Audiotracking : SoniControl: FH St. Pölten will heimliches Audiotracking stoppen

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Die permanente Vernetzung mobiler Endgeräte kann die Privatsphäre der Benutzer gefährden und zu neuen Formen der Überwachung führen. Zum Beispiel kann ein Fernseher während eines Werbespots unhörbare akustische Signale („akustische Cookies“) aussenden. Mobile Endgeräte in der Umgebung nehmen diese Signale auf, dekodieren sie und senden über das Internet Informationen an die SenderInnen des Signals zurück. So kann etwa festgestellt werden, dass der Fernseher und das Mobilgerät derselben Person gehören und welche Werbung gerade gesehen wird. Das ermöglicht das Erfassen von UserInnen-Verhalten, ähnlich wie es mit Cookies im Webbereich seit Langem betrieben wird, jedoch über mehrere Geräte hinweg und ohne das Wissen der Nutzern.

Das Projekt SoniControl der FH St. Pölten entwickelt eine mobile Anwendung, die akustische Cookies aufspürt, die Nutzer darauf aufmerksam macht und auf Wunsch das Tracking blockiert. „Akustisches Tracking ist besonders gefährlich und attraktiv für Contentprovider, weil die User davon nichts mitbekommen und über mehrere Geräte hinweg verfolgt werden können. Ziel des Projekts ist es, Bewusstsein für akustisches Tracking zu schaffen und die Privatsphäre durch Erkennen und Filtern von akustischen Cookies gezielt zu schützen“, sagt Matthias Zeppelzauer, Leiter des Projekts und Senior Researcher in der Forschungsgruppe Media Computing am Institut für Creative\Media/Technologies der FH St. Pölten.

Ausforschen von Interessen und Standort

Genutzt werden solche akustischen Signale für sogenanntes „Cross-device-tracking“. Damit kann das Verhalten von Benutzern über mehrere Geräte hinweg verfolgt werden und entsprechende Benutzerprofile können miteinander verschmolzen werden. So können akkuratere Benutzer-Profile für zielgerichtete Werbung und die Filterung von Internetinhalten erstellt werden.

Akustische Cookies können bisher jedoch nicht – so wie ihre elektronischen Gegenstücke beim Besuch von Webseiten – blockiert werden. Darüber hinaus können akustische Cookies aktiv und für Menschen unhörbar über den Handylautsprecher gesendet werden, um Mobiltelefone miteinander kommunizieren zu lassen. So kann der Standort der BenutzerInnen und deren aktuelles soziales Umfeld – etwa, welche Personen gerade in der Nähe sind – erkannt werden.

„Das Handymikrofon ist permanent aktiv, um Sprachbefehle entgegen zu nehmen. Jede mobile Anwendung, die Zugriff auf das Mikrofon hat, sowie das Betriebssystem selbst können jederzeit das Mikrofon eines mobilen Endgerätes ohne Benachrichtigung aktivieren, abhören, akustische Cookies erkennen und über das Internet abgleichen“, sagt Zeppelzauer. Die Nutzer werden über diese Informationsübermittlung im laufenden Betrieb oft nicht informiert. Nur eine permanente Deaktivierung des Mikros würde Abhilfe schaffen, wodurch jedoch das Gerät als Telefon unbrauchbar wird.

Das Projekt "SoniControl" der FH St. Pölten entwickelt Abwehr gegen ungewolltes Audiotracking durch akustische Cookies

Markieren von Störgeräuschen

Im Projekt SoniControl entwickelt Zeppelzauer mit seinen Kolleginnen und Kollegen ein Verfahren, um die Cookies zu entlarven und GerätebenutzerInnen zu informieren: „Wir nutzen Signalverarbeitungsmethoden zum Erkennen akustischer Cookies. Zur Maskierung werden Störsignale über den Lautsprecher des Mobilgeräts gesendet. So könnten akustische Cookies neutralisiert werden, bevor Betriebssystem oder mobile Applikationen darauf zugreifen können“, erklärt Zeppelzauer. Benutzer können Cookies selektiv blockieren ohne die Funktionsweise des Smartphones zu beeinträchtigen.

Die für Menschen unhörbare Maskierung der Cookies erfolgt mittels Ultraschall. „Es gibt derzeit keine Technologie am Markt, die akustische Cookies erkennen und blockieren kann. Die in diesem Projekt entwickelte Applikation repräsentiert den ersten Ansatz, Menschen die Kontrolle über diese Art des Trackings zu geben. Wir möchten ein stärkeres Bewusstsein für diese Technologie bei den Nutzerinnen und Nutzern schaffen“, sagt Zeppelzauer.

Forschung Open Source

Sämtliche Projektergebnisse und die Applikation werden nach Abschluss des geförderten Projekts öffentlich zur Verfügung gestellt, Zwischenschritte werden bereits vorab in einem Blog dokumentiert. „Dadurch möchten wir die gemeinsame Weiterentwicklung unserer Technologie und der neuen Applikation fördern sowie die Entwicklung neuer Applikationen auf Basis unserer Technologie ermöglichen“, erklärt Zeppelzauer. Das System ist somit für jede und jeden direkt nutzbar und erweiterbar. Die Applikation soll auch im Google Play Store zur Verfügung gestellt werden. Sämtliche Projektergebnisse werden unter Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht.