Leichtbau : Wie Peak Technology Raketen leicht macht

Peak Technology Dieter Grebner Robert Greinender
© WKOÖ/Simlinger

Es ist rund fünf Kilogramm schwer, rund 70 Zentimeter lang, zylindrisch und aus zehn Kilometern Kohlefaser gewickelt. Das so genannte „Zündergehäuse“ für die zweite Raketenstufe (Zefiro 40) der europäischen Trägerrakete Vega C kommt von Peak Technology, einem innovativen Gewerbebetrieb aus Holzhausen.Mit einem Adapterring ist das Zündergehäuse unmittelbar im Raketenmotor der Zefiro 40 fixiert. Gefüllt ist es mit rund fünf Kilogramm Festbrennstoff. Dieser wird elektronisch gezündet und leitet so binnen drei Zehntelsekunden die Verbrennung der 36,2 Tonnen Festbrennstoff der Raketenstufe Zefiro 40 ein. Mit einer Brenndauer von 92,9 Sekunden erzeugt Zefiro 40 einen Schub von 1.304 Kilonewton. Das übertrifft die maximale Antriebskraft von vier modernen Passagierflugzeugen. Damit wird die 35 Meter hohe und 210 Tonnen schwere Rakete von etwa 50 Kilometern Höhe auf 100 Kilometer über dem Meeresspiegel katapultiert.

Prüfstand-Test auf Sardinien

„Mit Entwicklungen für die Raumfahrt befinden wir uns in der Königsklasse des Leichtbaus“, freut sich Peak-Gründer und -Geschäftsführer Dieter Grebner über die Herausforderung für sein Team. Wie gut dieses damit umgehen kann, zeigt ein Prüfstand-Test von Zefiro 40 samt Peak-Zündergehäuse, der im März 2018 auf Sardinien erfolgreich durchgeführt wurde. Unterdessen entwickelt Peak Technology bereits ein neues Zündergehäuse für die dritte Raketenstufe Zefiro 9. Diese treibt die Vega C, nachdem die zweite Stufe abgebrannt und ausgeklinkt ist, binnen zwei Minuten von 100 Kilometern über dem Meeresspiegel auf 250 Kilometer. Dabei erreicht die Trägerrakete die Höchstgeschwindigkeit von 28.000 km/h. „Auch mit dem Zündergehäuse dafür sind wir schon in der Prototypenphase“, erklärt Grebner, der Peak vor mittlerweile 12 Jahren gegründet hat. Die vierte Raketenstufe – auch Endstufe genannt – schießt die Vega schließlich in eine rund 700 Kilometer entfernte Umlaufbahn. Auch dabei wird eine Peak-Entwicklung eine Rolle spielen. Die drei sogenannten „Aero Thermal Covers“, welche die Steuerungsdüsen der Rakete vor der Reibungshitze durch die hohe Geschwindigkeit schützen, befinden sind bereits in der Protoytypenphase. „Vielleicht ersetzen wir diesen Schutz, der bisher aus Titan gefertigt wurde und 400 Grad Celsius standhalten muss, zukünftig ebenfalls durch Komponenten aus Kohlefaser“, erklärt Grebner.

Vega-Jungfernflug für 2020 geplant

Mit ihren insgesamt vier Raketenstufen bringt die Vega C, die Teil der bislang kleinsten europäischen Trägerraketen-Generation ist, einen oder mehrere Erdbeobachtungs-Satelliten mit einem Gesamtgewicht bis zu 2,5 Tonnen in eine erdnahe Umlaufbahn. Der Erstflug der Vega erfolgte 2012. Schon 2020 soll der Jungfernflug der zweiten Generation, der Vega C (Consolidated), vom Raketenstartplatz Kourou in Französisch Guayana erfolgen. Wie schon Vega wird auch Vega C vom italienischen Raumfahrtunternehmen Avio mit Sitz in Colleferro bei Rom entwickelt und ist ein Projekt der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Gegenüber der Vega zeichnet sich die Vega C durch reduzierte Kosten, sowie verbesserte Leistung und höhere Nutzlast aus. Unternehmen aus zwölf weiteren europäischen Ländern sind daran beteiligt – unter ihnen Peak Technology als einziges Unternehmen aus Österreich.

Talentiertes Leichtgewicht aus Österreich

„Ersetzt man Metallbauteile durch Komponenten aus Karbon oder Kohlefaser, ist eine Gewichtsreduktion von bis zu 70 Prozent möglich“, erklärt Robert Greinecker. Als Head of Sales Aerospace bei Peak leitet Greinecker auch das Projektmanagement für Vega C. Neben den Gewichtsvorgaben enthalten die Pflichtenhefte der Kunden natürlich auch eine lange Liste an detaillierten Spezifikationen zu äußeren Lasten, Vibrationen, zur Steifigkeit, Hitze- und Druckbeständigkeit. „Im Falle der Vega C müssen unsere Gehäuse bei der Zündung einem Druck von 130 bar und einer Temperatur von bis zu 3.000 Grad CelsiusStand halten“, präzisiert Greinecker. EntsprechendeExpertise hat sich das 25-köpfigen Entwicklerteam bei Peak schon beim Bau von Hochdruckspeichern bis 700 bar für die Luftfahrtindustrie, Motorsport oder zur Wasserstoffspeicherung angeeignet.

Wickelbauteil aus Industrieofen

Rund zehn Stunden dauert es, bis die von den Peak-Konstrukteuren entworfenen Zündergehäuse fertig gewickelt sind. Was langsam klingt, ist in Wirklichkeit unerreichtes Tempo. „Unsere 6-achsigen Wickelroboter arbeiten mit einer von Peak Technology selbst entwickelten Steuerung und Fadenführung. Damit sind sie schneller und deutlich präziser als konventionelle Wickelmaschinen“, erklärt Greinecker. Die Kohlefaser kommt von Produzenten aus Japan. Da diese bereits vorimprägniert ist, kommen die Wickelbauteile anschließend in einen industriellen Ofen, in dem sie bei etwa 150 Grad Celsius aushärten. Auf der CNC Maschine werden anschließend jene sechs münzgroßen Öffnungen gefräst, durch die nach der Zündung jene Flammen schlagen, welche die – zweite und dritte – Raketenstufe in Gang setzen.

Raketenstart mit doppeltem Schub

Wann genau der Jungfernflug der Vega C im Jahr 2020 stattfinden wird, steht noch nicht fest. Fest steht für Dieter Grebner jedoch schon jetzt, dass sich in der Weiterentwicklung der Vega Trägerraketen noch weitere Komponenten von Peak Technology befinden werden. Schubkraft erwartet sich der Gründer und Geschäftsführer durch das prestigeträchtige Vega-Projekt auch im Recruiting. „Weil es in der Kunststofftechnik und im Leichtbau eklatanten Fachkräftemangel gibt, ist es für uns tatsächlich eine der größten Herausforderungen, gute Mitarbeiter zu bekommen.“ Mit dem Raketenprojekt Vega dürfte Peak Technology dafür zusätzliche Attraktivität gewinnen.