Textilindustrie : Kein Kommentar: Lenzing schweigt zu Hygiene Austria

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Beim Faserhersteller Lenzing will man die Vorgänge rund um Hygiene Austria, dem gemeinsamen Joint Venture mit Palmers, nicht weiter kommentieren, wie Pressesprecher Johannes Vetter am Dienstag der APA telefonisch mitteilte. Palmers-Vorstand Tino Wieser warf dem Geschäftspartner zuvor vor, es würde bei Lenzing niemand mehr abheben. Lenzing will das Kapitel Hygiene Austria möglichst rasch abhaken und kündigte an, einen Wirtschaftstreuhänder mit der Verwaltung der Anteile zu betrauen.

Lenzing hat eigentlich vergangene Woche mitten im Trubel formal die alleinige Kontrolle über die Hygiene Austria LP GmbH übernommen und vollkonsolidiert, nachdem die Bundeswettbewerbsbehörde BWB keine Einwände dagegen hatte. Der Faserkonzern kündigte nach der Razzia an, selbst mit einem Forensik-Team für Aufklärung zu sorgen, scheiterte aber, wie Lenzing am Montag einräumte, am Partner Palmers. Die zur Aufarbeitung der Vorgänge notwendigen Unterlagen befänden sich großteils in den Räumen von Palmers, zu denen Lenzing "weder Zutritt noch Zugriff" bekommen habe, hieß es.

Sicherheit statt Bereicherung

Palmers ging daraufhin in die Gegenoffensive. Wieser erklärte seine Sicht der Dinge und wies die Vorwürfe zurück. Am Dienstag kündigte er in einer Presseaussendung eine Transparenzinitiative an. Wieser betonte außerdem, die Qualität der vom chinesischen Lohnfertiger produzierten Masken sei "absolut gleichwertig und übererfüllt alle europäischen und österreichischen Schutzanforderungen". Sie seien sogar teurer gewesen. „Wir wollten für Sicherheit sorgen und uns nicht bereichern“, so Wieser.

Er verwies darauf, dass die Hygiene Austria bei der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) zum damaligen Zeitpunkt als einziger österreichischer Produzent gelistet war. „Das Projekt Hygiene Austria wurde aus der Überzeugung heraus gegründet, mit österreichischer Qualität, Arbeitsplatzschaffung für 200 Menschen und österreichischer Wertschöpfung einen wertvollen Beitrag zum Wohle und zum Schutz der Bevölkerung in der größten Pandemie der letzten hundert Jahre zu leisten“, so Wieser. Mit der Produktion in China habe man Lieferzusagen einhalten wollen. Man bedauere, dass auf Seiten der Abnehmer der Eindruck entstanden sei, dass es sich um ausschließlich in Österreich hergestellte Produkte handle. Die Hygiene Austria hat sowohl auf der Homepage als auch beim Verkauf die Masken mit "Made in Austria" beworben. Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) meinte heute, dass Hygiene Austria mehrfach von den Arbeitsinspektoraten kontrolliert wurde, aber keine Unregelmäßigkeiten entdeckt wurden. Es liege hier möglicherweise ein kriminelles Handeln vor, das die Aufdeckung von Missständen erschwere.

Bereits gestern gab der österreichische Faserhersteller Lenzing bekannt, seine beiden Geschäftsführer zurückzuziehen. Lenzing und Palmers sollen vergangenes Wochenende über eine Übernahme der Lenzing-Anteile an der Hygiene Austria durch Palmers verhandelt haben. Die Verhandlungen seien derzeit noch nicht abgeschlossen, heißt es. An der im Frühjahr 2020 zur Maskenproduktion gegründeten Hygiene Austria hält die Lenzing AG 50,1 Prozent, die Palmers Textil AG 49,9 Prozent. (apa/red)