NCTE : Drehmomentsensoren haben Wellengang

„Let me show you something beautiful.“ Bastian Steinacher erinnert sich noch ganz genau an eine der ersten Inbetriebnahmen seines Sensors. „Wir haben für einen Hersteller von Kernlochbohrmaschinen einen Sensor entwickelt, der die Bohrmaschine je nach Widerstand regeln sollte.“ Für den Entwicklungsleiter von NCTE keine leichte Aufgabe: werden mit der Maschine immerhin armdicke Löcher in Stahlbeton gebohrt. Persönlich vor Ort, musste Steinacher mitansehen wie sein Sensor in eine Emulsion aus Stahlbetonstaub und Wasser getaucht und extremen Vibrationen ausgesetzt war. Nach einem ganzen Tag an Bohrversuchen in Testwänden, griff der Versuchsingenieur zum Telefon und rief seinen Chef an. Steinacher stand daneben, die Nerven zum Zerreißen gespannt. „Ich hörte nur den Satz ‚ Let me show you something beautiful’. Sein Sensor hatte den ultimativen Härtetest bestanden. Die Technologie dahinter bahnbrechend.
Dehnungsmessstreifen halten nicht.
Als Bastian Steinacher 2003 NCTE gründete, gab es noch kein serientaugliches Verfahren um berührungslos Drehmomente in realen Anwendungen zu messen. Die gängigen Verfahren, den Sensor mit Dehnmessstreifen zu befestigen, waren der Industrie schon lang ein Dorn im Auge. Der Grund: Die „geklebten“ Sensoren sind einem schleichenden Ausfall ausgesetzt. Abfallende Teile konnten zwischen die Verzahnung geraten und diese schädigen. „Unsere Industriekontakte drängten uns förmlich dazu, diese Technologielücke zu schließen“, erzählt Steinacher. Die Idee: Magnetostriktion. Bereits in den 70er Jahren gab es Versuche dazu, diesen Effekt zur Drehmomentmessung zu nutzen, die aber scheiterten. „Die große Herausforderung lag darin, ein Magnetisierungsverfahren zu entwickeln, welches ‚normale’ drehmomentübertragende Wellen in einen hochpräzisen und langlebigen Drehmomentsensor verwandeln“, erklärt Steinacher. Um die notwendigen Feldstärken zu erreichen werden je nach Welle einige tausend Ampere benötigt. „In den Anfangstagen haben wir die Ströme erzeugt indem wir Autobatterien kurzgeschlossen haben“, so Steinacher. „Die ersten Wellen sind dabei sprichwörtlich verdampft.“ Aus diesen nicht gänzlich ungefährlichen Versuchen, gelang dann der Durchbruch mit dem heutigen Pulse Current Magnetic Encoding-Verfahren. „Wir magnetisieren mit gepulsten Strömen in Millisekunden-Bereich, gefahrlos und ohne die Welle zu schädigen“, so Steinacher.
So funktioniert der Sensor.
„Bereits vorhandene Maschinenteile werden dauerhaft magnetisiert und damit selbst Teil des Sensors“, erklärt Steinacher weiter. „Ändert sich die Belastung, verändert sich auch das Magnetfeld.“ Erkennt also der Sensor, dass die Belastung zu hoch ist, wird die Maschine automatisch innerhalb von Sekundenbruchteilen geregelt. „Dies schützt Maschinen und spart Instandhaltungskosten“, so der Entwicklungsleiter. Das PCME-Verfahren hat einen großen Vorteil: „Im Gegensatz zu Magneten lässt sich Strom regeln, ein- und ausschalten, somit erfolgt die Magnetisierung sehr kontrolliert“, so der Entwicklungsleiter. Das Magnetfeld verändert sich, sobald das Drehmoment zu- oder abnimmt; hochauflösende Magnetfeldspulen detektieren diese Veränderung berührungslos in einem Abstand von bis zu drei Millimetern.
Vor allem ausfallintensive Extruderhersteller setzten auf die Sensoren von NCTE. Aktuell testet Steinacher speziell angepasste Drehmomentsensoren bei Coperion GmbH in Stuttgart. Coperion setzt den Sensor bei einem Doppelschneckenextruder ein, um das anliegende Drehmoment direkt an den Schneckenwellen zu messen und so die Produktionsprozesse bestmöglich zu analysieren. Elisabeth Biedermann