Interview mit Krisztián Haslinger : Optimierte Kleinteilelagerung: Effizient, flexibel, automatisiert
Krisztián Haslinger ist seit 2024 Project Manager Contract Logistics bei cargo-partner. In seiner Funktion konzentriert er sich auf die Projektimplementierung in der Ersatzteillogistik und die Optimierung von Prozessen.
- © cargo partnerDas Projekt wurde mit Fraunhofer Austria durchgeführt. Wie darf man sich den Ablauf einer solchen Kooperation vorstellen?
Krisztián Haslinger: Begonnen hat alles mit einer Vision, gefolgt von einer konkreten Idee. Um eine datenbasierte Entscheidungsgrundlage zu erhalten, haben wir Fraunhofer hinzugezogen. Das Projekt war in zwei Phasen aufgeteilt: Grobkonzept und Detailkonzept. Zum Grobkonzept gehörte eine Zieldefinition, ein Variantenvergleich und ein kalkulatorischer „Proof of concept“. Die Zieldefinition ist der erste und wichtigste Schritt. Alle nachfolgenden Entscheidungen werden auf Basis der definierten Ziele und Prioritäten getroffen. Im Variantenvergleich evaluiert man verschiedene Optionen und im „Proof of concept“ bewertet man diese Varianten und kalkuliert, welche schlussendlich die beste Lösung darstellt. So wurde eine Entscheidungsgrundlage geschaffen, die wir mit unseren Stakeholdern und unserem Ankerkunden besprochen haben. Im Detailkonzept ging es dann darum, die gewählte Variante auszuarbeiten. Dazu haben wir unsere Ist-Prozesse analysiert und Soll-Prozesse definiert. Das betraf sowohl die Prozesse „on the floor“ im Lager als auch die Abläufe in unserem WMS. Wir haben detailliertere Kostenkalkulationen durchgeführt, eine Ausschreibung gemacht und das Ergebnis bewertet. Die letzte Phase umfasste dann finale Anbieterverhandlungen und Workshops – diese haben wir selbstständig durchgeführt.

Das iLogistics Center Fischamend bei Wien ist ein Vorzeigeprojekt – mit UV-geschützter Lagerung und speziellen Anforderungen an Kleinteile. Welche technologischen Lösungen setzen Sie konkret ein, und wie gestaltete sich die Phase der finalen Umsetzung? Gab es unerwartete Hürden?
Haslinger: Für die UV-geschützte Lagerung verwenden wir aktuell KLT-Boxen mit Deckel – eine einfache und zweckdienliche Lösung. Für komplexere Anforderungen wie staubarme Lagerung haben wir zudem einen Lean-Lift. Schwieriger gestaltete sich damals die Frage, woher ein Mitarbeiter weiß, dass es sich um einen Artikel mit speziellen Lageranforderungen handelt. Das haben wir mithilfe von Stammdateninformationen und Schnittstellen zwischen dem Kunden-ERP und unserem WMS gelöst. In Zukunft setzen wir bei der Kleinteilelagerung eine AutoStore-Anlage ein. Aktuell sind wir in der Inbetriebsetzungsphase. Die Anlage selbst, also das Aluminium-Gerüst, war innerhalb von zwei Monaten aufgestellt. Die elektrischen Verkabelungen und technischen Komponenten wie Ports und Roboter waren innerhalb von einem Monat betriebsbereit. Wir haben aktuell also einen Körper und müssen als nächstes ein „Gehirn“ einspielen, das heißt: die richtigen Daten-Schnittstellen mit unserem WMS integrieren und anschließend testen. Dieser IT-Aspekt des Projektes stellt die größere Herausforderung dar. Wir haben das AutoStore-Projekt genutzt, um gleichzeitig auch unser WMS zu erweitern und zu verbessern – somit hatten wir parallel eigentlich zwei Projekte laufen.
Die Datenanalyse hat eine zentrale Rolle bei unserer Entscheidungsfindung im Rahmen des AutoStore-Projekts gespielt.
Das Lager nutzt automatisierte Systeme für Kleinteile, darunter Regalbediengeräte und robotergestützte Kommissionierung. Welche Rolle spielten Tools wie KI oder Datenanalysen bei der Technologieauswahl?
Haslinger: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist für uns ein spannendes Zukunftsthema – auch, wenn wir in der Kontraktlogistik derzeit kaum Anwendungsfelder identifiziert haben, die für unsere Kunden einen direkten Mehrwert bringen würden. Wir beobachten die Entwicklungen in diesem Bereich jedoch sehr aufmerksam und prüfen laufend, ob und wie neue Technologien sinnvoll in unsere Prozesse integriert werden können. Die Datenanalyse hat eine zentrale Rolle bei unserer Entscheidungsfindung im Rahmen des AutoStore-Projekts gespielt. Wir wollten nicht auf Basis von Vermutungen und „Gefühlen“ eine Entscheidung über so ein Investment treffen – daher war eine umfassende Analyse aller Daten gemeinsam mit Fraunhofer sehr wichtig für uns. Die Stammdaten unserer Kunden einerseits sowie unser WMS andererseits bieten eine sehr gute Datengrundlage dafür.
Als Anbieter wurde AutoStore gewählt. Was unterscheidet die Norweger von anderen vergleichbaren Anbietern?
Haslinger: Neben der hohen Verlässlichkeit des Systems – AutoStore hat die höchste Ausfallsicherheit unter allen automatisierten Kleinteilelagersystemen – war auch die Profitabilität ein wichtiger Faktor. Wir haben drei Varianten evaluiert: manueller Fachboden, automatisches Kleinteilelager (AKL) und AutoStore. Alle drei Varianten hatten in Bezug auf Profitabilität in einem Betrachtungszeitraum von acht Jahren ähnliche Werte. Schließlich war auch die Flexibilität ausschlaggebend: Der Autostore kann jederzeit erweitert werden, zum Beispiel durch Zubau weiterer Lagerflächen für Bins oder den Einsatz weiterer Roboter und Ports. Eine Erweiterung ist während des laufenden Betriebs ohne Stillstand möglich.
Automatisierung ist nicht die Lösung für alle Herausforderungen unserer Zeit.
Die Ersatzteillogistik steht vor globalen Herausforderungen – von Lieferkettenrisiken bis zur Nachhaltigkeit. Welche Rolle spielt Automatisierung hier, und wie positioniert sich cargo-partner für die Zukunft?
Haslinger: Automatisierung ist nicht die Lösung für alle Herausforderungen unserer Zeit. An erster Stelle steht immer eine klare Zieldefinition. Daraus lassen sich verschiedene mögliche Lösungen ableiten – und kann Automatisierung eine davon sein. In unserem Fall war Automatisierung im Kleinteilebereich eine dringende Notwendigkeit. Steigende Löhne, Fachkräftemangel sowie steigende Mieten – auch für Lagerflächen – bedürfen innovativer Lösungen, um unseren Kunden einen Wettbewerbsvorteil durch Kontraktlogistik zu verschaffen. cargo-partner positioniert sich hier, wie auch in der Vergangenheit, als First-Mover und Pionier in der Kontraktlogistik in Österreich. Die Einführung des AutoStore-Systems läuft planmäßig und wir sind stolz darauf, eines der ersten Kontraktlogistikunternehmen in Österreich zu sein, die eine solche Lösung umsetzen. Das löst viele Herausforderungen im Bereich der effizienten Einlagerung, Lagerhaltung und Kommissionierung von Kleinteilen.
Welche konkreten Ratschläge geben Sie Unternehmen, die ähnliche Automatisierungsprojekte planen? Was sind die häufigsten Fehler, und wie vermeidet man sie?
Haslinger: Das Wichtigste ist – neben Faktoren wie Zeit, Ressourcen, IT Kompetenz – das Projektteam. Es mag einfach klingen, doch der Erfolg steht und fällt mit den Projekt-Teammitgliedern. Egal, wie viel Fachexpertise in so einem Projekt steckt, irgendwann muss man pragmatische Entscheidungen treffen. Alleine bei den Variantenvergleichen kann man bis ins nahezu unendliche Überlegungen und Vergleiche anstellen – und sich somit im Projekt verlieren und über Jahre hinweg beschäftigt sein. Es bedarf der richtigen „Flughöhe“, um den Projektfortschritt und somit den Projekterfolg nicht aus den Augen zu lassen. Ich finde, wir haben das mit unserem Team bei cargo-partner sehr gut hinbekommen, auch wenn die Versuchung zeitweise da war, bei der einen oder anderen Fragestellung tief ins Detail zu gehen.
10. Ersatzteiltagung: Von Predictive Maintenance bis zur Kreislaufwirtschaft
Ersatzteile sind über den gesamten Erdball verteilt. Das ist und war lange Zeit gängige Praxis, um Reaktionszeiten so kurz wie möglich zu halten. Doch Störungen in den Lieferketten haben gezeigt, wie risikobehaftet die globale Distribution sein kann. Welche Ersatzteile sollen wo auf Lager gelegt werden? Die aktuelle Situation rollt diese grundlegende Frage ganz neu auf – und inspiriert zu neuen Lösungsansätzen.
Diskutieren Sie mit ExpertInnen, wie Bestände zeitgemäß geplant werden. Erfahren Sie von Fachkollegen, welche Strategien und digitalen Tools sie anwenden, um die Teilevielfalt zu beherrschen. Und lassen Sie sich zu Themen wie Remanufacturing, 3D-Druck und Ersatzteil-Pricing inspirieren! Den Rahmen dazu bietet die alljährliche Ersatzteiltagung, die FACTORY gemeinsam mit Fraunhofer Austria organisiert.
Anmeldung und weitere Informationen: Ersatzteiltagung 2025
