Interview : Bachmann electronic: Welche Chance Automatisierer gegen Google haben
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Factory: Herr Steinberger, die Welt ist unruhig geworden. Die europäische Finanzkrise kommt zurück und die internationale Sicherheitslage ist angespannt. Erinnern Sie sich an ähnliche Zeiten?
Anton Steinberger: Mich erinnert die Situation an die Finanzkrise 2008 und 2009 mit ihren gewaltigen Verwerfungen auf den internationalen Finanzmärkten. Wir als Sparkasse Feldkirch haben das aber ganz gut gemeistert, auch wenn einzelne Kunden sogar Geld abgehoben haben und in Safes deponierten.
Die Politik hat die Situation damals entspannt…
Steinberger: Ja, die österreichische Bundesregierung hat eine Garantie für Spareinlagen ausgesprochen. Das hat uns geholfen und die Märkte beruhigt.
Aber gelöst hat die Politik die Krise noch nicht!?
Bernhard Zangerl: Die Nachwehen halten in einigen Märkten immer noch an. Wir verfügen über eine hohe Eigenkapital-decke, und können dadurch auch schwierige Phasen ohne Fremdfinanzierung gut meistern. In den Krisenjahren ist Bachmann sogar gewachsen. Marktverschiebungen nach der Krise waren aber auch bei uns der Anstoß, Prozesse gezielt zu hinterfragen und effizienter zu gestalten. Für uns sind lokale politische Rahmenbedingungen, die sich immer schneller verändern, eine größere Herausforderung.
Was bedeutet das?
Zangerl: Durch neue Gesetze steuern Politiker heute gezielt Branchen. Die Energiewende in Deutschland ist ein gutes Beispiel. Sie schafft für manche Unternehmen positive Anreize, andere stöhnen über die Vorgaben. Der Markt für Biogasanlagen steckt deshalb zum Beispiel in einer Krise.
Vor einigen Jahren sprachen manche schon vom Ende regionaler oder nationaler politischer Macht – war das ein Trugschluss?
Steinberger: Seit der Finanzkrise kämpfen wir mit zahlreichen neuen Regularien, die Sicherheit suggerieren und Kundenorientierung ausbremsen. Wir haben zu viele Gesetze und Vorgaben. Auch gute Bankhäuser mit einer guten Eigenkapitalquote leiden darunter, denn für kleine Banken gelten die gleichen strengen Vorgaben wie für große Institute.
Aber das schafft doch Sicherheit.
Zangerl: Überregulation schafft eine trügerische Sicherheit und ist auch für die Unternehmen eine riesige Last. Politische Rahmenbedingungen müssen praktisch sinnvoll sein. Wir sollten im politischen Prozess öfter mal innehalten und uns fragen: Was ist eigentlich das Ziel?
Aber die Gesellschaft braucht doch neue Gesetze zu Arbeit 4.0 oder zum bedingungslosen Grundeinkommen?
Zangerl: Ich glaube nicht an das bedingungslose Grundeinkommen. Wohlstand und damit Sicherheit kann eine Gesellschaft nur schaffen, wenn Rahmenbedingungen Sinn machen und gleichzeitig Spielräume zugelassen werden. Eine Herausforderung der Zukunft wird aber sicher die Schaffung sinnvoller Rahmenbedingungen für disruptive "digitale” Geschäftsmodelle a la "Uber" oder "Airbnb" sein, ohne jeglichen Fortschritt durch Überregulierung zu ersticken.
In China funktioniert das doch ganz gut.
(Lachen)
Steinberger: Da muss ich widersprechen. Europa ist Weltmeister in der Überregulierung. Gesellschaftlich ist China sehr reguliert, aber wirtschaftlich haben sie dort viel mehr Freiheiten.
Zangerl: Es gibt für alle gesellschaftlichen und ökonomischen Ausrichtungen heute gute und schlechte Beispiele. Die Frage ist, was ist langfristig für uns gut? China können Sie nicht mit Europa vergleichen. Die Ballungszentren gaukeln die westliche Welt vor, aber das Armutsgefälle ist groß. Die politische Herausforderung ist es, die Menschen trotzdem zufrieden zu stellen und für Stabilität zu sorgen. Entscheidungen werden in China viel schneller getroffen, durch Zentralisierung – beispielsweise im Bereich der Windenergienutzung oder beim Ausbau der Elektromobilität.
In Europa haben manche Angst vor chinesischen Investoren. Nach Google und Co. drängen jetzt auch Alibaba oder Midea auf den Markt. Brauchen wir an diesem Punkt denn Regulierung?
Steinberger: Weltpolitische Abschottungspolitik hat negative Auswirkungen auf die Wirtschaft und ist nur eine kurzzeitige Sicherheit. Die Digitalisierung eröffnet allen Unternehmen neue Chancen und Risiken.
Zangerl: Ich habe keine Angst. Innovative, mittelständische Unternehmen sind die stabile Basis für unser Wirtschaftssystem. Wir sind agiler und flexibler als Großkonzerne – das ist unsere Chance.
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Müssen die Großen – auch die großen Mittelständler – lernen mit den kleinen Firmen zusammenarbeiten – entstehen da neue Wertschöpfungsketten?
Zangerl: Ja, wir müssen uns vernetzen, unsere Organisationsformen verändern und dürfen nicht mehr in klassischen Industriehierachien denken.
Steinberger: Bei uns ist das anders. Amazon und Google wollen nicht zu Banken werden. Sie bieten Kreditkarten oder Bezahldienste an, um Daten zu sammeln, denn diese haben einen hohen Wert. Banken sind seit Jahren zuverlässige Datenverwalter und wir machen das gut. Aber Amazon und Google haben mehr Freiheiten als Banken. Das führt zu einer ungleichen Wettbewerbssituation. Wir müssen uns deshalb zusammenschließen – national und international. Unsere Erste Group in Wien beispielsweise entwickelt tolle Online-Banking-Lösungen, wir in Feldkirch beraten vor Ort. Somit sind wir digital und analog unterwegs.
Die deutschen Sparkassen haben das auch versucht und sind mit ihrem Bezahldienst gescheitert. Schuster bleib bei deinem Leisten?
Steinberger: Unser Erste Bank „Hub“ im Campus in Wien forscht auch an diesen Themen – zumeist ohne Banker im Team. Das ist glaube ich hier ein Vorteil.
Und für Bachmann – in der Nische überleben?
Bernhard Zangerl: Nein, in der Nische wachsen und neue Nischen suchen. Große Strukturen sind in der Zukunft eher rückläufig und Kunden fordern immer noch persönliche Ansprechpartner bei Projekten. Das wird an Bedeutung gewinnen: Branchenerfahrung und Wissen um Industrieprozesse haben wir, nicht Google.
Aber die Software entscheidet in Zukunft über Wohl und Wehe in den Prozessen.
Zangerl: Ja, aber um industrietaugliche Software zu entwickeln, müssen Firmen die Industrien und Anwendungen ihrer Kunden kennen. Da haben wir einen Vorsprung. Gleichzeitig schulen wir unsere Mitarbeiter auch auf die Nutzung neuester Technologien. Die Kombination dieser Faktoren führt zu fortschrittlichen Lösungen – das ist die Zukunft.
Zurück zu den sicheren Datenverwaltern. Der "WannaCry" war am Ende nicht so gefährlich wie befürchtet – doch die Schwachstellen bleiben. Was tun?
Steinberger: Das sind unfassbare Veränderungen für uns. Als ich bei der Sparkasse angefangen habe, da kam niemand auf die Idee in Netze einzusteigen. In den 90er- und 2000er-Jahren wurden bei internationalen Banken mittels CDs Kundendaten gestohlen, aber das ist nicht vergleichbar. Heute investieren wir viel Geld in die Sicherheit. Das Hauptproblem ist aber ein unvorsichtiger Bankkunde am Computer.
Müssen Sie Ihre Kunden mehr sensibilisieren, damit sie das Werkspasswort auch wirklich zurücksetzen?
Zangerl: Das Nutzerverhalten in den sozialen Netzwerken ist exhibitionistisch. Die Menschen haben noch nicht gelernt damit umzugehen. Ein zu offener Umgang erleichtert deshalb Einbrüche. Auch wir kämpfen mit Fakemails, die zum Beispiel vermeintliche Überweisungen bewirken sollen. Bei unseren Produkten ist es unsere Verantwortung, dass die Steuerungen die Anlagen schützen – das können wir. Aber Sie haben Recht, viele Kunden nutzen das nicht. Wir schulen deshalb intensiv.
Aber müssen wir für mehr Produktivität nicht etwas mehr Unsicherheit riskieren?
Steinberger: Das muss nicht so sein. Heute ist eigentlich der Mensch noch das Sicherheitsproblem. Aber das wird sich ändern – durch Aufklärung und Bildung.
Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr?
Steinberger: Jugendliche bezahlen heute Schulden über das Smartphone, leihen sich untereinander Geld über eine App. Ja, wir müssen da früh in den Unternehmen ansetzen – nicht um Fortschritt zu behindern, sondern um für unsere Kunden weiterhin als sicherer Finanzpartner und Datenwahrer aufzutreten.
Zangerl: Wir müssen in den Schulen schon anfangen über Sicherheit im Netz zu sprechen. Ich weiß nicht, ob junge Leute heute zu unvorsichtig sind und ältere Menschen zu ungeschickt – wichtig ist, Risiken zu verdeutlichen und Hilfen anzubieten, wie damit umzugehen ist.
Vielen Dank für das Gespräch! Das Gespräch führte Robert Weber.