Bioverpackungen : „Bio“-logisch Verpacken

Ein Blick in die Kühlabteilung eines Supermarktes genügt. Obst, Gemüse, Fleisch und Käse, alles ist verpackt und das gleich in mehrfachen Schichten. Lebensmittel sollen lange haltbar sein, keimfrei und voller Nährstoffe und appetitlich aussehen obendrein. Dass dies nur möglich ist, wenn diese Lebensmittel in hoch entwickelten Verbundstoffen eingepackt sind, wird gern übersehen. „Bio“-logisch Verpacken ist ein neuer Trend, wo Österreichische Unternehmen ganz vorne mitspielen. Grazerin gelang der Bio-Durchbruch.
Der Grazerin Susanne Meininger ist vor zwei Jahren der große Durchbruch gelungen: Die in ihrem Verpackungszentrum Graz entwickelten Netzschläuche aus Buchenholzzellulose waren genau das, worauf die Lebensmittelhändler offenbar warteten. Die Handelsketten Rewe oder Hofer verwenden diese Schläuche seither für die Verpackung von Zwiebeln, Rüben, Erdäpfel oder anderem Gemüse mehr. Plastikverpackungen für Gemüse und andere Lebensmittel sind passé, weiß Susanne Meininger, Geschäftsführerin und Eigentümerin von Verpackungszentrum Graz, das von ihr vor 24 Jahren gegründet wurde und heute mit eindrucksvollen Innovationen auf sich aufmerksam macht. Netzsäcke aus Naturfasern, Holzschliffverpackungen, Pulpeverpackungen, Einwegbesteck aus Holz oder Zellulose, Einweggeschirr aus Zuckerrohrbagasse sind einige der Produkte, die Meininger ihren Kunden zu bieten hat. Neben dem Vertrieb biogener Verpackungen investiert die umtriebige Unternehmerin auch viel Hirnschmalz in die Entwicklung neuer Verpackungsalternativen. Und sie denkt laut, was alles möglich wäre: Schaumstoffe aus Meeresalgen, Biopolymere aus landwirtschaftlichen Abfällen oder Netzverpackungen aus Naturfasern. Buchenholz für die Naturnetze.
Bei alternativen Verpackungen kommt es darauf an, dass sie kompostierbar sind, sich in Warenkreisläufe integrieren lassen und letztlich aus Materialen gefertigt sind, die biologisch abbaubar sind. Zur Abschreckung: Plastik braucht 400 Jahre bis es abgebaut ist. Kompostierfähige Netzschläuche werden aus der Zellulosefaser Modal hergestellt. Für die Rohstoffproduktion wird Buchenholz aus der Durchforstung von Wäldern in Österreich und Europa verwendet. Die heimische Erzeugerorganisation Marchfeldgemüse oder andere Verpackungsbetriebe füllen frisches Biogemüse in die atmungsaktiven Naturnetze, die verhindern, dass Zwiebel oder Erdäpfel gleich austreiben und so für den Konsumenten zwei bis drei Tage länger ansehnlich und genießbar bleiben. Meininger ist stolz auf die von ihr entwickelten Netzschläuche: Sie wurden bereits mit elf nationalen und internationalen Umwelt-, Technologie- Wirtschafts- und Designpreisen ausgezeichnet. In der Verpackungswelt spielen Biokunststoffe eine immer größer werdende Rolle, wobei hier die Entwicklung in Richtung Reststoffe wie beispielsweise Zuckerrübenschnitzel, Molke oder andere biologische Abfälle geht, deren Verarbeitung allerdings aufwendiger ist. „Es muss ein geeigneter Mix aus Mikroorganismen zusammengestellt werden, die in der Lage sind, ein Gemisch aufzuarbeiten“, so Meininger gegenüber Factory. In Zukunft ist weniger mehr, was heißen soll: So wenig wie möglich verpacken und wenn schon einpacken, dann nur Taschen, Sackerln aus nachwachsenden Rohstoffen, weil nach Verwendung kompostierbar. Tiroler entwickeln Bioplastik.
In Schwaz in Tirol entwickelt und produziert die Firma Naturabiomat Verpackungen mit besonderem Blick auf Bioplastik. Trays, in denen das offene Bioobst und Biogemüse im Regal präsentiert wird, werden aus Zuckerrohrfaser gefertigt. Folien aus Holz-, Planzenöl und Milchsäure und Sackerl sowie Tragtaschen aus Mais- oder Kartoffelstärke sind Verpackungen von Naturabiomat. „Die Handelsketten, aber auch die Konsumenten wünschen, das Plastik aus den Regalen verschwindet und durch umweltverträgliche Verpackungen ersetzt wird“, weiß Gerhard Margreiter, Geschäftsführer von Naturabiomat. In Deutschland und Skandinavien geht der Trend ganz klar in Richtung Biokunststoffe. Nicht nur die Supermarktkunden wollen mit bio verpackten Produkten beim Kunden sympathisch und umweltbewusst erscheinen , sondern auch Gemeinden verwenden immer mehr Beutel und Säcke aus Biokunststoffe für die Bioabfallsammlung. Dafür hat Naturabiomat eigens einen Vorsammelbehälter namens AirBox entwickelt. Margreiter denkt, dass in Zukunft Biofolien den Ton angeben werden, natürlich hergestellt aus nachwachsenden Rohstoffen. Dass es eines Tages nur noch Bioverpackungen geben wird, hält er für sehr realistisch. In einem Plastiksackel aus Biokunststoff steckt viel Know-how: Wenn man das Ding unter dem Mikroskop betrachtet, sind Leerräume zu erkennen. Dadurch kann die Folie atmen. Doch eine Folie kann auch luftdicht sein, damit die darin verpackte Ware haltbar bleibt. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Kunststoffen sind Biokunststoffe Stoffe, die zu wesentlichen Teilen aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Je nach Anwendung sind bis zu 100 Prozent Bioanteil technisch möglich; ein weiteres Kriterium ist die biologische Abbaubarkeit, die keiner zeitlichen Beschränkung unterliegt. Blumentöpfe aus Papier.
Bio verpackt werden nicht primär Lebensmittel, sondern auch Blumen, Kräuter und Co. Das im steirischen Albersdorf und vorarlbergischen Hohenems ansässige Unternehmen Meier Verpackungen produziert neuerdings Blumen- und Kräutertöpfe auf Basis von unbedrucktem Papier zusammen mit Bio-Bindemitteln und Wasser. Bio verpacken liegt im Trend, doch gegenüber herkömmlichen Verpackungsmaterialen sind biogene Sackeln, Trays etc. in Produktion und Beschaffung teurer, so Walter Michelitsch, Verkaufsleiter bei Meier in Albersdorf. Zellulose- und Baumwollnetze aus nachwachsenden Rohstoffen für Obst und Gemüse liegen genauso stark im Trend wie kompostierbare Flaschenhalsetiketten auf Zellulose-Basis oder Bio-Schnüre auf Viscose-Basis, die in Glashäusern für Tomatenkulturen verwendet werden. Nicht alle Verpackungen werden in Zukunft kompostierbar sein müssen. Trotz vieler neue bio-Verpackungsideen „wird sich in Zukunft die Masse an Verpackungen im einfacheren und kostengünstigen Bereich bewegen“, schätzt Michelitisch die Entwicklung ein.