Arbeitswelt : Arbeitsmarkt 4.0: Wie Roboter unsere Welt auf den Kopf stellen

museum Horizontal ABB Roboter
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Die Verdrängung menschlicher Arbeit durch Technologie schürt nachvollziehbare Ängste. Doch so rasant neu sind diese Ängste jedoch nicht. Blicken wir in der Geschichte etwas zurück, so machten schon die Dampfmaschine, das Fließband und der Computer traditionelle Arbeiten obsolet. Trotzdem tobt seit einigen Jahren eine kontroverse, internationale Diskussion zur Zukunft der Arbeit. Gemäß einer viel zitierten Studie der Universität Oxford aus dem Jahr 2013 bestehe für 47 Prozent aller Berufsgruppen im US-amerikanischen Arbeitsmarkt mittelfristig (die nächsten 10 bis 20 Jahren) ein hohes Risiko, durch Fortschritte in der Automatisierung substituiert zu werden. Davon seien aber nicht nur Jobs in der Produktion, sondern auch viele Berufe der Dienstleistungsbranche betroffen, die in den letzten Jahrzehnten noch hohe Zuwächse erzielten. Von diesem Phänomen seien Berufe aus dem kreativen oder sozialen Bereich dagegen am wenigsten betroffen. Ebenso die mit der Digitalisierung verbundene Erosion fester Beschäftigungsverhältnisse greift in den USA immer mehr Platz. So arbeiten rund ein Drittel aller Arbeitskräfte bereits als Freelancer und damit ohne soziale Absicherungen.

Einige bleiben auf der Strecke

Noch mehr Dramatik legt Siemens-Chef Joe Kaeser in die Debatte. Er glaubt, dass einige Menschen mit der Geschwindigkeit des digitalen Wandels nicht Schritt halten können. Da man seiner Meinung jedoch nicht auf diese Menschen warten könne, müsse die Gesellschaft die Verantwortung übernehmen und für sie sorgen. Aus diesem Grunde wäre für ihn „eine Art Grundeinkommen“ völlig unvermeidlich. Denn sehr viele Menschen müssten sich neue Jobs suchen. Zu einem anderen Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die Projektionen bis ins Jahr 2025 wagt: Unter dem Strich fielen mit der Industrie 4.0 kaum Arbeitsplätze weg, aber sie würde eine massive Umschichtung von Jobs auslösen. Nach den Modellrechnungen des IAB würden bis 2025 rund 1,5 Millionen Jobs in Deutschland wegfallen, zugleich aber rund 1,5 Millionen neu entstehen. Das hieße, Hunderttausende müssten sich beruflich völlig neu orientieren.

Jobverluste im produzierenden Gewerbe

Mit Jobverlusten müsse laut IAB besonders das produzierende Gewerbe rechnen. „Es wird hier ein großes Minus geben“, glaubt IAB-Arbeitsmarktforscher Enzo Weber. „Da es bei den Fachkräften schon jetzt große Engpässe gibt, wird dieses Problem durch die Wirtschaft 4.0 eher abgemildert.“ Davon betroffen seien aber auch weniger die Hilfskräfte, die in der Vergangenheit schon zum Teil abgebaut wurden, sondern die klassischen Facharbeiter (z. B. für Maschinensteuerung). Das hieße, viele müssten sich umfassend fortbilden, um eine neue Arbeitsstelle zu finden oder sie zu behalten. Hier ist neben den Unternehmen auch die Arbeitsmarktpolitik mit den Angeboten zu Aus- und Fortbildung gefordert. „Gefragt sind vor allem Mitarbeiter mit IT-Kenntnissen, die in der Lage sind, innovativ und in übergreifenden Prozessen zu denken“, sagt Weber. Der IAB-Arbeitsmarktforscher rechnet ebenso mit einer steigenden Produktivität, höheren Einkommen und mehr Konsumanreizen. Auf diese Weise könnten auch indirekt andere Branchen profitieren und es würden viele neue Jobs entstehen. Nach Meinung des Forschers wäre es fatal, diese Chancen der Digitalisierung ungenutzt zu lassen. Produktionsrückgänge und weitere Arbeitslosigkeit wären nur einige Folgen.