Supply Management : Haben Sie einen Plan B für Ihre internationalen Lieferketten?
Ob Autos, Maschinen, Lebensmittel oder Implantate – Produkte müssen genau zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert werden, weltweit und in unterschiedlichen Branchen. Supply Chain Management regelt den gesamten Prozess vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt, bis zur Auslieferung beim Empfänger. Da moderne Lieferketten meist komplexe Netzwerke sind, die sich über Kontinente und verschiedene Marktsegment erstrecken, sind sie mitunter sehr verwundbar und anfällig für Störungen. Die Ursachen für die Störungen sind vielfältig, sie reichen von der Naturkatastrophe bis zu politisch einschneidenden Veränderungen wie beispielsweise rund um das Thema Brexit. Ob er hart kommt, oder doch wie geplant auf das Basis der ausgehandelten Vereinbarung UK und EU, Unternehmen sollten sich unbedingt einen Plan B erarbeiten, rät Michael Wallraven, Geschäftsführer von LLamasoft, ein US-Unternehmen, das auf das Supply Chain Design spezialisiert ist und von München aus in der DACH-Region für Unternehmen Pläne für den „Was-Wäre-Wenn“-Fall entwickelt.
Supply Chain Design bricht Silos auf
„Unternehmen müssen Störungen rechtzeitig erkennen und schnell handeln können. Dazu benötigen sie eine daten- und faktenbasierte Entscheidungsgrundlage, idealerweise in Form eines digitalen Zwillings, mit dem sie, wie in einer Testumgebung, verschiedene Szenarien durchspielen können“, betont Wallraven im Gespräch mit Factory. So bleiben sie handlungsfähig und können ihre Lieferketten schnell anpassen. Supply Chain Design ermöglicht Unternehmen, schnell und fundiert die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Standardisierte Antworten für die Entwicklung eines Plan B gibt es freilich nicht. So ein Plan ist von Unternehmen zu Unternehmen, von Anwendungsfall zu Anwendungsfall unterschiedlich. „Wir stellen die Tools für eine fundierte Entscheidungsgrundlage bereit. Grundsätzlich raten wir, so viele Daten wie möglich einzusetzen und abteilungsübergreifend zu arbeiten“. Supply Chain Design bricht Silos auf. Es lässt sich für strategische Fragen einsetzen, beispielsweise, beim Bestimmen des Standorts von Distributionszentren, aber eben auch für Fragestellungen, die adhoc eine Entscheidung benötigen, wenn beispielsweise eine Produktionslinie oder ein Distributionsweg ausfällt. Am Anfang steht für Wallraven immer die Frage: „Was will ich optimieren? Welche Fragebestellung will ich beantworten“?
Ein digitaler Zwilling vom Plan A ist nicht gleich ein Plan B
Geht es um die Reduzierung von Kohlendioxid, um das Verringern von Risiken oder das Optimieren von Betriebskosten? Was sind die Was-Wäre-Wenn-Fragen im Unternehmen? Und stehen alle Daten zur Verfügung die zur Beantwortung der Fragen benötigt werden? Ein digitaler Zwilling vom Plan A ist nicht gleich ein Plan B. Der Zwilling hilft den Plan B, basierend auf Fakten, zu erstellen. Wallraven: „Der Vorteil liegt in den Predictive-Szenarien, die ich mit einem digitalen Zwilling modellieren kann.“ Daraus leitet sich der Plan B ab. Solche Szenarien können äußerst komplex sein. Mit der Technologie von LLamasoft ermögliche man Unternehmen einen Blick aus der Vogelperspektive auf ihr gesamtes Supply-Chain-Netzwerk. Die Tools helfen äußerst komplexe Sachverhalte einfach und übersichtlich darzustellen sowie Entscheidungen durch Modellierungsmechanismen durchspielen zu können. Idealerweise lässt sich aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse der Plan B schnell fassen, schnell aus der Schublade ziehen. „LLamasoft-Technologie bietet die Entscheidungsgrundlage für einen guten Plan B, der im Zweifelsfall ermöglicht dass ein Unternehmen handlungsfähig bleibt“, ist der Manager überzeugt.
Ganzheitliche Sicht auf die Supply-Chain
Die Themen Handlungsfähigkeit und Risikomanagement stehen bei allen Unternehmen auf der Agenda. Einige setzen vor allem auf langfristige strategische Planung, andere sind sich der Notwendigkeit schneller taktischer Entscheidungen bewusst. Nicht alle Unternehmen verfügen über das interne Know-how, wie sie ihre Supply Chains optimieren und absichern können. Plan-B-Lösungen sind sowohl für die Beschaffungs- als auch Distributionslogistik empfehlenswert. Überall können Unwägbarkeiten auftreten, wie der Ausfall eines Lieferanten, oder das Wegbrechen eines Distributionswegs. Auch sich ändernde Ein- und Ausfuhrbestimmungen oder Steuern und Währungsschwankungen beeinflussen die Lieferketten sowohl in Beschaffung als auch Distribution. Wallraven: „Das Schöne an einem digitalen Zwilling ist ja die ganzheitliche Sicht auf das Supply-Chain-Netzwerk. Er gibt Aufschluss, an welcher Stelle die Supply Chain angepasst werden muss.“
Suchen Sie nach Sollbruchstellen
Was sollten Industrieunternehmen besser heute als morgen tun, um ihre Logistik resilient zu machen? Wallraven: „Sie sollten sich auf die Suche nach Sollbruchstellen in ihrem Netzwerk machen und die größten Risiken für ihre Lieferketten identifizieren.“ Dazu müsse man die Fakten checken und die entscheidenden Was-Wäre-Wenn-Fragen stellen. Da diese Fragestellungen aber hoch komplex sind, werden unterm Strich ohne technologische Unterstützung kaum faktenbasierte Entscheidungsgrundlagen herauskommen. Aus der Erfahrung heraus empfiehlt es sich generell mit einer Fragestellung anzufangen und diese dann auszuweiten. Themen wie Transport- oder Netzwerkoptimierung, Bedarfs- oder Kapazitätsplanung, oder Beschaffungsentscheidungen können dabei Startpunkte darstellen bis hin zur am Ende Orchestrierung der gesamten Supply Chain.