Gesetzeslage : Die Sieger und Verlierer des Energieeffizienzgesetzes

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Anfang 2014 war der Aufschrei unter den Energieversorgern (EVU) noch groß. Das Energieeffizienzgesetz (EEffG) sei teuer, bürokratisch und intransparent. Darunter zu leiden hätten am Ende nur die Kunden. Gemäß EEffG müssen Energieversorger 0,6 Prozent ihres Absatzes am Endkunden pro Jahr einsparen. Der niederösterreichische Versorger EVN warnte vor einer zusätzlichen Belastung von 110 Euro pro Haushalt und Jahr. Auch Unternehmen geraten Druck. Sie müssen bis November einen offiziellen Nachweis ihrer Einsparmaßnahmen mithilfe eines Audits abliefern. Mit Jahreswechsel ebbte aber das anfängliche Zetern ab. Zumindest die Energieversorger erkannten, dass es keinen Ausweg mehr gab. Daraufhin drehten viele den Spieß einfach um und stürzten sich ins Beratungsgeschäft. Sie versuchen nun aus der Gesetzeslage dementsprechend Profit zu schlagen. Doch da sind sie nicht die Einzigen.

Vorsicht vor Halbwahrheiten.

Peter Sattler gehört zu den Gewinnern des neuen Energieeffizienzgesetzes. Er ist einer der wenigen zertifizierten Energieauditoren, die der Bund in einer offiziellen Liste Unternehmen vorschlägt. Bis November 2015 muss jeder Betrieb ein offizielles Energieaudit erstellen lassen. „Das ist ein Verfahren zur Ermittlung von kostenwirksamen Energieeinsparungen im Unternehmen durch einen externen zertifizierten Experten“, erklärt Sattler. Das Wort „Energieberater“ hört der Geschäftsführer von sattler energie consulting gar nicht gerne. Das sei mittlerweile zu einem Schimpfwort verkommen. Seit Anfang des Jahres herrscht eine echte Goldgräberstimmung unter selbsternannten Energieberatern. Alles was je in der Nähe einer Steckdose war, will nun ein Stück vom Auditkuchen, schimpfen Insider. So erreichte erst kürzlich der Fachverband für Ingenieurbüros und Ziviltechniker eine deutliche „Erleichterung“ bei der Zertifizierung als Energieauditor. Mit einem minimalen Nachweis an praktischen Projekten dürfen Ingenieure nun Audits in allen Bereichen durchführen.

Für Peter Sattler nicht nachvollziehbar. Er kritisiert hier die Vorgehensweise des Wirtschaftsministeriums aufs Schärfste. „Durch diese Erleichterung kann jetzt nahezu jeder unabhängig von seiner tatsächlichen Qualifikation als Auditor auftreten“, warnt der Energieprofi. Das Ziel einer qualitativ hochwertigen Auditierung werde damit ad absurdum geführt und die Qualitätsstandards nach unten nivelliert. „Wer ist der Nächste auf der Schwelle? Baugruppenvertreter wie Installateure und Rauchfangkehrer“, befürchtet der Gmundner. Generell warnt der Branchenkenner hier vor schlecht informierten und unerfahrenen Energieberatern. Selbst auf der Liste des Bundesministeriums befänden sich schon jetzt Unternehmen, von denen er noch nie etwas gehört hat. „Und ich bin lange genug im Geschäft, um diese Branche in und auswendig zu kennen“, versichert Sattler.

Ein Spiel ohne Schiedsrichter.

Letztes Jahr war Sattler viel mit Aufklärung bei Unternehmen beschäftigt. „Das Interesse der Industrie war groß“, erinnert er sich. Dennoch fielen keine Entscheidungen. Die Betriebe warteten ab. „Ein Grund dafür war sicher das Scheitern der Monitoringstelle im November“, ist Sattler überzeugt. Die Aufgabe der Stelle wäre es gewesen, gesetzte Maßnahmen zu überprüfen, Energieeinsparungen zu ermitteln und darüber zu berichten. Im Moment wird die Monitoringstelle vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) neu ausgeschrieben. Gescheitert sei der ursprüngliche angedachte „Hüter der Energie“, die Österreichische Energieagentur, durch eine mangelhafte Ausschreibung. Der Bundesverwaltungsgerichtshof stoppte damit die Vergabe. Der Startpfiff zum Energiespiel ab Jänner 2015 blieb trotzdem, halt derweil ohne Schiedsrichter.

Wer muss, der wird.

Trotz dieser Unsicherheiten merkt Peter Sattler seit Jahreswechsel das wachsende Interesse der Betriebe. „Viele Angebote von 2014 sind mittlerweile bestellt“, so der Geschäftsführer. Freier Wille zur Veränderung? Wohl eher nicht. Denn das Gesetzt schreibt den Betrieben vor bis Ende November einen Nachweis über ihre Einsparungen zu erbringen. Danach alle vier Jahre. Die Ironie daran: Auch hier soll das Ganze an eben jene noch nicht existente Monitoringstelle gemeldet werden. Zumindest Sattler liegt weit mehr als nur diese Audits am Herzen. „Wir wollen Betrieben auf Dauer einen besseren Umgang durch konsequentes Energiemanagement nahebringen und das nicht nur alle vier Jahre“, verspricht der Energieprofi. Seine Referenzprojekte sprechen für sich. So half der Gmundner mithilfe eines verbesserten Energiemanagements dem Unternehmen Welser Profile Austria GmbH seine Energiekosten um 141.800 Euro pro Jahr zu senken.

Neue Märkte tun sich auf.

Viel Zeit hat Alexander Dopler nicht. Der Geschäftsführer von Optimierungsspezialist LineMetrics, ist seit Anfang des Jahres pausenlos unterwegs. Für sein Unternehmen war das Energieeffizienzgesetz ein Türöffner. LineMetrics entwickelt Hard- und Software, die den Energiefluss eines Unternehmens schnell transparent machen können. „Damit erkennen Betriebe sofort ihr Einsparpotenzial bei Energie-, Wärme oder Wasser“, erklärt Dopler. LineMetrics positioniert deren innovatives Produkt für Energielieferanten als auch Unternehmen. Auf der Kundenliste von Dopler befinden sich demnach beide. Vor allem EVUs sind im Moment besonders heiß auf die Lösung der Oberösterreicher. Für LineMetrics stehen die Dinge also nicht schlecht. „EVUs sind für uns wie ein Multiplikatoreffekt“, erklärt Dopler. Denn deren Dienstleistungsabteilungen stehen derzeit enorm unter Druck. „Sie müssen ihre Kunden zu Energieeffizienz erziehen, sonst hagelts Ausgleichszahlungen“, kennt Dopler die Sorge der Energielieferanten. Ein ideales Spielfeld für die LineMetrics Lösung. So stehe Dopler bereits in fortgeschrittenen Verhandlungen mit einigen großen EVUs in Österreich. Für 2015 hat er große Umsatzerwartungen. Bis zu 1.000 Energieeffizienzpakete - wenn alles gut geht - will er heuer an den Mann bringen. Zuletzt war Dopler in der Schweiz, denn auch dort diskutiere man bereits dasselbe Energieeffizienzmodell wie in Österreich. Eine Chance, die sich der LineMetrics-Mann natürlich nicht entgehen lässt.

Ein Stück vom Kuchen.

Österreichs größter Energieversorger die Verbund AG setzte bereits letztes Jahr große Schritte und gründete ein Joint Venture mit der deutschen GETEC heat & power AG. Die Idee dahinter: Energie-Contracting. „Beim Energie-Contracting geht es darum, Aufgaben der Energiebereitstellung an einen externen Spezialisten zu übertragen“, erklärt Martin Wagner, Geschäftsführer der Verbund Solutions GmbH seine Strategie. „Die Verfügbarkeit der technischen Anlagen wird durch einen externen Profi garantiert.“ Anfang 2015 nahm die VERBUND GETEC Energiecontracting ihre operative Tätigkeit auf. Das Interesse der Industrie ist groß. Mit Energie-Contracting setzt Verbund einen gekonnten Dienstleistungsschritt im Bereich des Energieeffizienzmanagements. Und das muss der Energieversorger auch, denn er muss gemäß EEffG 0,6 Prozent seines Energieabsatzes an Endkunden pro Jahr einsparen. Der Verbund-Mann sieht das EEffG dennoch als Chance. „Es ermöglicht uns viele neue Projekte.“ So kam es auch zu der Idee des „Verbund Eco-net“, einem dreijährigen Netzwerk zwischen dem Energieversorger und seinen Industriekunden. „Das Ziel von Verbund-Eco-Net ist es, voneinander zu lernen, um gemeinsam Energie zu sparen“, so Wagner. „Betriebe tauschen sich aus und lassen somit einen Know-how-Pool entstehen, von dem alle im Netzwerk profitieren.“ Mit an Bord sind unter anderem: Magna, Andritz Hydro, Hammerer Aluminium sowie Ochsner Wärmepumpen. Für das Geschäft mit der Energieberatung prognostiziert Wagner für 2015 florierende Zeiten. Und als Leiter der neu gegründeten Innovations- und Dienstleistungsorganisation von Verbund will er natürlich auch ein entsprechendes Stück vom Kuchen.

Lesen Sie hier einen Kommentar zum Thema von FACTORY-Chefredakteurin Elisabeth Biedermann.