Werkzeugmaschinen : Wie Schaeffler Spindelausfälle reduzieren will

Spindelsensorik Schaeffler
© Schaeffler

Der größte Anteil an Werkzeugmaschinen-Ausfällen ist auf defekte Spindeln zurückzuführen, insbesondere auf Spindellagerschäden verursacht durch Crash (Kollision) und andauernde aber unentdeckte Überlastung. Beispielsweise kann ein Auffahren des Werkzeuges auf das Werkstück zur Beschädigung der Spindellager und weiterer Komponenten in der Spindel führen. Im Fräsbetrieb erzeugt die Kombination von hohen Radiallasten, lang auskragenden Werkzeugen und hohen Drehzahlen speziell am werkzeugnahen Spindellager große Belastungen und ungünstige kinematische Verhältnisse. In Extremfällen sind dann kurzfristige Lagerausfälle möglich. Aus diesem Zusammenhang entwickelten die Schaeffler-Ingenieure ein System mit dem Ziel, Spindel-Ausfälle zu reduzieren, indem eine sehr schnelle Abschaltung der Spindel bei Crash-Situationen möglich wird.

Verlagerung der Spindel als Maß für die Wälzkontaktbelastung

Das komplett neu und spezifisch für diesen Einsatz entwickelte Sensorsystem misst mit einer hohen Auflösung die Verlagerung der Spindelwelle unter Last in fünf Raumrichtungen – drei translatorisch und zwei rotatorisch. Daraus sind mit dem entsprechenden Wälzlager-Know-how die kinematischen Bedingungen im Lager und daraus die betriebsrelevanten Größen wie Pressung, Bohr-Roll-Verhältnis und Käfigtaschenspiel eindeutig berechenbar. Übersteigen die gemessenen Einfederungen an den Wälzkörpern eine spezifische Schwelle, wird vom Sensorring ein elektrisches Warnsignal an die Maschinensteuerung ausgegeben. Die Schwelle wird für jeden Spindel- und Maschinentyp individuell festgelegt. Der Schwellenwert lässt sich auch für andere Antriebskomponenten individuell festlegen, die eine niedrigere Belastungsgrenze als die Spindel haben und deren Belastung mit der der Spindel korreliert.

Eine weitere Besonderheit in Zeiten des Cloud-Computing: Die gesamte Software und alle erforderlichen Algorithmen sind in die Sensorik integriert. Das bedeutet, es sind keine weiteren Komponenten für das System notwendig. Das System ist lokal funktionsfähig und gibt ein individualisiertes Warnsignal an die Maschinensteuerung aus, das folgende Einsatzzwecke ermöglicht:

Detektion eines Crashs (Kollision): Die Sensorik ist in der Lage innerhalb von 2ms eine Überlastung an einem digitalen Ausgang anzuzeigen. Durch eine schnelle Abschaltung des Antriebes können so schwere Folgeschäden minimiert oder gar verhindert werden.

Langzeitschutz für die Werkzeugmaschinenspindel: In der Praxis werden dauerhafte mechanische Überlastungen der Spindellager z. B. beim Schruppen mit einem verschlissenen Werkzeug nicht sofort erkannt. Löst das System bei diesem oder einem ähnlichen Szenario ein Warnsignal aus, kann der Betreiber das Bearbeitungsprogramm sehr frühzeitig schon nach Teil 1 modifizieren und die Spindelbelastung durch ein neues Werkzeug, veränderte Schnittwerte oder auch durch einen besser geeigneten Werkzeugtyp reduzieren. Er erreicht damit geringere Spitzenlasten, reduziert deren Anzahl und profitiert so von einer längeren Gebrauchsdauer der Spindel mit geringeren Ausfallzeiten der Werkzeugmaschine. Am Ende bedeutet das für den Betreiber mehr Produktionszeit und weniger Reparaturkosten.

Die Schaeffler-Ingenieure entwickelten auch ein neues Analyse-Tool für die Optimierung der Spindelauslastung. Bei diesem System wird nicht nur ein Schwellenwert ausgegeben, sondern das beim Bearbeitungsprozess vom Sensorring gemessene Einfederungs-Kollektiv über der Zeitachse visualisiert. Erstmals wird der Maschinenbetreiber mit sehr hoher Genauigkeit wissen, mit wieviel Prozent er seine Spindel bei welcher Bearbeitung mechanisch auslastet. Er kann nun noch gezielter den Bearbeitungsprozess der Maschine hinsichtlich Auslastung und Gebrauchsdauer verändern. Trotz hoher Spindelbelastung werden schädliche Überlastungen vermieden. Der Betreiber erhöht durch den sichereren Betrieb im Grenzbereich nicht nur seine Produktivität, sondern profitiert gleichzeitig von einer längeren Gebrauchsdauer der Spindel und von weniger Maschinenausfällen.