Recyclingwirtschaft : Härterer Kurs: Wie die EU die Kreislaufwirtschaft antreiben will

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Es war die größte Konferenz zum Thema Kreislaufwirtschaft in der EU. Bei der Circular Economy Stakeholder Conference in Brüssel waren Ende Februar über 750 Unternehmen, Behörden, Interessensvertretungen und Bürger anwesend. Zwei Tage lang wurde diskutiert, wie ein intelligenter Mix aus Anreizsystemen und Regulationen aussehen kann, damit die EU eine Führungsrolle in der Kreislaufwirtschaft erreichen kann. Denn Fakt ist: Ohne finanziellen Vorteil wird sich das in der Industrie nie durchsetzen. Harte Worte? Vermutlich. Doch die wissenschaftliche und unternehmenspraktische Analyse bestätigt: Aktuell werden in der Weltwirtschaft nur 9 % der Ressourcen wieder in den Kreislauf geführt. Etwas, das die EU langsam aber wenn nötig mit Nachdruck verändern will.

Die EU hat ein Müllproblem

Die EU will jetzt neue Anreize schaffen, um Recycling in der Industrie zu fördern. Ein härterer Kurs soll Schluss machen mit netten Diskussionen auf der Metaebene. Der Hintergrund: Natürlich die Erreichung der Klimaschutzziele. Ein Beispiel: Eine Million Tonnen recycelter Kunststoffe bedeutet 28 Millionen Tonnen weniger Kohlendioxid, das entspricht einer Million weniger Fahrzeuge auf den Straßen. Autos sind aber gar nicht die alleinigen Sündenböcke, denn über 67 % der Treibhausgase stammen aus dem wirtschaftlichen Umgang mit Materialien. Aber rein aus Umweltliebe geschieht das freilich nicht: Denn die EU hat ein Müllproblem. Globalpolitische Veränderungen wie der "Green Fence" von China, der die Abfallexportmöglichkeiten von Europa deutlich reduziert, befeuern solche Beschlüsse noch mehr. Die EU muss Anreize schaffen und baut deshalb Förderungen um. Aus „linearen“ und fossilbasierten Wirtschaftsinnovationen wird „Circular Funding“. Man liebäugelt bereits mit einer Steuer auf den Ressourcenverbrauch, genannt „Ex’tax“. Das wird der Anreiz-Hebel werden, den es braucht, um die Kreislaufwirtschaft rasch voranzutreiben. Auch eine Inkludierung der Umweltkosten schwebt im Raum, wodurch automatisch Neuware deutlich teurer werden würde. Waren aus Recyclingmaterial werden damit automatisch attraktiver. Damit sollen nicht Mülldeponien und thermische Verwertung entlastet werden, sondern auch die öffentliche Beschaffung von kreislauffähigen Produkten vorangetrieben werden.

Neue EU Vorschriften im Anflug

Die kürzlich ausgerufene “Plastics Strategy” der EU zielt speziell auf Kunststoffabfall ab. Sie sieht vor, dass bis 2030 alle Kunststoffverpackungen recycelbar oder wiederverwendbar sein müssen. Dieser Kunststoff-Fokus wurde gezielt gewählt, da dieser alle Bereiche der Kreislaufwirtschaft umfasst. Weitere Materialien sind aber schon in Planung. Aus dem Konferenz-Plenum kamen starke Rufe nach dem Bausektor. Obwohl dieser nicht so stark im öffentlichen Kreuzfeuer steht, herrschen hier genauso ein hohes Abfallaufkommen und Verbrauch von Ressourcen. Und die EU macht eines deutlich: „Unternehmen haben jetzt die Chance, freiwillige Aktionen zum Beispiel für die Verwendung von Recyclingmaterial zu setzen“, so Hugo Maria-Schally, Generaldirektion Umwelt bei der Europäische Kommission. „Wenn dies unzureichend funktioniert, wird die EU neue Vorschriften durchsetzen.“

Österreich und 50 Millionen VW Golf

Bei einer Auftaktveranstaltung der Plattform Kreislaufwirtschaft in Wien wurde kürzlich heftig diskutiert, was die EU-Ziele national bedeuten. Eines sollte klar sein: Auch Österreich verursacht immer mehr Abfälle. 2015 waren es rund 60 Mio. Tonnen, was ungefähr 50 Mio. VW Golf entspricht. Kein Wunder also, dass die von der Bundesregierung kürzlich veröffentlichte Klima- und Energiestrategie „Mission 2030“ auch Kreislaufwirtschaft als konkretes Ziel anführt. Abfälle müssen durch verstärktes Recycling und Wiederverwendung vermieden werden. Das beinhaltet auch cleveres Produktdesign, Materialauswahl, Reparierbarkeit, und Verlängerung der Nutzungsdauer. Die EU und damit auch Österreich benötigen eine High-Tech Kreislaufwirtschaft. Und dafür braucht es Maschinen und Anlagen, die Stoffströme speziell aus dem Post-Consumer-Bereich meistern. Denn sortenreines Recycling ist eine große Herausforderung. Für die Hersteller solcher Maschinen stellt dies aber eine äußerst attraktive Chance dar.

Chance für Maschinen- und Anlagenbau

Die Recyclingwirtschaft ist noch jung, giert aber nach neuen Lösungen entlang von unzähligen und teilweise völlig verschiedenen Wertschöpfungsketten. Witziger Fakt am Rande: Selbst die Queen of England ist schon aktiv. Sie hat kürzlich ein Verbot von Einwegstrohhalmen und -flaschen aus Kunststoff im Buckingham-Palace ausgerufen. Ein königliches, wenn auch kleines Zeichen. Und um mit den Worten eines echten Kreislauf-Pioniers abzuschließen: „Circular Economy ist wie eine Herz-OP, weil man echt am Herzen von Unternehmen operiert. Das braucht Zeit, gute Vorbereitung, und die besten Leute. So kann die OP erfolgreich gelingen!“ Harald Friedl, CEO der renommierten Institution „Circle Economy“ in den Niederlanden

Zum Cleantech-Cluster (CTC): Der Cleantech-Cluster der oö. Standortagentur Business Upper Austria ist die Plattform der Umwelt- und Energietechnologie-Unternehmen in Oberösterreich. Er stärkt die Innovationskraft, Wettbewerbsfähigkeit und Sichtbarkeit der mehr als 250 Partnerunternehmen und trägt zum Marktwachstum im Bereich nachhaltige Umwelt- und Energietechnik entlang der Wertschöpfungskette bei. Im Kreislaufwirtschaftssektor vernetzt der Cleantech-Cluster Akteure vom Rohstoffproduzenten, über den Verarbeiter, bis hin zum Maschinenbauer und Recycler, um gemeinsame Lösungen zu finden, und neue Technologien zu entwickeln. Um die Umsetzung bei KMUs zu unterstützen betreut der Cluster auch zwei EU-Projekte MOVECO und DesAlps und bietet somit seinen Partnern eine international ausgereifte Circular Economy Toolbox. Mehr Info: www.cleantech-cluster.at

Zum Autor: David Schönmayr – Projektmanager Circular Economy Innovation im Cleantech-Cluster und Buchautor beim Springer Verlag über Kunststoffrecycling