Faserverbund : Apex Engineering: Wie es ein Spin-Off der TU Wien mit den Forschern von Audi aufnimmt
Sein Durchbruch ähnelt einem Paradoxon. 2014, ein Jahr nachdem Richard Zemann sein Spin-Off der TU Wien Apex Engineering gegründet hatte, wollte er es wissen. Vier Entwicklungsingenieure aus der Industrie sollten seinen Faserverbundfedern auf den Zahn fühlen. Zemann wollte beweisen, dass dieses Material nicht nur industrietauglich ist, sondern auch empfindliche Kilos in unterschiedlichsten Produkten schwinden lässt. Letzteres war den Entwicklungsleitern bekannt. Dennoch blieben sie skeptisch gegenüber der Schwester der herkömmlichen Stahlfeder. Das Ermüdungsverhalten der Kohlefaser schmeckte den Ingenieuren nicht. Denn nach 1,3 Millionen Lastwechseln (so eine gängige Norm unter technischen Federn) war es bekanntermaßen vorbei mit der Faserverbundfeder. Dass Richard Zemann schon damals den Gegenbeweis in der Hand hielt, hatte wohl niemand geahnt. Die Apex-Federn schaffen das Unmögliche: „Anstatt zu ermüden, trainieren sie quasi ihre Struktur und erhöhen damit ihre Steifigkeit“, erklärt Zemann die Selbstkonditionierung seiner Federn.
Weg vom Strukturwerkstoff
Seine Affinität zum Leichtbau entdeckte Zemann schon während seines Maschinenbaustudiums an der TU Wien. Der internationale Konstruktionswettbewerb Formula Student sorgte dann für seine ersten praktischen Berührungspunkte. Fünf Tage lang messen sich dabei Studenten aus aller Welt mit ihren selbstkonstruierten Rennwagen beispielsweise am Hockenheimring in Deutschland. Schon 2007 sicherten sich Zemann und sein Team den Preis für das beste Quality Engineering. Seine Faszination für den Faserverbundwerkstoff vertiefte er nochmals, indem er 2013 als erster einen internationalen Benchmark (Fibrecut) für Werkzeuge zur Faserverbundbearbeitung schuf. Eines war dem Wiener dabei schon lange ein Dorn im Auge: „Faserverbund kommt oft nur als Strukturwerkstoff zum Einsatz“, so der Apex-Gründer. Die sogenannten „Black Metal“ Anwendungen für Verkleidungen von Bauteilen, seien fast eine Verschwendung seiner elastischen Eigenschaften. Deshalb auch sein Fokus auf die technische Feder. So trivial diese Bauteile auch erscheinen mögen, kommen sie dennoch - von der Armbanduhr, Messgeräten über das Autofahrwerk bis hin zu CNC-Maschinen, und Raumfahrzeugen - überall vor.
Eine Nische, die auch Audi kennt
Apex hat mit seinem Projektpartner, der Wiener Federnfabrik Tmej, einen Prozess entwickelt, der die Herstellung aller wichtigen Federgestalten erlaubt. Wie das genau funktioniert, verrät Zemann aber nicht. Nur soviel: „Wir stellen zuerst einen dicken Draht her, der danach zu einer schraubenförmigen Feder umgeformt werden kann“, sagt er über den Herstellprozess einer gängigen Schraubenfeder. Dass sich die Unternehmen hier in eine vielversprechende Nische setzen, bewies unlängst Audi. Seit den 80er Jahren forscht eine eigene Spezialabteilung des OEMs intensiv in Sachen Leichtbau. 2012 entdeckten dessen Entwicklungsingenieure fast zeitgleich mit Zemann die Möglichkeiten von Faserverbund als Ersatz für Stahlfedern. Was für Apex Engineering zuerst nach einem gewaltigen Dämpfer aussah, lässt sie heute noch intensiver entwickeln. Denn eines hat das TU-Spin-off dem deutschen Automobilhersteller voraus. „Wir sind wesentlich flexibler und können auch für kleine Losgrößen produzieren“, so Zemann.
Feder für CNC-Maschine
Die Vorteile der Faserverbund-Feder sollen auch den Herstellungsaufwand locker ausgleichen: „Bis zu 80 Prozent weniger Masse bei gleicher Steifigkeit, korrosions- und chemikalienbeständig, kein Spontanversagen und ein wesentlich besseres Dämpfungsverhalten“, zählt Zemann auf. Apex Engineering hat sich aber nicht nur auf die Produktion solcher Faserverbund-Federn spezialisiert. Den Wienern geht es vor allem um die Entwicklung mit einhergehender Prüfung völlig neuer Bauteile. Überall dort, wo Teile rotieren oder sich bewegen kann eine Gewichtsreduktion durch einen Faserverbundwerkstoff für weniger Energiekosten sorgen. „Und das ist ein Verkaufsargument“, so Zemann. Ein Grund warum ein namhafter Hersteller von CNC-Maschinen vor einem Jahr zu ihm kam und um eine neue Feder für eines seiner gängigen Maschinenmodelle bat. Da aber eine Faserverbund-Feder um wenige Millimeter mehr Bauraum braucht, fiel diese Anwendung für die Apex-Federn flach. „Wäre der Hersteller schon in der Entwicklungsphase seiner Maschine zu uns gekommen, hätte das anders ausgesehen“, so Zemann.
Keramikbeschichtung für weniger Verschleiß
Aktuell befindet sich Apex Engineering am Sprung von der Wissenschaft zur industriellen Anwendung. „Bei Prototypen aus dem Schienenfahrzeugbau sind unsere Federn bereits seit einem Jahr im Einsatz“, verrät Zemann. Und ein neues Projekt haben die Wiener auch schon im Auge. Mit einem deutschen Forschungspartner entwickeln sie gerade ein Verfahren, das den mechanischen Verschleiß von Faserverbunden verbessern soll. Eine spezielle Keramikbeschichtung sorgt dafür, dass dort wo Faserverbundteile scheuern, kein Verschleiß entsteht. Auch Glasfaser haben die Wiener als Werkstoff längst für sich entdeckt. Dieser weise zum Teil ebenso interessante Eigenschaften wie Carbon auf.