Hebegeräte : Hebefront: So besiegen Sie den Polygoneffekt

TML 500
© Alfred Raith

Sie sind bewährt, robust und kommen überall dort im industriellen Bereich zum Einsatz, wo es im Rahmen von Produktionsprozessen um zuverlässige Hebeleistungen geht. Die Rede ist von Kettenzügen als Serienhebezeuge, mit denen sich schnell und einfach Lasten bis zu 20.000 kg heben und senken lassen. Am Institut für Technische Logistik an der Technischen Universität Graz (ITL) sind clevere Ingenieure am Werk, Rundstahlkettenzüge in ihrer technischen Leistungsfähigkeit zu steigern. Das Ziel der technischen Begierde bei der Forschung und Entwicklung ist auf ein ganz besonders wichtiges Element gerichtet: Nämlich auf das „Kettenrad als Teil des Antriebsstranges, der von der Motor-Bremse-Baugruppe über mehrere Getriebestufen zum Kettenrad reicht“, erklärt Christian Landschützer von der Technischen Universität Graz gegenüber Factory. Er ist Assistenz-Professor am ITL und tüftelt seit längerem unter den Augen von Professor Dirk Jodin, Leiter des ITL, gemeinsam mit Jürgen Weingärtner von Konecranses in Deutschland und Andreas Wolfschluckner (ITL) an der Optimierung der Technik bei Rundstahlkettenzügen.

Raffinierte Simulationsmodelle entwickelt

Durch das formschlüssige Eingreifen der eckigen Kettennuss in die Rundstahlkette kommt es zu dynamischen Vorgängen an der hängenden Last und mehrdimensionalen Kraftsituationen im Kettenrad. „Die Analyse dieser Vorgänge war in der Vergangenheit meistens experimentell, sprich mit sehr viel Kosten und Zeitaufwand verbunden“, so Landschützer. „Am ITL entwicklen wir dafür analytische und simulatorische Modelle und Berechnungswerkzeuge.“ Ein institutseigenes Testfeld dient der Überprüfung dieser Modellannahmen. Was die Experten am ITL nach komplizierten Rechenmodellen und praktischen Versuchen herausgefunden haben, lässt aufhorchen. Landschützer fasst die Erkenntnisse kurz und prägnant zusammen: „Durch die rechnerische, simulationsgestützte Beherrschung des Auftretens von Schwingungen können Kettenzüge in der Projektierung und im Betrieb so eingesetzt werden, dass ebendiese Schwingungen der Last und der Aufhängungen weitestgehend vermieden wird.“ Der sogenannte Polygoneffekt, der durch das polygonale Kettenrad hervorgerufen wird und speziell bei Rundstahlkettentrieben auftritt, wird dank dieser Modelle beherrschbar.

Hebezeuge noch besser machen.

Durch das Verständnis des Zusammenwirkens von Kette und Kettenrad mittels mechanischer Modelle kann dieses verbessert werden und die Kettenzüge laufen verschleißärmer, ruhiger und sind höher belastbar. Begleitende Untersuchungen, die zur Bildung von Simulationsmodellen nötig sind, wie beispielsweise die Berechnung der Federsteifigkeit von Rundstahlketten und ähnliches runden die langjährigen Forschungsarbeiten am ITL ab. „Derzeit wird gemeinsam mit unseren Partnern Konecranes mit dem Unternehmen Stahl CraneSystems im deutschen Künzelsau die Analyse und Optimierung neuartiger Kettennüsse erforscht“, so Landschützer. Zur Leistungssteigerung greifen moderne Kettennüsse nicht nur mehr in das sogenannte liegende Kettenglied sondern auch in das um 90 Grad verdrehte und unmittelbar folgende stehende Kettenglied ein. Bisherige Berechnungsansätze sind nicht in der Lage, dies abzubilden. „So haben wir aussagekräftige CAE-Modelle mit FEM-Analysen erstellt, die die praktischen Erkenntnisse des Entwicklungspartners bestätigen. Dabei handelt es sich um mathematische Computermodelle im Rahmen des Computer-Aided-Engineering mit der Methode der Finiten EleMente. Mit leistungsfähigen Computern kann damit heutzutage das Verhalten mechanischer Komponenten in verschiedensten Situationen analysiert werden“, erklärt Landschützer gegenüber Factory.

Das Ziel des ITL bei der aktuellen Optimierung des Kettenrades ist es, wie in allen maschinenbaulich- ähnlichen Themen der technischen Logistik auch: Die Berechnungs- und Simulationsansätze sollen für einen breiten Interessentenkreis zugänglich werden und letztlich auf die Produktion und den Betrieb von Hebezeugen der künftigen Generationen einfließen. Dazu werden aus den Berechnungserkenntnissen einfach zu beherrschende Auslegungsschemen entwickelt, die mittels Software oder gar nur Taschenrechner den Berechnungsingenieuren wertvolle Einblicke liefern können. „Dies reicht bis zu kritischen Betrachtungen und Verbesserungsvorschlägen einschlägiger Regelwerke und Normen“, so der Experte.

LogiMat wirft ihre Schatten voraus.

Die deutsche SWF Krantechnik aus Mannheim will in Stuttgart mit ihrer Innovation CHAINsterGT die Messebesucher beeindrucken. Das ist ein Elektrokettenzug mit integriertem Hubumrichter. Der vorprogrammierte, im robusten Aluminiumgehäuse untergebrachte Freqenzumrichter bietet ein verschiedene Funktionen und sorgt für eine noch größere Betriebssicherheit, verlautet seitens SWF. Zu den Vorzügen des Kettenzugs gehört ein breiter Geschwindigkeitsbereich, wobei kleine Lasten mit doppelter Hubgeschwindigkeit verfahren werden können. Im Gegenzug dazu sind bei langsam und präzise zu bewegende Lasten geringere Geschwindigkeiten möglich. CHAINsterGT hat eine Rutschkupplung, die elektronisch überwacht wird. Mittels Lastekollektivspeicher wird die verbleibende Betriebszeit permanent berechnet. Der Überlastschutz wird sowohl mechanisch als auch elektronisch sichergestellt. Das Gerät gibt es serienmäßig mit oberem Haken für Traglasten von bis zu 2.500 kg, wobei je nach Kundenwunsch auch Schiebe- und frequenzumrichtergesteuerte Motorfahrwerke verfügbar sind.

Völlig neue Magnete am Werk.

Das deutsche Unternehmen Alfred Raith in Hockenheim wirbt für seine neuen Lasthebemagnete-Modelle TML 250 und 500 (TML steht für „Thin Material Lifting“). Laut Angaben des Herstellers lässt sich damit bereits Material ab 2 mm Stärke heben. In der Branche sei dieses Leistungsmerkmal bisher einzigartig und eröffne neue Einsatzmöglichkeiten, beispielsweise im Fassaden- und Behälterbau. Magnete der gleichen Leistungsklassen beginnen erst ab acht mm ihre Kraft zu entfalten. Ganz anders die Geräte von Alfred Raith: Während der TML 250 über eine maximale Hebekraft von 250 kg verfügt, ist das Modell TML 500 für die Aufnahme von Lasten bis zu 500 kg konzipiert. Das Modell TML 250 entfaltet seine volle Hebekraft von 250 kg ab einer Materialstärke von neun mm und wartet bereits bei drei mm starkem Material mit einer Hebekraft von rund 100 kg auf. Der TML 500 stellt seine volle Leistung ab einer Stärke von zehn mm zur Verfügung. Bereits ab fünf mm starken Materialien liefert er beeindruckende 250 kg Hebekraft. In puncto Sicherheit erfüllen beide Modelle die gesetzlichen Vorgaben: Die Kraft, die zum Abreißen des Magneten nötig ist, beträgt das Dreifache der Hebekraft des jeweiligen Modells.

Vollkommen neue Wege geht Raith bei der Entwicklung der Permanentmagnete: „Wir haben einen Magnettyp entwickelt, der sein Magnetfeld ideal aufbaut. Damit vermeiden wir Streuverluste und fokussieren das Kraftfeld in die gewünschte Richtung“, erklärt Ulrich Adam, Geschäftsführer von Alfred Raith. Bei fast allen Anwendungen zahle sich das aus, weil dadurch bei geringem Masseeinsatz beträchtliche, magnetische Kräfte aktiviert werden. Permanentmagnete galten bisher häufig als groß, schwer oder sperrig. „Unsere Anwender bewerten unsere neuen Magneten als handlich, sportlich und sogar schick“, ist Adam überzeugt.

Neues Federgewicht für besondere Bedürfnisse.

Der deutsche Hebezeuge-Spezialist Heidkamp in Heiligenhaus hat einen neuen Kran aus Aluminium entwickelt, der besonders leicht ist und das Umsetzen von Lasten bis 150 kg erlaubt. Verwendet wird dieser Spezialkran in einem Chemiewerk, wo damit zu Wartungszwecken diverse Pumpen und Aggregate aus Produktionsanlagen herausgehoben werden. Aufgrund schlechter Zugänglichkeit der verschiedenen Anlagenbereiche und Störkonturen mit Höhen von zwei Metern wäre der Einsatz herkömmlicher Hebezeuge schlichtweg nicht möglich. Daher die Individualkonstruktion, bestehend aus einem handbetriebenen und fahrbaren Schenkkran mit einer Bauhöhe von 1,95 m. Um eine möglichst leichte Ausführung zu bewerkstelligen, wurden Rahmen, Säule und Ausleger in Aluminium gefertigt. Bei einem Schwenkbereich von 360 Grad und einer in zwei Richtungen möglichen Ausladung von einem Meter wurde an der Spitze des Schwenkarmes ein handgetriebener Flaschenzug montiert.