Böhler Edelstahl : Blockwalzwerk 4.0

Walzwerk
© Böhler

Wenn Industrie 4.0 ein Prozess wäre, dann hat das Team des Blockwalzwerkes von Böhler Kapfenberg es verstanden. Der Betriebsleiter, Peter Markiewicz, ist ein bodenständiger Mensch. Das Wichtigste für ihn: Seine Mitarbeiter. Vom allmächtigen Begriff „Industrie 4.0“ hält er nicht viel. „Das müssen Sie mir erklären, was es damit auf sich hat“, erwidert Markiewicz. Ohne je von diesem Begriff gehört zu haben, ist aber gerade dieses Blockwalzwerk ein Paradebeispiel dafür. Was mit einem starken Willen zur Verbesserung und dem richtigen Team im Rücken möglich ist, zeigen die Kapfenberger.

Der Sprung ins kalte Wasser.

Als die Qualitätsmanagement-Abteilung auf den Betrieb zukam und um ein Assessment anfragte, willigte das Team sofort ein. Bereits vor 15 Jahren hat der Betrieb begonnen, sich konsequent mit Total Productive Maintenance (TPM) und später auch mit Qualitätsmanagement zu beschäftigen. Der Ansatz, der sämtliche Verluste an den Produktionsanlagen zu verringern versucht. Warum? „Wer bei uns überleben will, muss sich vom Mitbewerber durch ständig verbesserte Prozesse abheben“, so Markiewicz. Dass das Böhler-Team den richtigen Ansatz verfolgt, zeigte sofort der Ist-Zustand des Betriebes. Dieser gewann beim „Prozess Award 2013“. In den zehn Jahren des Bestehen dieses Preises war das Blockwalzwerk der erste Produktionsprozess überhaupt der den höchsten Reifegrad nach ISO 15504 erreichte. Wie? Mit einem starken Team. „Denn eine Verbesserung zieht sich durch den ganzen Betrieb und die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern in der Produktion und dem Prozessteam des Betriebes sind da ausschlaggebend.“ Die Zutaten für den Erfolgscocktail: Motivierte Mitarbeiter und zwei externe Profis, Successfactory und Gamed.

Ursachenforschung im Blockwalzwerk.

Gamed hat sich auf produktionsnahe IT-Lösungen spezialisiert und bildet das softwaretechnische Rückgrat des Betriebes. Ein eigens entwickeltes Streckenleitsystem (SLS) sorgt dafür, dass Auftragsmanagement, Einsatzplanung, Produktionssteuerung, In-Prozess-Qualitätskontrolle sowie Monitoring und Reporting reibungslos ablaufen. Gestützt durch diese IT werden im Blockwalzwerk nicht Symptome bekämpft, sondern nach Ursachen gesucht. Das ist das Spezialgebiet von Oliver Jöbstl. Der Geschäftsführer von Successfactory steht dem Walzwerk schon sehr lange beratend zur Seite. Er sorgt für den Aufbau der richtigen Kennzahlen und coacht die Mitarbeiter bei der Suche nach den richtigen Problemlösungsprozessen. Industrie 4.0 ist für beide Unternehmen ein Begriff, allerdings kein griffiger. „Da gibt es viel zu viele unterschiedliche Auffassungen“, so Jöbstl. „Und eigentlich kann Industrie 4.0 alles sein“, so Gamed-Chef Johannes Stimpfl. In einem sind sich aber beide einig: Ein Betrieb muss nicht zu hundert Prozent automatisiert sein, um dieses Prinzip umsetzen zu können. Vor allem in einem groben Umfeld, wie einem Walzwerk sind es am Ende die Menschen, die einen Prozess verbessern.

Auf den Lorbeeren des Awards wollen sich die Kapfenberger nicht ausruhen. „Das sind nur Erkenntnisse, die wir jetzt nutzen wollen, um uns noch weiter zu steigern“, so Markiewicz. Die nächsten Projekte sind bereits im Angriff und sollen noch frequentierter ablaufen. Die Böhler Prozessingenieure wagen dabei auch schon den nächsten Schritt. Der Visual DataXplorer von Gamed, ein Tool, zur mehrdimensionalen Datenanalyse soll vermehrt zum Einsatz kommen. „Dieser übernimmt die Prozess- und Qualitätsdaten des SLS und hilft neue Zusammenhänge zu entdecken“, so Gamed-Chef Stimpfl. Industrie 4.0 als das zu sehen, was es ist, nämlich eine ständiger Verbesserungs-Prozess, das haben die Kapfenberger bewiesen. Gestützt durch IT-Tools sind es letztendlich doch die Mitarbeiter, die ein Unternehmen auf die Pfade von Industrie 4.0 führen.