Kryptowährung : IOTA: Könnte das die "Blockchain" für die Industrie werden?

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Unternehmen horten kryptisches Lösegeld. Das behauptet eine Studie von Citrix, die dazu 500 deutsche IT-Entscheider befragt hat. Das Ergebnis schockiert fast etwas: Denn die Hälfte der deutschen Unternehmen besitzen Bitcoins oder andere Kryptowährungen, um sich im Fall eines Ransomware-Angriffs schnell frei zu kaufen. Aber das Horten dieser digitalen Währungen erfüllt auch einen anderen Zweck. Mehr als ein Drittel will damit nämlich Provider bezahlen, ein anderes Drittel will Handel treiben, und immerhin 29 Prozent wollen damit sogar Mitarbeiter entlohnen. Ein Punkt, wo sich viele einig sind: Mit der Blockchain-Technologie sollen bürokratische Hürden abgebaut werden. Verträge sollen künftig von Computerprotokollen abgewickelt werden. Stichwort: Smart Contracts. Man könnte fast meinen, die Industrie spekuliere auf Transfers unter Maschinen. Wenn also Roboter sich gegenseitig mit Kryptowährungen entlohnen und steuern, sind dann limitierte Bitcoins dafür geeignet? Ist die Blockchain tatsächlich die richtige Technologie dafür? Fujitsu geht da mittlerweile andere Wege und investiert in eine Technologie, die gar keine „echte“ Blockchain ist und doch alles besser machen will: Die Japaner schwören auf IOTA.

Skalierbarkeit durch Wirrwarr

Dezentral, manipulationssicher, skalierbar und keine Transaktionsgebühren - so lassen sich die Eckpunkte, die sich das IOTA-Projekt zur Brust nimmt, zusammenfassen. Nach Bitcoin und Ethereum stellt IOTA die dritte Blockchain-Entwicklung dar. Obwohl es eigentlich gar keine Blockchain ist. Während Bitcoins in ihren Anwendungen beschränkt sind, kämpfen die Entwickler von Ethereum vor allem mit der Skalierbarkeit ihrer Open Source Plattform. IOTA soll diese Schwächen ausmerzen können und rückt deswegen in den Fokus von Industrieanwendungen. Dabei ist die Technologie gar keine Blockchain, weil sie auf der sogenannten „Tangle“ (zu Deutsch Wirrwarr) basiert. Im Gegensatz zur eindimensionalen Blockchain, die nur in eine Richtung wachsen kann, kann das mathematische Konzept des Tangle an vielen verschiedenen Stellen gleichzeitig wachsen. Einfach gesagt: Wenn also die Blockchain Transaktionen in einer Kette abgebildet werden, nutzt das IOTA dafür ein ganzes Netzwerk. Ein weiterer Unterschied ist, dass der Tangle nicht mehr auf Miner angewiesen ist. Es braucht also keine eigenen „Schürfer“ mehr, die ihre Rechenleistung zum Verifizieren der Transaktionen zur Verfügung stellen. IoT soll so leichtgewichtig sein, dass sogar kleine embedded Systeme wie Rechner in Autos, Smartphones oder Drohnen diese Transaktionen verarbeiten können. Gebühren fallen damit komplett weg. Jeder Netzwerkteilnehmer bezahlt quasi mit seiner eigenen Rechenleistung.

Der Latenz-Vorteil

Ein Treiber und Vorreiter von IOTA ist übrigens Fujitsu. Die Japaner haben den Vorteil der Tangle-Struktur erkannt. Einen ersten Hauch an Möglichkeiten zeigten sie auf der heurigen Hannover Messe. Ein Versuch ins Geschäft mit der Industrie einzusteigen? Vielleicht. Kritiker behaupten aber, dass es mit dieser Technologie noch ein Latenz-Problem gibt. Dennoch: Die Zeit bis zur Bestätigung der jeweiligen Transaktion ist bei IOTA viel geringer. Herkömmliche Blockchains arbeiten auf dem Prinzip des Konsensus. Was heißt, dass alle Beteiligten den gleichen Stand haben müssten. Sie sind immer gleich informiert. „Das kostet Zeit“, heißt es im Blog von Fujitsu. Anders bei IOTA: Mit steigender Transaktionsrate, also mehr Anwendern, steigt auch dessen Skalierbarkeit. Das System skaliert immer weiter. Was heißt: Je mehr Teilnehmer und Transaktionen das System hat, desto schneller wird es. Die Zeit zwischen dem Stellen einer Transaktion und der Validierung geht im Grunde gegen 0, sobald man eine gewisse Größenordnung erreicht hat. Übrigens: Auch Bosch investierte Ende letzten Jahres in IOTA. Die Risikokapital-Tochter Robert Bosch Venture Capital habe eine „beutende Menge“ gekauft, heißt es in einer Aussendung von IOTA. Wie viel genau, ist nicht bekannt.

Japaner als Trusted Instance?

Für die Japaner ist IOTA wesentlich mehr als nur ein Bezahlsystem. „Unternehmen könnten die Tangle-Technologie adaptieren, um damit ihre IoT Anwendungsfälle zu unterstützen“, heißt es im Blog der Japaner. Damit lassen sich alle Transaktionen gleichzeitig rechtssicher dokumentieren. Fujitsu könnte sich sogar eine Rolle als „Trusted Instance“ vorstellen. Die Trusted Instance hält eine Kopie der Blockchain des jeweiligen Unternehmens und bekommt von diesem einmalig die Basis-Blockchain gestellt, den sogenannten Genesis-Block. Alle Transaktionen finden dann sowohl in der Blockchain des Unternehmens als auch in der Blockchain der Trusted Instance, also bei Fujitsu, statt. Der Vorteil klingt verlockend: Denn bei einer Überprüfung muss der Auditor nur die beiden Blockchains miteinander vergleichen. Sind beide Transaktionshistorien gleich, hat keine Manipulation stattgefunden.

IOTA: Was ist es? Wie funktionierts? Einfach erklärt.

Roboter steuern mit Kryptowährung?

Bei IOTA geht es aber nicht nur darum, dass ein Roboter einem anderen bestimmte Leistungen bezahlt. Das System steuert bei Bedarf den Roboter simultan. Es sagt ihm, so die Ingenieure: Dreh dich jetzt nach rechts, hole dieses Paket und empfange und bezahle ein neues Firmware-Update heute Nacht um 2 Uhr. Zudem können Unternehmen all ihre Produkte auf der Basis von IOTA miteinander verbinden und steuern, ein Thema für die Industrie 4.0. „Das ist eine echte Alternative zu Cloud-Lösungen“, erklären die Japaner. Zumindest wenn das Latenz-Problem gelöst ist. Doch ob Safety-Anwendungen in Zukunft Kryptowährungs-Befehle befolgen, bleibt fraglich.