Prüftechnik : Wie Fraunhofer ein Prüfsystem in den 3D-Druck integriert

Fraunhofer IKTS Beatrice Bendjus
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Beim 3D-Druck von hochwertigen Bauteilen kommt es immer wieder einmal zu Fehlern oder Unregelmäßigkeiten. Um solche Probleme rechtzeitig zu erkennen und so unnötige Kosten einzusparen, entwickelt aktuell das Fraunhofer Institut in dem Projekt „AddiLine“ ein in den 3D-Druckablauf integrierbares Prüfsystem. Mit dieser Inline-Prozesskontrolle in Echtzeit soll eine hohe Prozess-Stabilität und Qualität der zu druckenden Bauteile erzielt werden. Bisherige Inline-Lösungen produzieren viel zu hohe Datenmengen, welche zur Auswertung zu viel Zeit in Anspruch nehmen und im Drucker zu viel Platz beanspruchen. Gleichzeitig sind diese Lösungen nicht in der Lage, definierte Materialparameter – wie zum Beispiel Porosität oder Defekte – zu prüfen und mit dem laufenden Fertigungsprozess abzustimmen.

Zwei Komponenten von „AddiLine“

Ziel des Projekts „AddiLine“ ist die Entwicklung eines Mess-Systems mit zwei wesentlichen Komponenten. Die erste Komponente überprüft per Lichtschranke, ob das Material den Drucker tatsächlich verlässt. Damit sich keine Lufteinschlüsse bilden, ist dies für eine korrekte Anbindung der Materialtropfen untereinander zwingend notwendig. Die zweite Komponente nennt sich integrierte Laser-Speckle-Photometrie (LSP). Hier werden die zuvor festgelegten Parameter der entstehenden Struktur berührungslos und in Echtzeit geprüft. Dieses neuartige Verfahren LSP wurde am Fraunhofer IKTS für die Inline-Überwachung industrieller Prozesse entwickelt. Das kostengünstige System basiert auf der Auswertung der zeitlichen Veränderung von Speckle-Mustern (deutsch Sprenkelungen), analysiert Oberflächeneigenschaften und ermöglicht es, Porosität und Oberflächendefekte für eine Vielzahl von Materialien ohne großen Aufwand zu bestimmen.

„AddiLine“ sieht alles

Speckle-Muster erscheinen, wenn eine raue Oberfläche mit einer kohärenten Lichtquelle bestrahlt wird. Auf diese Weise entsteht eine räumliche Struktur mit zufällig verteilten Intensitäten, die sich per CMOS-Chip auslesen lassen. Wird das untersuchte Objekt zudem thermisch oder mechanisch angeregt, können durch selbst geringste Veränderungen der Speckle-Muster Rückschlüsse auf Materialeigenschaften gezogen werden. „AddiLine“ erkennt so Bauteilverformungen, die für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar sind, und bestimmt die dadurch hervorgerufenen mechanischen Spannungen. Kurz gesagt: Die Laser-Speckle-Photometrie (LSP) wertet die lokalen Interferenzmuster der Prüflinge aus und ermittelt daraus die Materialbelastung. Das am Fraunhofer IKTS entwickelte System besteht aus Sensor, Elektronik, Hard- und Software sowie der Algorithmus für die Auswertung. Durch den modularen Aufbau kann die Prüfmethode an eine Vielzahl von Problemstellungen angepasst werden.

Weiterentwickelte Laser-Speckle-Photometrie

Wobei es sich bei LSP nicht um eine völlig neue Technologie handelt. Denn Speckle-Muster sind bereits seit den 1960er Jahren für die Bewertung qualitätsrelevanter Werkstoffgrößen und Defekte im Einsatz. Neu ist daran, dass die am Fraunhofer IKTS entwickelte Laser-Speckle-Photometrie im Vergleich zu den herkömmlichen Speckle-basierten Verfahren ohne Referenzstrahlen auskommt. Diese Weiterentwicklung erlaubt einen einfachen und zugleich robusten Aufbau, der sehr leicht in die Prozessleittechnik integriert werden kann. Die Messung und Berechnung der ermittelten Daten erfolgen in Echtzeit. Aktuell gibt es sonst kein weiteres Verfahren, dass die Stressbedingungen und Fehler in der Aufbau- und Verbindungstechnik inline abbilden kann.

Zerstörungsfreie Prüfmethode

Im industriellen Wettbewerb bringt das klare Vorteile: Kostensenkung durch Inline-Qualitätssicherung, Zeitersparnisse und vor allem intakte Bauteile, die während der Qualitätssicherung nicht zerstört werden müssen. Insgesamt kann der Anwender obendrein nachhaltiger wirtschaften. Diese zerstörungsfreie Prüfmethode eignet sich neben additiven Verfahren auch für eine Vielzahl weiterer Anwendungen in der Prozessüberwachung und -steuerung. Zum Beispiel für die Bestimmung, Fehleranalyse und Vermessung des Edelmetallgehaltes beim Mikro-Laserauftragsschweißen. Oder für biologische Prozesse: Ein vollautomatischer, nichtinvasiver Sensor, der die Biomassekonzentration und wichtige morphologische Parameter in biologischen Systemen kontrolliert.

Neuartige additive Fertigungstechnologie

Um den Einsatz von „AddiLine“ unter Produktionsbedingungen zu testen, wird das modulare System mit beiden Komponenten in eine T3DP-Anlage integriert. „Der Anlagendemonstrator bildet so die Grundlage für eine völlig neuartige additive Fertigungstechnologie, die die Herstellung für ein breites Materialspektrum von hochwertigen Single- und Multimaterial-Bauteilen ermöglicht“, erklärt Beatrice Bendjus, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IKTS. Neben dem Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS sind die Industriepartner Hoyer Montagetechnik, Vermes Microdispensing, Thomas Werner Industrielle Elektronik und viimagic mit an Bord. Mit „AddiLine“ will das Team neue Impulse für den Einsatz des Verfahrens in der Keramikindustrie, für Bohr- und Fräswerkzeuge, aber auch in der Medizin sowie im Maschinen- und Anlagenbau geben.