die Cloud ist nicht unendlich. Allein die logistische und physische Infrastruktur muss bewältigt und verwaltet werden. Die Rechenzentren bei Microsoft wachsen fast jede Woche um ein Fußballfeld! Das sind längst keine Rechenzentren mehr wie Sie und ich sie kennen. Vorkonfigurierte Rechner werden in Containern in eine Halle geschoben und angeschlossen. Da immer mehr unserer Kunden zu Cloudansätzen tendieren, ist der Bedarf gerade riesig. Schon der betriebswirtschaftliche Ansatz, sich keine oder weniger Rechenzentrumskapazität „auf Vorrat“ zu beschaffen, ist ein wesentliches Argument.
Eine Frage, die ich hier stellen muss: Wie sicher ist das MS-Rechenzentrum tatsächlich?
Eine gern gestellte Frage: Die Rechenzentren der Firma Microsoft erfüllen mit Sicherheit die höchsten Standards weltweit bzgl Datensicherheit. Ein entscheidender Aspekt hier ist nicht die Sicherheit der Daten IN den Rechenzentren: Ein wesentliches Augenmerk sollte auf den Datenverkehr zu- und von den Rechenzentren gelegt werden: Hier sehen wir erheblichen Bedarf, übertragen Kunden Daten häufig über un- oder schlecht gesicherte Leitungen. Unsere Mitbewerber wie wir verdienen ihr Geld mit unseren Kunden: Datensicherheit steht da an erster Stelle. Eine Diskussion, wie sie derzeit zu in- und ausländischen Nachrichtendiensten geführt wird, schadet der gesamten Industrie.
Verraten Sie mir, wie Sie mit dem Schweiß von VW-Arbeitern Geld machten?
(lacht) Wussten Sie, dass Sie mit einem Feuer- und Rauchmelder Daten wie Raumtemperatur, Luftfeuchte oder Co2-Werte messen können? Genau das haben wir uns bei einem Automobilhersteller zu Nutze gemacht und haben über diese Melder gemessen, wie sich die Umgebung auf die Mitarbeiter auswirkt und dann die Luftfeuchte gemessen und damit die Klimaanlage gesteuert.
Sind also große Automobilkonzerne die wahren Treiber von IoT?
In der Automobilindustrie sehe ich ein großes Zugpferd für IoT. Mobilität wird für die Menschheit immer ein wichtiges Thema bleiben. Um diesen Komfort weiter nutzen zu können, werden wir Sensorik in Fahrzeugen und in der Umgebung, in welcher sich diese Fahrzeuge bewegen, nutzen müssen.
Sie meinen in Städten die Idee vom autonomen Fahren?
Ja genau. Ich bin überzeugt, dass in weniger als 20 Jahren Sie und ich mit einer App ein autonomes Taxi bestellen werden. Interessant dabei ist das Verrechnungsmodell und das Menge an neuen Partnerschaften, welche sich daraus ergeben. Angenommen: Wenn ich jetzt mit einem Taxi zum Flughafen fahre, kostet es mich 20 Euro. Wenn ich in 30 Minuten fahre, nur 15 Euro. Bestätige ich die Bestellung, setzt sich ein Elektroauto in Bewegung und holt mich zur vereinbarten Zeit und Ort ab.
Und wie lege ich solche Modelle auf den Maschinenbau um?
Als Maschinenbauer würde ich mir überlegen, was der Kunde mit meiner Maschine genau macht. Ich würde mich fragen, ob ich in Zukunft einen Schwerpunkt in den verkauf der Maschine oder lieber den auf den Service legen will. Genau wie beim Taxi. Ein chinesischer Kunde braucht gerade dieses Teil XY und in seiner Nähe ist gerade meine Drehmaschine frei. Dort fertige ich es.
Trumpf Maschinenbau kaufte kürzlich ein indisches Softwareunternehmen, könnte das ein Indiz dafür sein?
Das möchte ich nicht kommentieren. Aber ja, diese Modelle sind bereits in Entwicklung. Maschinenbauer erkennen, dass die Hardware immer preiswerter wird und die Gewinnmargen in der Software und im Servicestecken.
Wer ist weltweit Vorreiter bei mobilen IoT-Anwendungen?
Afrika. Genauer gesagt Zentralafrika. Was mobile Lösungen anbelangt sind uns Teile der Bevölkerung weit voraus. (Imhoff deutet auf mein Handy, ein iPhone 5s) Mit dem Ding sind Sie da unten nicht angesagt.
Sie wollen mir doch nicht weiß machen, dass jeder dort unten ein iPhone 6 besitzt?
Unterschätzen Sie Afrika nicht, was mobiles Internet anbelangt. Dort gibt es keine Verkabelung, sondern Solarpanels. Funkabdeckung haben Sie überall, hingegen Router, Modems kennen die nicht. Das haben sie komplett übersprungen. Projekte im afrikanischen Raum haben einen deutlichen mobilen Fokus. Afrika ist die Goldgrube für Appentwickler. Ich gebe Ihnen ein Beispiel bei der Wasserversorgung. Ein Projekt, dass wir mit einem Pumpenbetreiber gemacht haben. In Dürregebieten werden Brunnen mit Pumpen betrieben. Jede Pumpe hat eine Nummer. Die Afrikaner gehen mit ihren Smartphones zum Brunnen, tippen die Nummer in eine App des Pumpenbetreibers ein. Die dahinterstehende Cloudplattform schaut nach wo die Pumpe ist und gibt das Wasser frei. Ein 12 kosten rund 20 Cent, das wird dann einfach über den Mobilfunkbetreiber abgebucht.