Dienstleistungsmarkt : 3D Druck: Wie sich ein Waldviertler Druckdienstleister am Markt behauptet
Wer mit kollaborativer Robotik zu tun hat, für den ist Airskin keine Unbekannte. Seit mehreren Jahren sorgt nämlich das Wiener Start-up Blue Danube Robotics mit seiner Sensorhaut für industrielle Furore. Jeder gängige Industrieroboter soll damit zum kollaborativen Arbeitskollegen werden. Die Nachfrage nach der Haut aus dem 3D-Drucker steigt. Gedruckt wird übrigens im Waldviertel. Als reiner Lohnfertiger tritt die Bernstein Innovation GmbH dabei aber nicht auf. Denn schon seit ihrer Gründung vor fünf Jahren haben Jakob und sein Vater Klaus Schmied eines erkannt: Wer am Druckdienstleistermarkt bestehen will, braucht viel Know-how und Drucker-Tuning-Fähigkeiten. Im Fall von Airskin ist damit die serielle Fertigung der berührungssensitiven Verkleidungen für Roboter gelungen – ein Vorzeigeprojekt.
Know-how-Aufbau bei TPU
Die Waldviertler Druckdienstleister haben sich dem Druck mit thermoplastischem Polyurethan (TPU) verschrieben. Damals völliges Neuland. „Wir wollten etwas tun, was noch nicht gemacht wird“, so Schmied. Es folgten also Jahre, in denen man sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzte. „Wir mussten erst damit beginnen, Strukturen und Netzwerke aufzubauen und uns Know-how anzueignen“, erzählt Schmied über die mühsame Anfangszeit. „Und man braucht Leute, die man für das Thema begeistern kann.“ Geschafft haben es die Waldviertler allemal, denn heute gilt das junge Unternehmen als Innovationsführer, wenn es um den 3D-Druck mit flexiblen Werkstoffen geht.
Feintuning bei den Druckern
Dass die Roboterhaut Airskin heute für Blue Danube Robotics in Serie produziert werden kann, ist also unter anderem dem Know-how der Waldviertler zu verdanken. Doch was war die Herausforderung dabei? Bei Airskin handelt es sich um eine weiche Hülle für den Roboter. Bei Berührung lassen unzählige Sensoren und ein Mechanismus den Roboter in wenigen Millisekunden zum Stillstand kommen. Damit dieses Prinzip funktioniert, wird die gedruckte Hülle mit einem luftdichten Lack beschichtet. Airskin ist herstellerunabhängig, das heißt wiederum sehr viele unterschiedliche „Hauttypen“. Komplexität in Serie also. „Aber genau das ist unsere Spezialität: Je komplexer, desto besser“, so Schmied, der sein Unternehmen mittlerweile als Entwicklungs- und Produktionsdienstleister sieht. Dass Drucker von der Stange dafür nicht reichen, ist klar. Deswegen verpassen die Waldviertler ihren Maschinen gerne ein Feintuning. „Eigentlich wie beim Auto“, vergleicht es Schmied. „Die Geschwindigkeiten werden erhöht. Die Drucker dahingehend modifiziert, dass sie genauer arbeiten und weniger wartungsintensiv sind.“
Prognosen sind schwierig
Momentan ist übrigens die Methode des selektiven selektiven Lasersinterns (SLS) für Bernstein Innovation die beste Wahl. Eine Neuorientierung schließt Schmied aber nicht aus. Immer offen bleiben für Neues und sich von neuen Entwicklungen auch ein wenig treiben zu lassen, sei in der 3D-Druckbranche generell wichtig: „Man muss eine gute Balance zwischen Risiko und Stabilität finden und im Auge haben, wie sich die Branche entwickelt.“ Auf eine Prognose lässt sich der Waldviertler Druckdienstleister dennoch nicht ein. „Es wäre wie Kaffeesudlesen, wenn ich eine Prognose abgeben würde. Es gibt so viele Faktoren, die hier eine Rolle spielen, auch die weltpolitischen Entwicklungen.“
Von Schienbeinschonern bis Skateboardreifen
Mittlerweile gibt es schon eine ganze Reihe an Projekten, die die Waldviertler Hallen verlassen. Zwei kommen aus der Sportbranche: So produziert Bernstein Innovation den ersten Schienbeinschoner der Welt, der mittels 3D-Scan und 3D-Druck an die Schienbeine des Kunden angepasst wird. Außerdem hat das Unternehmen eine neue Art des Reifens für ein Skateboard aus TPU gedruckt. Deren großer Vorteil ist, dass sie als Dämpfungselement dienen. Bei Belastung verformt sich das Material und federt die Kraftspitze ab, danach geht es in seine Ausgangsform zurück.
Bildungsthema stiefmütterlich behandelt
Dass der 3D-Druck einmal traditionelle Verfahren vom Markt verdrängen könnte, glaubt man im Waldviertel übrigens nicht. Koexistenz ist das Zauberwort, das hier die Runde macht. Auf den anstehenden Generationenwechsel in den Vorstandsetagen freut sich der Jungunternehmer dennoch. Er wittert darin zusätzlichen Schwung für seine Branche. „Gerade im deutschsprachigen Raum gibt es derzeit viele Ältere in entscheidenden Positionen, die lieber auf Altbewährtes setzen und nicht so risikoaffin sind“, sagt der 3D-Druck-Pionier. „Wenn wir vorankommen wollen, müssen wir diese alten Strukturen aufbrechen.“ Das gelte übrigens auch für die Aus- und Weiterbildung. „Das Potenzial des 3D-Drucks ist enorm. Wir brauchen aber auch Leute, die sich dabei auskennen“, so Schmied. Ein Thema, das in Österreich gar stiefmütterlich behandelt werde.