Energieversorgung : „Die Blackout-Gefahr ist deutlich gestiegen"

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FACTORY: Herr Höltmann, welche Lehren muss man aus dem Frequenzabfall im Jänner ziehen?

Gerhard Höltmann: Die Ereignisse zu Jahresbeginn zeigen, dass Europas Stromversorgung zwar zu den verlässlichsten der Welt zählt, aber dennoch seit Jahren die Wahrscheinlichkeit für ein Ereignis, wie wir es im Jänner hatten, steigt. Netzinstabilitäten gibt es im übrigen Hunderte Male im Jahr. Durch raschestes Eingreifen der Übertragungsnetzbetreiber bleiben sie nur von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet.

Und wie hoch ist in Ihren Augen die Gefahr, dass derartiges wieder passiert?

Höltmann: Österreichs Stromnetz ist Mitglied des europäischen Netzverbunds. Eine Großstörung in einem europäischen Land kann sich innerhalb von wenigen Sekunden über weite Teile Europas ausbreiten. Vorwarnzeichen gibt es dafür keine. Wir haben in weiten Teilen Europas ein überaltertes Stromnetz, das an seinen Leistungsgrenzen arbeitet.

Die Blackout-Gefahr ist wegen Umwelteinflüssen und dem rasanten Ausbau des europäischen Energiesystems in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Erneuerbare Energie aus Photovoltaikanlagen oder Windrädern führt zu noch nie dagewesener Schwankungsbreite in der Einspeisung. Die Wahrscheinlichkeit von Blackouts in Europa nimmt auch zu, weil verstärkt moderne Informations- und Kommunikationstechnologien zur Steuerung der komplexen Stromnetze zum Einsatz kommen. Dadurch können Störungen auftreten, die die regionale und überregionale Stromversorgung gefährden. Die Digitalisierung macht das Netz zudem anfälliger für Cyberangriffe.

Wie gut sind Ihrer Erfahrung nach die Industriebetriebe auf einen Frequenzabfall vorbereitet?

Höltmann: Die Mehrheit der Industriebetriebe ist sich der Gefahr durch einen Blackout durchaus bewusst. Dieses Bewusstsein korreliert aber nicht mit einer entsprechenden Vorsorge in den Betrieben. Den gut abgesicherten Unternehmen steht hier eine durchaus hohe Zahl an Betrieben gegenüber, in denen die Blackout-Vorsorge ausbaufähig ist.

Was raten Sie vor allem kleinen und mittleren Unternehmen? Wie können und wie weit sollen die sich schützen?

Höltmann: Als TÜV Austria wollen wir auch in diesem Bereich informieren und servicieren – Eigentümer, Geschäftsführer und für die infrastrukturelle Sicherheit verantwortliche Mitarbeiter für diese potenzielle Gefahr sensibilisieren.

Dazu erarbeiten wir individuell auf jedes Unternehmen zugeschnittene Maßnahmenpläne und Checklisten, wie sich ein Unternehmen für den Ernstfall rüsten kann und was es dazu braucht. Vom Notfallplan und Notbetrieb, Fragen der Energieversorgung bis zur Kommunikation und betriebsinternen Rettungsaktionen. Nur dadurch können Schäden minimiert oder verhindert werden.