Interview : Dirk Thamm: Wie Cobots sicher werden

Dirk Thamm
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Factory: Herr Tham, welche Sicherheitskonzepte gibt es?

Dirk Thamm: Als Hilfestellung für Systemintegratoren wurde dafür die ISO TS 15066 herausgegeben, die Grenzwerte für mögliche Belastungen des Menschen festschreibt. Stand der Technik ist heute, dass häufig mit Laserscannern gearbeitet wird, die den Bereich schützen in dem der Roboter arbeitet. Sobald ein Mitarbeiter einen bestimmten Bereich betritt, reduziert der Roboter seine Geschwindigkeit. Alternativ dazu gibt es ähnliche Funktionalitäten mit Trittschutzmatten oder Lichtvorhängen.

Doch es bleibt ein restliches Kollisionsrisiko. Welche Verletzungen sind möglich?

Thamm: Bisher gab es noch keinen größeren Vorfall, bei dem ein Mensch in einer MRK-Anwendung schwer verletzt wurde. Aus dem Ausland hört man aber, dass es doch schon mal blaue Flecken gab. Mögliche Verletzungen sind jedoch sehr vielfältig, insbesondere wenn die gegebenen Sicherheitsvorkehrungen nicht nach den bestehenden Normen (DIN ISO 10218 oder TS 15066) ausgeführt werden. In manchen Ländern sieht man Applikationen, bei denen der Roboter kollaborierend agieren könnte, aber die Absicherung des Werkstücks bzw. Werkzeuges nicht normgerecht gestaltet wurde. So werden oft scharfkantige Bauteile ohne trennende Schutzeinrichtung bewegt, wobei eine hohe Verletzungsgefahr für die Werker oder unbedachte Mitarbeiter entstehen kann.

Welche gesetzlichen Richtlinien und Normen sollen für die notwendige Sicherheit sorgen? Sind diese für Sie ausreichend? Welche Schlupflöcher gibt es?

Thamm: Die bestehenden Normen und Richtlinien sind zu sehr auf althergebrachte Robotertechnik ausgelegt. Insbesondere beim Auslegen der Normen wird innerhalb der EU mit unterschiedlichem Maß gemessen. Wo mancher Ingenieur auf Nummer sicher geht und eine zusätzliche Schutzeinrichtung berücksichtigt, wird anderswo darauf verzichtet und das Risiko in Kauf genommen. Hier ist es zwingend notwendig, eine einheitliche Vorgehensweise innerhalb Europa zur Erfüllung der Europäischen Maschinenrichtlinie zu erreichen.

Bieten diese Richtlinien auch genügend Planungssicherheit für Hersteller und Betreiber?

Thamm: Für einen Systemintegrator ist es sehr herausfordernd die unterschiedlichen Rahmenbedingungen von Kunden, Berufsgenossenschaften, Normen und Richtlinien anzuwenden. Hier herrscht ein breites Spektrum, das teilweise unterschiedlich interpretiert werden kann. Eine Harmonisierung würde hier sowohl den Kunden als auch Integratoren eine höhere Planungssicherheit geben.

Wie sieht generell die Rechtslage im Falle von Verletzungen aus? Wer haftet? Gibt es Regressansprüche?

Thamm: Die Haftung ist sehr einfach geregelt. Als Anbieter einer Anlage und der Bereitstellung einer CE-Kennzeichnung gemäß der EU-Maschinenrichtlinie haftet der Integrator der Anlage für die Sicherheit, solange diese nicht modifiziert wird. Der Aufwand für eine Risikobeurteilung einer Mensch-Roboter-Kollaboration wird sehr häufig unterschätzt, insbesondere da hier viele verschiedene Aspekte berücksichtigt werden müssen, die bei einer trennenden Schutzeinrichtung wegfallen.