Grundlagenbericht : Modulare Maschinen für mehr Flexibilität in der Verpackungsindustrie

Danfoss_Etikettieranlage
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Für viele Unternehmen, die in international hart umkämpften Märkten Bestand haben wollen, ist eine effiziente und kostengünstige Produktion die Basis wirtschaftlichen Erfolgs. Daher sind sie bestrebt, ihre Produktionsanlagen hoch auszulasten, um so die Maschinen bestmöglich zu nutzen. Immer neue Flaschenformen und –größen, symmetrische und asymmetrische Designs und verschiedene Materialien von Glas bis PET, von Einweg bis Mehrweg erobern den internationalen Markt für Getränke oder Kosmetika. Eine Vielzahl verschiedener Produkte, sehr flüssig oder eher zähfließend, benötigen schnelle und zuverlässige Maschinen für einen hohen Durchsatz.

Schnell, wendig und flexibel

Schnell sollen die Maschinen sein, wenige Ausfälle zeigen, dabei aber flexibel bei der Zusammenstellung für optimale Anpassungen an die jeweilige Form. Dies erfordert eine hohe Flexibilität bei Blasmaschinen, und in der Verpackung: dem Befüllen, Verschließen, der Etikettierung oder dem End of Line Handling. Ein Trend, um diese Flexibilität zu erreichen und für eine hohe Investitionssicherheit zu sorgen, findet sich in der modularen Automatisierung von Verpackungsmaschinen. Sie bieten den Betreibern genau den Grad an Freiheit und Flexibilität, den sie für ihr Business brauchen.

Warum Deutschland so erfolgreich ist

Die deutschen Hersteller von Nahrungs- und Verpackungsmaschinen sind international führend. Mit einem Anteil von 22,5 % am gesamten Exportmarkt sind sie in diesem wichtigen Bereich Weltmarktführer. Auch 2012 erzielte die Branche auf den hart umkämpften Märkten wieder ein Wachstum von acht Prozent (Quelle VDMA). Trotz des international immer härter werdenden Wettbewerbs, der Euro-Krise und zunehmender Marktmacht multinationaler Konzerne auf der Kundenseite gelingt es der Branche nachhaltig, diese Herausforderungen zu meistern. Das Erfolgsrezept der deutschen Hersteller: Eine langfristige Ausrichtung der Unternehmensstrategien auf Innovation, Qualität und Kundenorientierung sorgte in der Vergangenheit für den großen Erfolg und garantiert auch in schwierigen Zeiten gute Geschäfte und weiteres Wachstum.

Diese strategischen Vorgaben bedeuten für die Entwicklungsabteilungen der Maschinenhersteller, Konzepte zu entwickeln, die sie schnell und flexibel auf Kundenwünsche anpassen können. Und dies nicht nur bei neuen Maschinen, sondern über den gesamten Lebenszyklus einer Maschine. Dabei ist eine der Herausforderungen, die Entwicklungszeit neuer Automatisierungslösungen möglichst kurz zu halten, denn die Time-to-market wird immer kritischer.

Komplexe Funktionen und vielseitige Funktionen

Die Maschinen verfügen in der Regel über eine Vielzahl anzutreibender Maschinenelemente, die exakte Bewegungsvorgänge auszuführen haben. Verpackungsmaschinen sind daher aufgrund der geforderten Funktionalität, der Varianz der verpackten Güter und der Verpackungsmaterialien sehr komplex. Sitzt das Etikett richtig? Ist Verschluss nicht zu fest? Sind alle Gebinde/Kartons fehlerfrei?

Um diese Komplexität prozesssicher beherrschen zu können, ersetzten die Maschinen- und Anlagenbauer die klassischen Zentralantriebe mit mechanischen Übertragungselementen (z.B Königwelle mit Kurven) durch Servomotoren im Zusammenspiel mit leistungsstarken Motion Control Steuerungen. Gegenüber den aufwändigen mechanischen Lösungen bietet dieser Schritt der Automatisierung Vorteile durch Erhöhung der Maschinenleistung, der Flexibilität bei Gebindewechseln und nicht zu zuletzt der Verschleißfestigkeit

Die Weiterentwicklung: Modulare Automatisierung der Maschinen

Die bisherigen Ausführungen zeigen Bereits: Die Verpackungstechnik setzt auf hohe Präzision bei den Maschinen. Um zukünftig all diesen Erfordernissen nachzukommen und die Leistungsfähigkeit der Lösungen weiter zu steigern, müssen die Hersteller auf eine konsequente Modularisierung des Maschinenkonzeptes setzen, in dem sie wie bei einem Baukastensystem einzelne Bausteine zu einer an die jeweiligen Anforderungen speziell angepassten Maschine zusammensetzen. Und auch zu späteren Zeitpunkten können sie einzelne Bausteine hinzufügen oder ändern.

Flexibel etikettieren

So kann der Kunde auch im Nachhinein seine Maschine mit Zusatzfunktionen ausstatten, ohne signifikante Umbaupausen und Produktionsunterbrechungen. Außerdem zahlt er nur die Ausstattung und Funktionalität, die er auch wirklich in seiner Anlage benötigt. Gerade bei der Flexibilität bei wechselnden Arbeitsgängen sowie einer anlagen- und produktschonenden Anlagentechnik haben sich in den letzten Jahren Motion Control Systeme bewährt und sind weiter auf dem Vormarsch. Ein gutes Bespiel hierfür sind die Etikettiermaschinen in der Getränkeindustrie, wo es verschiedene Etikettiermodule gibt, beispielsweise Heißleim, Kaltleim oder Selbstklebeetiketten, um nur einige zu nennen, die der Anwender flexibel an einem Drehtisch in Betrieb nehmen kann.

Keinen eigenen Schaltschrank pro Modul mehr

Die Möglichkeiten der Automatisierungstechnik, diese modularen Maschinenkonzepte zu unterstützen, waren bislang begrenzt. Denn die Maschinenbauer konnten entweder Spannungsversorgung, Steuerung und Antriebstechnik in einem zentralen Schaltschrank auf die maximale Ausbaustufe hinsichtlich Größe, Anschlussleistung und Kühlung auslegen. Oder sie mussten einen eigenen Schaltschrank je Modul vorsehen.

Jetzt steht den Anwendern eine flexible Alternative zur Verfügung. An den einzelnen Stationen sorgen Module mit speziell auf ihre Aufgabe zugeschnittenen Werkzeugen oder Komponenten für die optimale Abarbeitung der jeweiligen Arbeitsgänge in der Verpackung oder Abfüllung. Dazu zählen beispielsweise für Fügen, Aufrichten von Kartons, Befüllen von Flaschen/Gebinden oder das Kontrollieren. Gerade bei komplexen Arbeitsgängen, wie sie beispielsweise das Etikettieren durch genaues Positionieren und optimale Aufbringung des jeweiligen Etiketts darstellt, ist der Transport der Gebinde in der Regel intermittierend, also eine Start-Stop-Bewegung mit genau definierten Bewegungsabläufen. Ebenso verhält es sich beim Tamponprinting oder einem Schraub-Verschließer, die ebenfalls hohe Präzision erfordern.

Kompaktservos bieten notwendige Motion Control Funktionen

Durch flexible, modulare Automatisierung der angesprochenen Anwendung in Verpackungsmaschinen in der Getränkeindustrie mit modernen Motion Control-Lösungen lassen sich sowohl für den Maschinenbauer wie auch für den Endanwender signifikante Vorteile verwirklichen.

Ein Beispiel dafür ist die Aufteilung der Maschine in skalierbare, autarke und in sich testbare Module. Dabei setzt eine solche Lösung auf kompakte, intelligente Anlagentechnik, die alle Bewegungen elektrisch ausführt. Ideal für die Anwendung im modularen Maschinenbau geeignet sind Kompaktservoantriebe mit integrierter Motion Control. Sie erweitert den Antrieb mit einer Steueroption, die unabhängig von einer übergeordneten SPS die Ablaufsteuerung eines Moduls komplett übernehmen kann. So erhält der Konstrukteur oder Maschinenbauer die Möglichkeit, das Modul in der Entwicklungs- und Testphase noch ohne Drehtisch aufzubauen, in Betrieb zu nehmen und zu testen. Bedienerfreundliche Befehlssätze zum Positionieren, Synchroniseren von Position und/oder Geschwindigkeit sowie Kurvenscheibenfunktionen erleichtern die Inbetriebnahme ohne fortgeschrittene, tiefer gehende Programmierkenntnisse.

Vorteile der Automatisierung für die Maschine bestmöglich nutzen

Die genannten Anwendungen zeigen, dass eine modulare Automatisierung dieser Maschinen möglich ist und viele Vorteile bringt. Der Maschinenbauer ebenso wie die Anwender erhalten ein Höchstmaß an Flexibilität, um die Vorteile der Automatisierung für seine Maschine bestmöglich zu nutzen und sich durch höhere Flexibilität Wettbewerbsvorteile zu sichern. Konsequente Modularisierung, Flexibilisierung und Wiederverwendbarkeit bereits getätigter Entwicklungen sind wichtige Bausteine, um auf sich ändernde Anforderungen sehr schnell mit optimal angepassten Lösungen reagieren zu können. (Autor: Jan Treede, VLT Motion Business Director Danfoss GmbH)