Güter-U-Bahn : Cargo sous Terrain: Die Untergrundpläne der Schweiz

Cargo sous Terrain
© Cargo sous Terrain

Nicht nur Tesla-Chef Elon Musk gräbt Tunnel, auch in der Schweiz nimmt die Idee unterirdischer Gütertransporte Gestalt an. Prognosen sagen voraus, dass bis 2050 der Güterverkehr in der Schweiz um 50 Prozent wachsen soll. Auf der Schiene, auf denen in den Tälern ohnehin der Platz schon knapp ist, wird ein Wachstum von 77 Prozent prognostiziert. Wohin mit all dem Mehr an Verkehr, fragen sich nicht nur die Planer im Eidgenössischen Departement von Verkehrsministerin Doris Leuthard in Bern, sondern auch die Wirtschaft und speziell die Logistik-Branche. Die Antwort darauf: Er soll unter die Erde. Mit Unterstützung der Berner Regierung tüftelt eine Projektgruppe seit 2011 still, aber hochprofessionell an Plänen für ein unterirdisches Güterverkehrsnetz in der Schweiz. "Unter der Erde" heißt übersetzt "Cargo sous Terrain" und ist ein Projekt, bei dem es um ein Tunnelsystem von Zürich aus nach St. Gallen, Luzern, Thun, Genf, Bern, Basel geht, das wichtige Logistik- und Einkaufszentren unterirdisch auf der Schiene miteinander verbindet. Dabei werden bestehende Infrastrukturen in das System eingebunden, sodass kein zusätzlicher Landverbrauch notwendig ist. Das Prinzip ist dasselbe wie bei einem automatischen Fördersystem: In den Tunnels verkehren selbstfahrende, unbemannte Transportfahrzeuge, die an den dafür vorgesehenen Rampen automatisch Ladungen aufnehmen und abgeben können. Die Güter werden vorwiegend in festen Einheiten wie Paletten oder Gitterboxen mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 30 km/h durch die Tunnel bewegt.

Keine Konkurrenz für oberirdische Logistik

2014 wurde der Förderverein für das Projekt "Cargo sous Terrain" aus der Taufe gehoben. Als Hauptinvestoren im Hintergrund des ambitionierten Vorhabens stehen gewichtige schweizerische Unternehmen wie Rhenus Logistics, Swisscom, Cargo Tube AG und die Interessengemeinschaft des Detailhandels Schweiz (Zusammenschluss von Migros, Coop, Charles Vögele, Denner, Manor und Valora). Seit Mitte des Vorjahres ist auch das kalifornische Unternehmen Hyperloop One als Investor bei diesem Förderverein eingestiegen, das dem Verein freut, weil damit das Projekt international bekannt wird. Die Regierung in Bern ist in diesem Verein durch das Bundesamt für Verkehr vertreten, erklärt Peter Sutterlüti, Präsident des Vereins. In den vergangenen zwei Jahren durchgeführte Vorstudien kamen zu einem positiven Ergebnis, was die Markt-und Wettbewerbsfähigkeit von Cargo sous Terrain betrifft. So viel steht schon fest: Das Projekt konkurrenziert nicht die bestehende Logistikbranche in der Schweiz, sondern stellt in den kritischen Gebieten eine neue optimierte Infrastruktur zur Verfügung, liest man in der Projektbeschreibung.

Automatisiert und energieeffizient

Die Benutzer können ihre Frachtsendungen mit standardisierten Tunnelfahrzeugen selbständig befördern oder an Logistikdienstleister übertragen, die mit einer Flotte von Fahrzeugen die Bedürfnisse mehrerer Benutzer abdecken können. Die Fahrzeuge in den Tunnels werden mit maximal drei Paletten oder Gitterboxen beladen. Aus Energieeffizienzgründen fahren die Fahrzeuge erst los, wenn es dafür einen konkreten Fahrauftrag gibt. Die Be-und Entladung erfolgt in Terminals, die Gates enthalten, und mit oberirdischen Logistikzentren verbunden sind. In den Gates werden die eintreffenden Fahrzeuge auf ihre Systemkonformität geprüft und im System angemeldet. Austretende Fahrzeuge werden vom System abgemeldet.

Die Terminals enthalten Bereitstellungsund Lagerflächen, aber auch Beschleunigungs-und Verzögerungsstrecken. Das Logistikzentrum stellt die kostengünstige und intelligente Anbindung des unterirdischen an das bestehende oberirdische Logistiksystem dar. Das Hubkonzept definiert die Integration in die Hub-lntralogistik, das Be-und Entladekonzept des Fahrzeugs sowie die Steuerung der Fahrzeuge außerhalb der Gates. Die Fahrzeuge übernehmen die Gebinde oder lose Kolli mit minimalem Handling-Aufwand. Bei einem rein automatisierten Hub übernimmt das Fahrzeug die Paletten automatisch direkt vom Intralogistik-System. Das Logistikzentrum kann grundsätzlich auch nur die Austrittsstelle für die straßengängigen Fahrzeuge sein.

2030 erste Strecke in Betrieb

Die Anbindung an bestehende Logistik-Systeme bildet den Schwerpunkt der Systementwicklung von Cargo sous Terrain. "Die Chancen auf die Realisierung dieses Projekts stehen aus heutiger Sicht sehr gut", ist Sutterlüti überzeugt. Anfang 2016 wurde die Machbarkeitsstudie vorgestellt und sie sagt aus: Das Projekt ist technisch und ökonomisch machbar, kostet aber eine Stange Geld. Nach den Plänen der Initiatoren werde das erste Teilstück, ein Tunnel von Zürich nach Härkingen im Kanton Solothurn und Niederbipp im Kanton Bern, schlappe 3,5 Mrd. Franken (3,2 Mrd. Euro) kosten. Nur für diese Strecke, versteht sich. Ab 2030 soll diese Strecke in Betrieb gehen. Derzeit wird an einem Businessplan gearbeitet, der potenziellen Investoren das Projekt schmackhaft machen soll, denn: Cargo sous Terrain soll rein privatwirtschaftlich ohne jegliche staatliche Zuschüsse finanziert und betrieben werden, was laut Ergebnis der Machbarkeitsstudie auch realistisch sei.