Wirtschaftspolitik : Übernahmen: So will sich Deutschland künftig vor China schützen

accessories art asia asian background beautiful beauty black china closeup concept costume creativity culture decoration decorative design exotic face fashion female flower geisha girl hair japan japanese kimono makeup oriental pink portrait real red sad sakura studio style traditional white woman accessories art asia asian background beautiful beauty black china closeup concept costume creativity culture decoration decorative design exotic face fashion female flower geisha girl hair japan japanese kimono makeup oriental pink portrait real red sad sakura studio style traditional white woman
© iordani - stock.adobe.com

Die deutsche Regierung will künftig schon kleinere Beteiligungen ausländischer Investoren an deutschen Unternehmen auf eine mögliche Gefährdung von Sicherheitsinteressen abklopfen. Die Prüfung solle bereits bei einem geplanten Anteilspaket von 15 Prozent erfolgen können, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag aus dem deutschen Wirtschaftsministerium.

USA schützen bereits ihre IT-Kronjuwelen im Silicon Valley

Bisher liegt der Schwellenwert bei 25 Prozent. "So können unsere nationalen Sicherheitsinteressen und Belange der öffentlichen Ordnung und Sicherheit besser geschützt werden", hieß es zur Begründung. "Das gehört zu einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft dazu." Das geänderte Gesetz könnte noch heuer in Kraft treten. Eine entsprechende Novelle der Außenwirtschaftsverordnung wird derzeit zwischen den Ministerien abgestimmt. In den USA kann übrigens der Präsident ohne Angabe von Gründen – nur mit dem Hinweis auf das nationale Interesse – jeglichen Deal untersagen. Dies macht die Trump-Regierung gerade im Silicon Valley deutlich. Weil einige Geldgeber dort zu enge Verbindungen zu Fonds der chinesischen Regierung haben, will die USA diese Transfers blockieren. Die Regierung wolle damit ihre "Kronjuwelen" des amerikanischen intellektuellen Eigentums verteidigen, heißt es.

Imagefilm von Leitfeld Metal Spinning: Die Leifeld Metal Spinning AG ist ein weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung und Fertigung von Werkzeugmaschinen der spanlosen Metallumformung.

Übernahme von Maschinenbauer Leitfeld Metal Spinning scheiterte

Firmenübernahmen durch Erwerber außerhalb der EU haben in Deutschland zugenommen. "Grundsätzlich ist das begrüßenswert und kein Anlass, dass sich der Staat hier einmischt", hieß es im CDU-geführten Ministerium. "Bei verteidigungsrelevanten Unternehmen, kritischen Infrastrukturen oder im Bereich bestimmter anderer ziviler sicherheitsrelevanter Technologien, etwa im Bereich der IT-Sicherheit, ist es jedoch notwendig, künftig genauer prüfen zu dürfen und achtsam zu sein." Die deutsche Regierung hatte sich zuletzt die Möglichkeit vorbehalten, notfalls die Übernahme des westfälischen Maschinenbauers Leifeld Metal Spinning durch einen chinesischen Investor zu verbieten. Das Unternehmen selbst blies das Vorhaben jedoch wegen politischer Bedenken in Berlin kurzfristig ab.

Auch in der EU nehmen Bestrebungen zu

Das Außenwirtschaftsrecht bietet derzeit die Möglichkeit, dass die deutsche Regierung ein Veto gegen den Verkauf von 25 Prozent oder mehr einer deutschen Firma durch einen Investor aus dem Nicht-EU-Ausland einlegt. "Diese Schwelle wollen wir jetzt absenken, um in sensiblen Wirtschaftsbereichen mehr Erwerbsfälle überprüfen zu können", sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier der Zeitung "Die Welt" (Dienstagausgabe). "Natürlich wollen wir, dass Unternehmen weiterhin in Deutschland investieren." Die Regierung müsse aber vorsichtig sein, wenn nationale Sicherheitsinteressen berührt seien.

Auch in der EU gibt es Bestrebungen, sich gemeinsam besser vor dem Verkauf wichtiger Firmen und Technologien zu schützen. Im Blick haben die Staaten dabei vor allem chinesische Konzerne. Während chinesischen Investoren hierzulande freier Marktzugang geboten wird, schützt die chinesische Regierung strategische Industrien bewusst vor ausländischem Zugriff. Das kritisierte kürzlich eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung. Immer lauter werden also die Stimmen innerhalb der EU, die fordern die eigene Industrie zu schützen. Auch Roland Feichtl, Präsident des europäischen Dachverbands für Werkzeugmaschinen Cecimo, warnte kürzlich in einem Interview mit Factory davor, dass Europa sein Know-how an China zu verlieren droht.

Im Überblick: Was plant die deutsche Regierung bzgl der Übernahmen?

Sie will die Schwelle senken, ab der sie Beteiligungen und Übernahmen bei "sicherheitsrelevanten" Unternehmen prüfen und untersagen kann. Wie es aus dem Wirtschaftsministerium heißt, soll die Schwelle von derzeit 25 auf 15 Prozent der Stimmrechte abgesenkt werden.

Was bedeutet das Absenken der Schwelle?

Die Berliner Regierung erhöht ihr Drohpotenzial. Ende Juli musste sie eine Milliarde Euro investieren, um einen chinesischen Staatskonzern an der Übernahme eines Anteils von 20 Prozent am Netzbetreiber 50Hertz zu hindern. Dass sie selbst Anteile an Privatunternehmen erwirbt, soll aber eine Ausnahme bleiben, weshalb die Regierung die Schwelle absenken möchte. Allerdings hat die deutsche Regierung von ihrem Vetorecht noch nie Gebrauch gemacht - und das, obwohl sie allein in den vergangenen zwölf Monaten rund 80 Fälle geprüft hat. Es reicht offenbar die Androhung, wie der Fall Leifeld Metal Spinning Anfang August zeigte. Die Firma produziert hochfeste Materialien für Luft- und Raumfahrt sowie den Nuklearbereich. Ein chinesischer Investor zog sein Kaufangebot zurück, nachdem die Regierung sich zu einem Veto ermächtigte.

Reicht die neue Schwelle?

Die deutsche Regierung ist auf schwierigem Grund. Auf der einen Seite möchte sie Deutschland weiterhin offen für ausländische Investoren halten, auf der anderen Seite die heimische Wirtschaft schützen. Allerdings können Investoren auch mit weniger Aktien erheblichen Einfluss auf Unternehmen ausüben, wie das Beispiel Daimler zeigt. Anfang des Jahres hatte sich der chinesische Autobauer Geely mit fast zehn Prozent bei Daimler eingekauft und damit viel Aufsehen erregt. Die damalige Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) brachte daraufhin eine Verschärfung der Regeln ins Spiel - der Geely-Anteil liegt aber auch unter der neuen Schwelle. Allerdings hat Geely bis jetzt auf einen Sitz im Aufsichtsrat und damit auf erheblichen Einfluss verzichtet.

Chinesen haben es auf Schlüsseltechnologien abgesehen

Die Deutschen fürchten, dass chinesische Investoren deutsche Technologien kopieren, und dass sie das auf staatliches Geheiß tun. Eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung ergab: Zwei Drittel aller chinesischen Beteiligungen in Deutschland in den vergangenen vier Jahren lassen sich zehn Schlüsselbranchen zuordnen, die die chinesische Führung in ihrer industriepolitischen Strategie "Made in China 2025" definiert hat.

Dazu gehören Software, Roboter, Flugzeuge, Schiffe, Züge und Autos sowie Energiesysteme, Landwirtschaftstechnik, neue Werkstoffe und Medizintechnik. In all diesen Feldern will der chinesische Staat bis 2025 weltweit Technologieführer werden. Demzufolge erscheint es logisch, dass Peking seine Unternehmen zu Beteiligungen in diesen Sektoren ermuntert.

Was spricht gegen eine staatliche Lenkung?

Nach Ansicht von Thomas Heck von der Unternehmensberatung PwC lassen sich die chinesischen Beteiligungen einfach erklären: Deutsche Firmen sind in Bereichen wie Auto- und Maschinenbau, Agrartechnik und Biotechnik traditionell stark. Außerdem kauften die Chinesen verstärkt Konsumgüter-Marken - die gehörten früher nicht zu den klassischen Zielen. "Ich habe jeden Tag mit chinesischen Investoren zu tun. Diese Investoren haben in erster Linie wirtschaftliche Motive", sagt Heck. "Sie kaufen, wenn sie sich etwa einen neuen Marktzugang davon versprechen, eine starke Marke, neue Kunden oder Lieferantennetzwerke."

Welche Rolle kommt den chinesischen Investoren zu?

"Zahlreiche Transaktionen betrafen auch in diesem Jahr wieder insolvente Unternehmen, für die der chinesische Investor die letzte Chance zum Überleben darstellte", erklärt Yi Sun von der Unternehmensberatung EY. Auf der anderen Seite stoßen aber auch viele deutsche Mittelständler an Wachstumsgrenzen. "Ein chinesischer Investor mit der entsprechenden Finanzkraft und Zugang zum chinesischen Absatzmarkt ist da häufig genau der richtige Partner." PwC-Berater Heck beobachtet, dass sich die Investoren nach einem Kauf in den meisten Fällen eher zurückhalten und nicht sofort alles umbauen. "Aber solche Fälle gibt es natürlich auch."

Und dafür muss man gar nicht erst nach Deutschland blicken. Anfang Mai musste zum Beispiel Steyr Motors-Geschäftsführer Michael Aschaber überraschend seinen Hut nehmen. Jetzt regieren Chinesen den oberösterreichischen Spezialmotorenbauer Steyr Motors. (APA/Reuters/AFP/red)