Akkutechnologie : Ende dem Traum vom Super-Akku?
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Die Zukunft der Mobilität gehört den Elektroautos! Das liest man immer wieder. Doch kaum einer will sich ein E-Auto kaufen. Denn diese Fahrzeuge sind nach wie vor vergleichsweise sehr teuer und verfügen mit 150 bis 200 Kilometern über noch viel zu geringe Reichweiten. „Neben dem hohen Anschaffungspreis, spielen auch sicherheitstechnische Gründe eine Rolle“, sagt Thomas Schuller, Leitung Produktmanagement Perfect Charging von Fronius International. „Da neue Technologien erst ihre Praxistauglichkeit beweisen müssen. Zum Beispiel das Verhalten bei Crashs und bei unterschiedlichen Temperaturen (-30 bis +50°C) in Bezug auf die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer.“ Immer wieder liest man aber auch von Durchbrüchen bei der Ladetechnik, der Energiedichte oder einem anderen technischen Merkmal, das den Akku verbessert haben soll.
Darum stoßen Hersteller an ihre Grenzen
Wichtig zu wissen: Bei diesen Durchbrüchen handelt es sich meist nur um einen einzelnen optimierten Parameter eines Systems. Dagegen erfordert eine leistungsstärkere Batterie über einen gesamten Verbund an stärkeren Parametern. Nur dann spreche man wirklich von einem Fortschritt. Sicher sind einzelne Weiterentwicklungen notwendig und wichtig, doch leisten sie nur wenig, wenn ein anderer oder die restlichen Parameter im Gegenzug einbrechen. Im Vergleich zu den Speicherchips in der Elektronikindustrie, die fast jedes Jahr neue Höchstleistungen erreichen, kann gegenwärtig die Energiedichte der Akkus nicht so einfach verdoppelt werden. Die Entwicklungen stießen u. a. darum an ihre technischen Grenzen: Jedes Elektron braucht für die Speicherung ein gebundenes Atom bzw. Molekül. Doch die Atome können nur eine begrenzte Zahl an Elektronen an sich binden. Das hat zur Folge, dass bis dato nur eine begrenzte speicherbare Energiemenge für Batterien realisierbar war.
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Herausforderung Energiedichte
Die neuesten Akkus für Handys und Notebooks erzielen gegenwärtig eine Energiedichte von etwa 250 Wattstunden pro Kilogramm. Die von vielen europäischen Herstellern verbauten Akkus in E-Autos verfügen wegen den höheren Anforderungen an die Sicherheit und Lebensdauer Energiedichten um 160 bis 180 Wattstunden pro Kilogramm. Doch hier scheint doch noch allerhand „Musik drin“ zu sein. Durch Weiterentwicklung der Lithium-Ionen-Akkus sollen jetzt Energiedichten von sogar bis zu 300 Wattstunden pro Kilogramm möglich sein. „Die Festkörperzelle könnte dafür eine entscheidende Durchbruchstechnologie sein“, sagt Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH. Das Branchenziel war bislang, noch innerhalb dieses Jahrzehnts die Energiedichte von Akkus bei gleichzeitiger Halbierung der Kosten zu verdoppeln. Die Leistungssteigerung des Energiespeichers ließe sich in der Zellchemie durch ein neues Material der Plus- und Minuspole (Kathode und Anode) herbeiführen. Bislang, so fand man heraus, war die Energiedichte u. a. auch dadurch begrenzt, dass die Anode zu wesentlichen Teilen aus Graphit gefertigt werden soll. Bei der Festkörper-Technologie besteht die Anode aus reinem Lithium, womit sich die Speicherfähigkeit erheblich erhöht. Darüber hinaus kommen diese Zellen ohne Flüssigelektrolyt aus und sind daher nicht entflammbar.
Herausforderung Klimamanagement
Die Reichweite von Elektrofahrzeugen wird insbesondere in den Wintermonaten eingeschränkt. Denn mit laufender Heizung schrumpft die Reichweite vieler E-Autos nochmals beträchtlich. „Ein intelligentes Thermomanagement bringt Elektroautos nun ein deutliches Stück weiter – und das ist wörtlich gemeint“, erklärt Dr. Rolf Bulander, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH und Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions. Bei Elektrofahrzeugen spielen Wärme und Kühlung eine weitaus wichtigere Rolle als bei Verbrennungsmotoren. Im Vergleich zu den Kraftstofffahrzeugen gibt es bei den Stromern keine Wärme im Überfluss. So muss ungefähr die Hälfte der Akku-Energie in die Klimatisierung des Innenraums fließen. Zudem braucht ein Akku eine konstante Temperatur von rund 35 Grad Celsius, um alle verbundenen Verbraucher optimal zu versorgen.
Das neue Thermomanagement verteilt die Wärme und Kälte über das Kühlwasser, indem eine Wärmepumpe mit Kühlmittelpumpen und –ventilen kombiniert wird. Die Pumpe nutzt somit die wenige Wärme, die auch in einem Stromer produziert wird. Ebenso kann die Bremsenergie in Strom umgewandelt und in die Batterie eingespeist werden. Auch hier entsteht Wärme. Damit sind laut Bosch bis zu 25 Prozent mehr Reichweite im winterlichen Stadtbetrieb möglich – ohne, dass die Batterie verändert werden muss.
Herausforderung Lebenszyklus
Die Experten sind sich weitgehend einig: Früher oder später werden – trotz möglicher Innovationen - wohl auch die Lithium-Ion-Akkus an ihren Grenzen stoßen. Was muss aber passieren, wenn man über die Energiedichte von 300 Kilowattstunden pro Kilogramm hinaus möchte? Neue Perspektiven, so hofft man, eröffnen sich mit den beiden großen Entwicklungslinien: Lithium-Schwefel- und Lithium-Luft-Akkus. Damit könnte man zumindest theoretisch eine etwa dreimal höhere Energiedichte erzielen. Das heißt, 700 bis 900 Wattstunden pro Kilogramm. Ob diese Akkus dann auch mit einer Lebensdauer von tausend Zyklen gesegnet sein werden, bleibt abzuwarten. Es gilt: Je größer die Energiedichte, umso größer ist das potenzielle Risiko, dass die Zellen ausbrennen. Wobei es im Bereich der Ladezeit eher weniger Probleme geben soll. „Geringere Ladezeiten sind in Bezug auf die Batterietechnologien nahezu kein Problem“, kommentiert Schuller. „Das Problem besteht in der Infrastruktur. Da es aktuell nahezu keine Möglichkeiten gibt, Schnellladestationen zu betreiben.“
Herausforderung Preis
Darüber hinaus müssen die Elektroautos noch erheblich günstiger werden, damit sie aus ihrem Schattendasein heraustreten können. Erst kürzlich kündigte US-Elektroautohersteller Tesla an in zwei Jahren mit der Produktion eines 31.000 Euro E-Cars zu beginnen. Wie auch immer sich die Technologie entwickeln wird: „Die Elektrifizierung steht nicht in Konkurrenz zum Verbrennungsmotor, sondern ergänzt ihn“, verdeutlicht Bulander. Es liegt auf der Hand: Bis weit ins nächste Jahrzehnt hinein wird es kein „Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch von Kraftstoff- und Elektro-betriebenen Fahrzeugen geben. So werden in den nächsten fünf Jahren noch 98 Prozent aller Neufahrzeuge mindestens teilweise mit fossilen Kraftstoffen angetrieben. Denner gibt sich zuversichtlich und prognostiziert, dass 2025 rund 15 Prozent aller weltweit hergestellten Autos einen elektrischen Antrieb aufweisen. In Europa, so glaubt er, wird dann voraussichtlich mehr als ein Drittel aller neuen Fahrzeuge elektrisch angetrieben, die Mehrzahl als Hybrid.