Instandhaltung : Wie Biohort seine Instandhaltung reorganisierte

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Eigentlich war die Situation bei Biohort ein Luxusproblem: „Unsere positive Auftragslage machte es dringend notwendig, die Anlagen mit hochtechnologischen Maschinen deutlich zu erweitern“, erklärt Gerhard Wolkerstorfer, stellvertretender Betriebsleiter bei der Biohort GmbH. „Da unsere Anlagenbediener gleichzeitig auch die Instandhaltung der Maschinen übernahmen, war selbst der versierteste Mitarbeiter irgendwann damit überfordert.“ Als das Unternehmen noch einen weiteren, neuen Hersteller für Stanztechnik in die maschinellen Anlagen aufnahm und sich die Abläufe für die Mitarbeiter dadurch noch zusätzlich komplexer gestalteten, lag die Entscheidung nahe, die Instandhaltung aufbauorganisatorisch in einer eigenständigen Abteilung zusammenzufassen. Diese sollte wiederum der bereits bestehenden Technikabteilung und ihren Aufgaben des Basisengineerings bzw. der Automatisierung unterstellt werden. Damit wollte Biohort die Zusammenarbeit im Bereich Wartung und autonomer Instandhaltung besser in den Griff bekommen.

Tipp der Redaktion: Mehr zur Reorganisation von Biohort gibt es auf der 6. Instandhaltungskonferenz (12.11.) in Linz zu hören. Info, Programm und Anmeldung hier.

„Zunächst klärten wir ab, in welchen Bereichen unserer Fertigung wir überhaupt eine Instandhaltung brauchen“, so Wolkerstorfer. „Dazu gehören auf jeden Fall Kernbereiche wie zum Beispiel die Haustechnik, Elektrik und Elektronik. Es stellte sich jedoch sehr schnell heraus, dass wir uns hinsichtlich der Robotik, Programmierung, aber auch bei der Anlagen- und Stanztechnik noch zusätzliches Know-how aneignen mussten.“ Dank der Angliederung an die Technikabteilung konnte das nötige Know-how schnell in die Instandhaltung eingebracht werden. Seit ein paar Monaten arbeitet dort ein Pool von sieben Mitarbeitern, die sehr flexibel in den verschiedensten Gebieten einsetzbar sind. Für den zügigen Aufbau der Abteilung war dieser Know-how-Transfer ein ganz entscheidender Schritt.

Reorganisation der Instandhaltung

Bisher wirkten sich vor allem die Stör- und Ausfälle am Anfang der Fertigungslinie fatal auf die nachfolgenden Prozesse aus. „Alle Rohstoffe, die der Produktion zugeführt werden, müssen in den ersten beiden Stationen schnellstens und absolut perfekt verarbeitet werden, denn aus dem Rohmaterial wird bereits hier ein Halbfertig- oder teilweise sogar ein Fertigteil“, erklärt Wolkerstorfer. „Das stellt die Instandhaltung vor eine große Herausforderung.“ Um unnötige Störfälle zu vermeiden, beziehungsweise zu verkürzen, braucht Biohort gerade für diese Fertigungsbereiche eine sehr hohe Prozesszuverlässigkeit. Dies sollte mit einem einfachen, leicht bedienbaren und auf das Wesentliche beschränkten Monitoring-System mit hoher Datengenauigkeit erreicht werden. Die Instandhaltung darf also nicht - so wie es früher ohne autonomer Instandhaltung der Fall war - erst dann ins Spiel gebracht werden, wenn der Defekt vom Anlagenbediener entdeckt wird. Ganz im Gegenteil: Sie muss vielmehr deutlich früher ansetzen.

Hilfe von Linzer Big Data-Start-up

Dafür holte sich Biohort das Linzer Start-up kpibench ins Boot: „Mit unserer speziell für Biohort angepassten Monitoring-Lösung können Maschinendaten zum Beispiel für Produktionskennzahlen oder Störgrundanalysen erhoben werden“, verdeutlicht Wolfgang Hafenscher, Co-Founder und CEO der kpibench GmbH. „Über Sensorik-Elemente sind wir in der Lage, lückenlos, zu 100 Prozent automatisiert, den Zustand der Anlage zu verfolgen. Das heißt, auf einer übersichtlichen Programmoberfläche kann der Nutzer nun alle relevanten Informationen ablesen, die an der Maschine ablaufen. Kein Mitarbeiter muss zu diesem Zweck eine Eingabe vornehmen.“ Für das Projekt wurde vorab von kpibench ein Proof of Concept erarbeitet, das die technischen als auch inhaltlichen Vorgaben des Kunden sicherstellt. Danach ging es gleich in die laufende Nutzung. Für das Handling der Daten kam eine Cloud-Lösung zum Einsatz, die den Faktor Zeit ideal ausspielte: Dank der Cloud-Lösung verging von der Entscheidung bis zur Installation im Grunde nur ein Tag. An nur einem Tag waren also die Maschinen angebunden und die Daten eingepflegt. Wobei in der Anfangsphase des Projekts noch einige Learnings gemacht und die Nutzung weiter optimiert werden mussten. „Für das holten wir auch alle Kollegen mit an Bord. Nicht nur jene, die am Anfang während des Testlaufs eingebunden waren“, so Hafenscher. „Die neue Arbeitsweise sollte gleich dem gesamten Team vorgestellt werden.“

Fehleranalyse und -behebung

Für den Fall, dass es nun zu einem Stillstand in einem spezifischen Bereich kommt, kann der Maschinenbediener jetzt direkt und gezielter ansetzen, indem er mit den ausgewiesenen Daten eine Meldung an die neu geschaffene Instandhaltung schickt. Das geht mit ganz wenigen Klicks auf beliebigen Geräten, wobei die Monitoring-Lösung natürlich auch mobil aus der Ferne verwendet werden kann. Zusätzlich erfolgt automatisch durch das System ein Eintrag in der Dokumentation des Systems. Früher konnten laut Wolkerstorfer Probleme, die während einer vorhergehenden Schicht auftraten, in der folgenden nur mühsam analysiert und gelöst werden, da zwischen den Kollegen der Schichten kein oder kaum Austausch möglich war. Mit einer lückenlosen Dokumentation verkürzt sich die Problemsuche und eine wesentlich zielgerichtetere Vorgehensweise entsteht.

Mitarbeitereinsatz besser koordinieren

„Ein Blick in die Daten-History zeigte uns, dass ein bestimmter ‚kleiner Defekt‘ an einer Stanze für uns überraschend immer wieder auftrat“, erzählt Wolkerstorfer. „So stellte sich schnell heraus, dass jene Anlage im Vergleich zu anderen spezifische Verschleißteile aufweist. Diese kostbare Information nahmen wir sogleich in unseren Wartungsplan auf. Das beweist einmal mehr, dass die Dokumentation jetzt in der richtigen Abteilung abgelegt ist. Bei mittlerweile über 330 Mitarbeitern ist das für uns sehr wichtig.“ Damit spart sich das Unternehmen enorme Kosten ein. Nicht nur, weil die Maschinenverfügbarkeit optimiert und für zusätzliche Nacharbeiten Zeit und Geld eingespart wurde, sondern auch die Produktqualität verbesserte sich. „Wir können jetzt mit der neuen Lösung auch den Mitarbeitereinsatz besser koordinieren, das ist ebenfalls ein ganz wesentlicher Faktor“, bestätigt Wolkerstorfer. „Das heißt, wann brauche ich wie viel Mitarbeiter für meine Anlagen. Mit den Auswertungen von kpibench können wir dazu recht schnell genauere Aussagen machen und wichtige Entscheidungen treffen.“

Fazit zur Reorganisation

Die neu gebildete Abteilung für Instandhaltung mit ihren sieben Mitarbeitern rechnet sich für Biohort bereits durch entsprechende Qualitätssteigerungen auf der Produktseite, aber auch durch eine sehr einfache Bedienung sowie deutlich erhöhte Produktionszeiten. Insgesamt schätzt das Unternehmen die Steigerung der Produktivität auf Grund der beschleunigten Abläufe durch die autonome Instandhaltung auf rund 10 Prozent. Der Zuwachs ist vor allem der neuen Abteilung zuzurechnen.

Tipp der Redaktion: Mehr zur Reorganisation von Biohort gibt es auf der 6. Instandhaltungskonferenz (12.11.) in Linz zu hören. Info, Programm und Anmeldung hier.