C-Teil-Management : Bossard: Vom C-Teil zum Engineering-Partner
Es war ein gekonnter Schachzug. Bereits früh erkannte der Schweizer C-Teil-Lieferant Bossard, dass Produktlösungen alleine die Wettbewerbsfähigkeit seiner Kunden nicht verbessern. Indem die Schweizer sich verstärkt auf innovative Lösungen im Bereich Logistik und Engineering konzentrierten, ergatterten sie bald einen guten ruf als Engineering-Partner ihrer Kunden. Ein ruf, der heute auch in Österreich, gehört wird und damit Kai von Buddenbrock tief in die Produktionsprozesse seiner Kunden blicken lässt. Das Paradigma des Geschäftsführers von Bossard Österreich: „Je früher Lieferanten in den Designprozess von Produkten eingebunden werden, desto besser für die Produktivität des Kunden.“
Ein kühnes Kalkül, das aber bei dem steirischen Umwelttechnikspezialisten Komptech auf offene Ohren stößt. Am Produktionsstandort Frohnleiten zeigte nämlich Buddenbrock auf, wie sich die Durchlaufzeit um satte 40 Prozent reduzieren lässt. Eine Analyse, die Bossard postwendend mit dem Supplier Award 2014 auszeichnete.
Die Erfolgsstrategie von Bossard.
Was vor 180 Jahren mit einer kleinen Eisenhandlung begann, ist heute ein echter Big Player der C-Teil-Branche. Mit Niederlassungen in über 26 Ländern beläuft sich das Produktsortiment von Bossard heute auf über 800.000 Artikel. Seit 1987 haben die Schweizer auch einen österreichischen Standort. Von Schwechat aus betreuen rund 30 Mitarbeiter Kunden wie Bombardier, Franz Haas Waffelmaschinen oder Siemens, aber auch Mittelständler wie der Kärntner optomechatronikspezialist zählen seit Jahren auf die Fähigkeiten von Bossard. Zuverlässigkeit, Qualität und Präzision waren die Werte, die Bossard zu einem Spezialisten in der industriellen Verbindungs- und Montagetechnik machten.
Seit ein paar Jahren verstärken die Schweizer aber noch mehr ihr Engagement im Engineeringbereich. Warum, erklärt Buddenbrock so: „Wir haben früh erkannt, dass sich die Bedürfnisse unserer Kunden verändert haben.“ Heute stehen kürzere Durchlaufzeiten, schlankere Prozesse, Qualität und Zuverlässigkeit ganz oben auf den Agenden der Industrie. „Wir haben erkannt, was es braucht, um die Wettbwerbsfähigkeit unserer Kunden zu stärken“, so der Geschäftsführer. Es gilt Lösungen zu entwickeln, die besser, schneller, effizienter und kostengünstiger sind. Der C-Teil-Spezialist greift dabei seinen Kunden kräftig unter die Arme.
C-Teil darf nicht zum Fehlteil werden.
So auch bei dem steirischen Spezialmaschinenbauer. Erstes Projekt bei Komptech war 2013 die Umstellung des C-Teil-Lagers auf eine SmartBin-Anlage. Ein innovatives Wägesystem, das den Lieferanten über ein Netzwerk in Echtzeit informiert, wo was entnommen wurde. „Jede c-teil-Box steht dabei auf einer Waage. Verändert sich das Gewicht, löst das den Bestellvorgang aus“, erklärt Buddenbrock die automatische Bedarfserkennung. Die Boxen sind dabei so dimensioniert, dass die Bestellaktivitäten relativ niedrig gehalten werden. Dabei wird zwischen sogenannte Express-Bestellauslösepunkt und normalen Bestellauslöspunkten unterscheiden.
Die Idee dahinter: „Das C-Teil darf nicht zum Fehlteil werden“, erklärt es Komptech- Produktionsleiter Günther Pirker. Nur ein bis zwei Prozent machen C-Teile im Beschaffungsvolumen eines Unternehmens aus. Aber fehlt das Verbindungsteil, steht die Produktion. „Es gilt das richtige teil zur richtigen Zeit am richtigen ort zu haben“, so Pirker. Genau hier setzt Bossard mit seinem Logistik-Know-how an und verfolgt dabei einen ganz „leanen“ Gedanken. Ein Konzept, das perfekt in die Strategie von Komptech passt.
Anfang 2014 starteten die Steirer nämlich ein sogenanntes „Getting-lean“-Programm. Beste Voraussetzungen also für Bossard, sich hier als Dienstleister zu positionieren. Immerhin auf rund 2.300 Bins, also Positionen, beläuft sich mittlerweile die komplette Anlage bei Komptech. Die Steirer sparen sich damit nicht nur Kosten, sondern vor allem Zeit und Aufwand in der C-Teil-Beschaffung. „Auch unsere Lagerhaltungskosten sanken entsprechend“, so Gerald Sattler, Beschaffungsleiter bei Komptech.
Erste Wertstromanalyse zeigte enormes Potenzial.
Begeistert von der SmartBin-Anlage entschieden sich die Steirer im Zuge ihres Lean-Projekts, die Beziehung mit Bossard noch weiter zu verstärken. Sattler begründet das so: „Bossard kennt unsere Montageabläufe sehr gut. Warum also jemand Externen an Bord holen, der wenig Ahnung von unserer Produktion hat?“ Der Auftrag an Bossard: Eine Wertstromanalyse in der Produktion. „Eine Art strategische Roadmap, um das Ziel einer getakteten Standortmontage zu erreichen“, so Sattler.
Buddenbrock holte sich dafür einen Spezialisten direkt von der Schweizer Mutter. Dieser nahm die Produktionsprozesse der Steirer binnen drei Tagen auseinander und skizzierte ein komplettes Lean-Konzept. Im Juni wurde die Analyse dann der Geschäftsleitung vorgelegt. Produktionsleiter Günther Pirker erinnert sich noch gut: „Bossard zeigte uns, wie wir unsere Durchlaufzeiten massiv reduzieren können.“ Fast ein Viertel der Montagezeit sollen sich Pirker und sein Team sparen können. „Von knapp 320 Stunden auf 240 Stunden pro Maschine“, rechnet sich der Produktionsleiter aus. „Dadurch entsteht nicht nur mehr Spielraum für Produktionsengpässe, auch die Effektivität unserer Mitarbeiter wird sich steigern.“
An diesen Hebeln wird gedreht.
Die Hebel, die das in Gang bringen sollen, lesen sich auch im Bossard-Konzept. „Unsere Vorschläge reichen von Produktinnovationen bis hin zu neuen Layouts der Montagelinien, um die Fertigungszeiten zu verkürzen“, so Buddenbrock. Für Ersteres nennt er das Beispiel Direktverschraubung. „Dadurch entfallen Arbeiten wie das Schneiden und Säubern von Gewinden und das spart viel Zeit“, erklärt der Geschäftsführer. Das Bossard-Lean-Konzept zielt vor allem auch auf unnötige Wege der Monteure ab. „Diese Verschwendung muss wegfallen. Der Monteur soll alles da haben, was er braucht“, wünscht sich Pirker. Komptech will das durch eine strenge Trennung von Logistik und Montage erreichen.
Ein Grund, warum schon die nächste Wertstromanalyse von Bossard in der Pipeline steht. „Wir haben schnell gemerkt, dass die Analyse der Produktion allein zu wenig ist, denn Lager und Logistik müssen hier genauso mitspielen“, resümiert Beschaffungsleiter Sattler. Fast parallel zur Umstellung in der Produktion läuft eine zweite Analyse des Lagers bei Komptech. Noch im September soll das Lean-Lager-Konzept stehen. Bossard soll dabei herausfinden, an welchen Hebeln die Steirer drehen müssen, damit Verbindungsteile so effizient wie möglich in die Produktion gelangen.