Robotik : DFKI Bremen: Wo kognitive Robotik beginnt
Im aktuellen FlatFish-Projekt entwickelt das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Bremen unter der Leitung von Prof. Frank Kirchner für die Ölfirma Shell ein autonomes Unterwasserfahrzeug (AUV) zur regelmäßigen Inspektion von Unterwasser-Pipelines. Um die Pipelines auf Dichtigkeit bzw. Schäden zu untersuchen, wurde das AUV mit verschiedenen akustischen und optischen Sensoren ausgestattet. Das AUV agiert auf seinen Missionen absolut autonom und fährt danach auch selbststätig wieder in seine Unterwasser-Docking-Station zurück, wo es seine Akkus wieder auflädt und die gesammelten Daten an die Oberfläche leitet. „In diesem Projekt kamen erstmals KI-Algorithmen im Bereich der Navigation zum Einsatz“, betont Kirchner. „Das Fahrzeug baut sich die Umgebungskarten selbstständig auf, lokalisiert sich selbstständig innerhalb dieser Karten und navigiert auch innerhalb dieser Karten von A nach B - je nachdem, was die Mission vorgibt. Das ist ein absolutes Novum!“ Mittels einer ausgeklügelten Sensorik sowie den damit verbundenen Algorithmen erkennt das AUV zum Beispiel auch etwaige Hindernisse, die es dann autonom umfahren kann und auch wieder alleine auf den geplanten Weg zurückfindet. Damit ist auch das Monitoring vollständig automatisiert. Als Ergebnis erhalten die Betreiber eine dreidimensionale und hochauflösende Präsentation der Pipeline. Darin können Risse, Deformationen oder Überwucherungen erkannt und erfasst werden.
Roboter bereiten Ankunft des Menschen vor
Ein weiteres Betätigungsfeld des DFKI ist die Raumfahrt-Robotik. In diesem Bereich arbeitet das Institut vorwiegend für die Deutsche und Europäische Raumfahrtagentur, aber auch bald für die NASA. „Hier beschäftigen wir uns primär mit der Exploration von Oberflächen auf anderen Planeten“, erklärt Kirchner. „Denn diese robotischen Systeme sollen die Ankunft des Menschen vorbereiten. Dafür müssen Roboter Infrastrukturen aufbauen, Behausungen errichten und Verkabelungen verlegen und vieles mehr.“ Dazu sollte zum Beispiel der Roboter ein zu verbindendes Kabel erstmal erkennen und identifizieren können. Was Menschen als eine Trivialität betrachten, sind für autonom handelnde Roboter eine Vielzahl an komplexen kognitiven Prozessen. Diese gehen über die Performance des Unterwasser-Roboters weit hinaus. Denn jener beobachtet nur und erstellt anschließend einen Befund, aber interagiert nicht direkt mit der Umgebung. „Beim Weltraumroboter kommt jedoch diese aktive Interaktion dazu“, so Kirchner. „Das ist die nächste Generation der Robotik. Dafür werden sehr anspruchsvolle Anforderungen gestellt. Nicht nur von den Umgebungen her, sondern auch von der Fülle an kognitiven Funktionen, die miteinander verknüpft werden können.“ Für den Weltraumbereich gilt dies als absolut zukunftsweisend und bietet zugleich die Möglichkeit, Verfahren und Techniken zu entwickeln, die dann später auf der Erde in terrestrischen Anwendungen zum Einsatz kommen.
MRK mit hybriden Teams
In dem „Hybrid“-Projekt entwickelt das DFKI mit seinen Partnern Airbus und Volkswagen an Konzepten für eine Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) mit hybriden Teams für eine Produktion von morgen. Das ist kollaborative Robotik, die aber nochmal über den Stand der aktuellen Technik hinausgeht. Denn der kollaborative Roboter ist dadurch charakterisiert, dass er „nachgiebig“ geregelt ist und den Menschen nicht verletzen kann. „In den hybriden Teams erkennt der Roboter auch die Intentionen des Menschen“, konstatiert Kirchner. „Das heißt, er soll aus der Haltung des Menschen, aus dem was er sagt sowie die Art und Weise seiner Mimik die Intention ableiten, die der Mensch in einem bestimmten Augenblick gerade verfolgt. Das muss der Roboter dann in seine Aktivitäten einbeziehen.“ Diese Technologie wird laut Kirchner schon innerhalb der nächsten fünf Jahre entwickelt und praxistauglich werden.
Ende der Fließfertigung?
Bisher verfolgte die Robotik eine Strategie der sogenannten Positionsregelung. Das bedeutet, dass man bestimmte Positionen im Raum möglichst effizient und schnell anfahren wollte. Davon möchten sich die Entwickler laut Kirchner nun lösen und dafür die Robotik-Systeme wesentlich flexibler gestalten. Für solch komplexe Systeme wird sich ein Paradigmenwechsel vollziehen: „Mit Robotern, die mehr Freiheitsgrade aufweisen, brauchen wir die Produktionsstraßen und Käfige nicht mehr“, so Kirchner. „Damit verändern sich die Produktionsstätten radikal von der Fließ- zu einer Art Werkstattfertigung.“
Was ist das DFKI in Bremen?
Eines der angesagtesten Institute im KI-Bereich ist das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Bremen. Hier entstehen in Teams unter Leitung von Prof. Frank Kirchner mobile Robotersysteme für komplexe Aufgaben, die an Land, zu Wasser, in der Luft und im Weltraum eingesetzt werden sollen. Kirchner wird auch auf der hersteller-unabhängigen Konferenz für Industrierobotik am 4. Oktober 2018 in Gurten eine Keynote halten. „Wir erstellen aber nicht nur die Algorithmen, sondern verbinden sie immer mit robotischen Systemen, die in unterschiedlichen Umgebungen anspruchsvolle Tätigkeiten verrichten sollen“, erklärt Kirchner. Zu den zentralen Themen des DFKI gehören unter anderem die intelligente Mensch-Roboter-Kollaboration mit hybriden Teams für anspruchsvolle Produktionsumgebungen, die Entwicklung von kognitiv verbesserten Roboterfähigkeiten für eine hochflexible Fertigung als auch autonome mobile Robotik für Intralogistik- und Fertigungsszenarien.