CNC-Führerschein : Ausbildung: Hier kommt der CNC-Führerschein

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Es ist die berühmte Katze im Sack. Wer heute einen CNC (Computerized Numerical Control)-Facharbeiter sucht, kann sich nie über dessen berufliche Qualität sicher sein. Eine herkömmliche CNC-Ausbildung vermittelt zwar abstraktes Wissen, liegt aber oft nicht nah genug an der betrieblichen Praxis. Gleiches bei Lehrabschlussprüfungen: Das praktische Arbeiten an der CNC-Maschine wird eher theoretisch und mit jahrelang unveränderten Werkstücken geprüft. Für Betriebe bedeutet das ein echtes Glückspiel bei der Wahl von Facharbeitern. Entspricht der Mitarbeiter nicht dem vorausgesetzten Level, beginnt das große Jammern: „Es gäbe keine guten Lehrlinge mehr. Das Niveau der HTLs sinkt.“ Für Andreas Otmischi eine Ausrede. Der Gründer der CNC-Academy in Greifenburg hält nicht viel von diesen ewigen Schuldzuweisungen. Der Kärntner lässt lieber Taten sprechen und holt einen europäischen Standard nach Österreich: den Europäischen CNC-Führerschein E-CNC-DL.

Ausbildner aus Leidenschaft.

„Eigentlich bin ich ein geiziger Mensch“, resümiert Andreas Ottmischi über sich selbst. So recht glauben kann ihm das aber niemand. Seit Jahren engagiert sich der Wahl-Kärntner für die Ausbildung von Jugendlichen im Bereich der Metalltechnik. Vor allem die CNC-Technologie hat es Otmischi angetan. Für ihn der spannendste Beruf der Welt und das obwohl er ursprünglich aus der Betriebswirtschaft kommt. Als er dann zum Geschäftsführer eines Kärntner Präzisionsfertiges wurde, galt die Lehrlingsausbildung schon immer als sein heiligstes Gut. Für seine Lehrlinge nahm er viel Geld in die Hand und investierte 2007 in eine rund 400 Quadratmeter große Halle. Der Grundstein für die heutige CNC-Academy war damit gelegt. Fördergeld gab es keines. Denn Otmischis Konzept passte nicht so recht in die Richtlinien. “Dienstleistung ist keine Wertschöpfung“, räumten die zuständigen Behörden damals ein. Heute ist der Kärntner stolz, dass er es auch ohne finanzielle Unterstützung geschafft hat.

Dass es ein Einzelkämpfer aber nicht immer einfach hat, musste sich auch Otmischi bald eingestehen. Es galt einen starken Partner zu finden. Richtig danach gesucht habe er zwar nie, „das ergab sich eher recht zufällig“, so der Leiter der CNC-Academy. Es war im Jahr 2009 als das HTEC (Haas Technical Education Center)-Konzept von Haas Automation Otmischis Aufmerksamkeit erregte. Mit dem HTEC-Programm will der US-Werkzeugmaschinenhersteller die Ausbildung an modernen CNC-Maschinen vorantreiben. Als Haas sein erstes österreichisches Ausbildungszentrum in Saalfelden eröffnete, waren genau jene Leute anwesend, die heute zu Otmischis Erfolg maßgeblich beitragen. Einer davon: Walter Ehtreiber. Der Geschäftsführer vom Haas Factory Outlet Wematech war sofort von der Ausbildungsinitiative des Kärntners überzeugt und unterstützt ihn seither mit aller Kraft. „Der Beitritt zum HTEC-Netzwerk hat sich auf jeden Fall ausgezahlt“, so Otmischi. Immerhin fünf CNC-Maschinen aus dem Hause Haas stehen heute in Greifenburg und bildeten seitdem über 120 Lehrlinge aus.

CNC-Pionier entwickelt Ausbildungsnorm.

Doch das HTEC-Grand Opening 2009 in Greifenburg sollte Otmischi noch einen ganz anderen Zugang verschaffen. Dort lernte er Siegfried Keller kennen. In der Branche gilt der deutsche CNC-Pionier als charismatisch. Seit dreißig Jahren engagiert sich Keller für die Ausbildung an den computergesteuerten Maschinen. Einst verlor er bei einem Motorradunfall seinen Arm. Normalerweise das berufliches „Aus“ für den gelernten Maschinenschlosser. Die damals noch recht neue CNC-Technologie eröffnete ihm jedoch enorme Möglichkeiten. Er gründete die Firma CNC-Keller und entwickelte eine der heute gängigsten und weltweit eingesetzten CNC-Trainings-Software –Programme: SYMplus. Den Chefsessel seiner Firma. Den Chefsessel seiner Firma Keller-CNC hat der 75jährige längst verlassen. Umtriebig blieb er dennoch. Sein jüngstes Projekt: Der CNC-Führerschein. Zusammen mit dem Zertifizierungsinstitut Dekra entwickelte Keller eine europaweit standardisierte Qualifizierung für Drehen und Fräsen. Eine Premiere, die vor allem bei Otmischi auf offene Ohren stieß. „Er hat geschafft, was viele für unmöglich hielten.“

Für den Kärntner stand fest: Das braucht Österreich auch. 2014 holte er als Generalizenznehmer den Führerschien dann auch in die Alpenrepublik. Kärnten war dabei erster erfolgreicher Referenzmarkt, dicht gefolgt von Tirol. Zusammen mit dem BFI möchte Otmischi sein Konzept aber auf ganz Österreich ausdehnen. „Erste Gespräche mit den Industriehochburgen sind schon am Laufen“, verrät er. Die Vorteile für Klein- und Mittelbetriebe liegen auf der Hand: „Sie müssen weder eigene Maschinenkapazitäten hergeben, noch einen eigenen Lehrlingsausbildern abstellen“, so Otmischi. Gleichzeitig biete der E-CNC-DL eine standardisierte Sicherheit für grundlegendes Praxiswissen.

Voll konzentriert auf CNC-Academy.

Wie Siegfried Keller hat sich auch Andreas Otmischi längst aus dem operativen Geschäft seines Präzisionsbetriebes zurückgezogen. Heute spezialisiert er sich voll und ganz auf seine CNC-Academy. Und zu tun gibt es viel: „Neue Technologien gilt es zu ergänzen“, so der Kärntner. Erst kürzlich integrierte er 3D-Druck als Ergänzung zu CNC in seine Ausbildungsprogramme. Dass das Engagement des Kärntners mittlerweile Wellen schlägt, beweist ein ungewöhnlicher Anruf Anfang des Monats. „Ein Metallbearbeitungsbetrieb aus China wollte seine Ausbildner nach Greifenburg schicken, um sich das Konzept von Otmischi genauer anzusehen. „Ein interessantes und wohl auch verlockendes Angebot“, gibt der Leiter der CNC-Academy zu. Ob er sein Know-how in den fernen Osten weitergeben möchte, weiß der Kärntner aber dann doch noch nicht.