Im Gespräch: Tobias Rieker : Mehr Marge, weniger Rätselraten

Tobias Rieker ist der Mitgründer von Markt-Pilot, einem Unternehmen, dass eine Softwarelösung für den Ersatzteilmarkt für Maschinenbauer erfunden hat. Maschinenbauer können so ihre eigenen Verkaufspreise für Ersatzteile vergleichen und benchmarken.
- © Markt-PilotSie zitieren Studien, laut denen 96 Prozent der Ersatzteilpreise im Maschinenbau nicht marktgerecht sind. Wie erklären Sie sich diese enorme Diskrepanz?
Tobias Rieker: Der Kern des Problems liegt in der traditionellen Preisgestaltung vieler Maschinenbauer. Viele Unternehmen setzen immer noch auf kosten- oder wertbasierte Preismodelle anstatt auf eine konsequente Marktanalyse und daraus resultierenden marktorientiertem Pricing welches zu viele Vorteilen gegenüber alten Preismodellen führt. Das führt dazu, dass Ersatzteilpreise oft entweder zu hoch oder zu niedrig angesetzt werden. In einem globalisierten Markt mit dynamischen Wettbewerbsbedingungen und zunehmend volatilen Lieferketten ist das jedoch nicht nachhaltig. Ein Hauptgrund ist die mangelnde Transparenz: Maschinenbauer wissen schlicht nicht, wie sich die Marktpreise für ihre Ersatzteile verhalten. Hinzu kommt, dass Preisanpassungen oft nach Bauchgefühl oder historischen Margenvorgaben erfolgen. Das Ergebnis sind enorme Preisunterschiede, die entweder Umsatzpotenziale ungenutzt lassen oder zu hohen Preisen führen, die Kunden abschrecken.
Sie betonen die Bedeutung von Markttransparenz im Ersatzteilgeschäft. Wie hat sich diese Transparenz seit Ihrem Markteinstieg 2020 entwickelt?
Rieker: Seit unserem Start haben wir mit über 150 führenden Maschinenbauern zusammengearbeitet und ihnen ein neues Maß an Transparenz ermöglicht. Diese Unternehmen wissen nun genau, wo sie im Markt stehen. Und die Ergebnisse sind oft verblüffend: über 75 Prozent der Ersatzteilpreise ändern sich um mehr als 19 Prozent innerhalb von drei Monaten. Diese Dynamik war früher unsichtbar. Wir sehen zudem, dass Markttransparenz in der Branche zunehmend als strategischer Wettbewerbsvorteil verstanden wird. Unternehmen, die sich früher auf starre Preisstrategien verlassen haben, beginnen nun, Marktdaten aktiv in ihre Pricing-Prozesse zu integrieren und dies als neue Basis zu sehen. Trotzdem gibt es noch viel zu tun: Viele Maschinenbauer bleiben in alten Strukturen verhaftet. Unser Ziel ist es, einen Paradigmenwechsel in der Branche zu fördern, bei dem datengetriebene Entscheidungen zur neuen Norm werden
Viele Unternehmen haben jahrzehntelang mit der gleichen Preisstrategie gearbeitet, ohne diese zu hinterfragen.
Warum scheitern noch immer so viele Unternehmen an dynamischen Strategien?
Rieker: Ein wesentlicher Faktor ist das "Das haben wir schon immer so gemacht"-Denken. Viele Unternehmen haben jahrzehntelang mit der gleichen Preisstrategie gearbeitet, ohne diese zu hinterfragen. Zudem fehlt oft das Bewusstsein für den Einfluss von Marktdynamiken. Während die Produktion und das Engineering hochinnovativ sind, hinken Pricing-Strategien und Vertrieb oft hinterher. Hinzu kommt, dass dynamisches Pricing nicht einfach nur bedeutet, Preise häufig anzupassen. Es geht darum, fundierte Entscheidungen auf Basis von Marktdaten zu treffen. Dafür braucht es eine klare Strategie, die richtige Technologie und ein Umdenken auf allen Unternehmensebenen. Wir sind überzeugt, dass die Unternehmen, die sich frühzeitig anpassen, langfristig die führenden Marktakteure sein werden.
KI und digitale Tools werden als Gamechanger im Ersatzteil-Pricing genannt. Mit „MP One“ launchen Sie in diesem Jahr eine KI-Plattform für Parts-Pricing und Market Intelligence. Was wird damit möglich sein?
Rieker: MP One ist die erste vollintegrierte Plattform, die eine 360-Grad-Lösung für das Ersatzteil-Pricing bietet. Damit können Maschinenbauer erstmals alle relevanten Marktdaten in Echtzeit analysieren und direkt in ihre Preisstrategie integrieren. Unsere KI unterstützt sie dabei, den optimalen Preis für jedes einzelne Teil (egal ob Eigenfertigung oder Kaufteil) zu bestimmen – basierend auf Marktverhalten, Wettbewerbssituationen und individuellen Unternehmenszielen. Das bedeutet: keine Preisblindflüge mehr, sondern datengetriebene, marktorientierte Entscheidungen, die Umsatz- und Margenpotenziale voll ausschöpfen. Langfristig kann dies eine Transformation des gesamten Marktes bewirken, indem Maschinenbauer eine bisher unerreichte Pricing-Exzellenz erreichen.

Kostenloses Webinar mit Tobias Rieker
In unserem kostenlosen Webinar „Preisgestaltung ohne Preiskrieg: Vertrauen aufbauen, Kunden binden und Gewinne steigern – ein Widerspruch?“ zeigt Tobias Rieker, Gründer & Geschäftsführer von MARKT-PILOT, wie Unternehmen im Maschinenbau ihre Ersatzteilpreise strategisch optimieren und gleichzeitig das Vertrauen ihrer Kunden stärken.
Wann: Mi., 5. März, 10.00 bis 11.00 Uhr | Weitere Informationen und Anmeldung

Die globalen Trends haben eine große Wirkung auf den After-Sales-Bereich. Die neue Zollpolitik der USA und die Konflikte mit Russland und China verschärfen die Volatilität. Wie passen Sie Ihre Algorithmen für tarifsensitive Preismodelle an?
Rieker: Wir arbeiten mit einer erweiterten Betrachtung sogenannter Preistreiber. Dazu gehören nicht nur klassische Parameter wie Material- bzw. Produktionskosten bei Eigenfertigungsteilen, sondern auch zollpolitische Entwicklungen, geopolitische Risiken und Währungsschwankungen. Unsere Algorithmen können diese Faktoren in die Preisstrategie einfließen lassen und so resiliente Preismodelle schaffen. Unsere Vision ist eine Branche, die flexibel auf globale Veränderungen reagieren kann und in der Maschinenbauer dank intelligenter Technologie immer einen Schritt voraus sind.
Österreich hat einen hohen Anteil am Ost-Handel – ist also besonders betroffen. Was bedeutet das für die Berechnung der optimalen Preisstrategie?
Rieker: Österreichische Maschinenbauer stehen vor einer besonderen Herausforderung: Der hohe Ost-Handelsanteil macht ihre After-Sales-Strategien anfälliger für geopolitische und wirtschaftliche Schwankungen. Genau hier setzen wir an. Unsere Lösung ermöglicht es, für jedes Ersatzteil in Echtzeit den optimalen Preis zu bestimmen – basierend auf Marktentwicklungen, Wettbewerbssituation und der Zahlungsbereitschaft der Kunden.
Händisch ist das bei Zehntausenden von Ersatzteilen schlicht unmöglich. Mit KI-gestütztem Pricing stellen wir sicher, dass Unternehmen agil bleiben und ihre Preise dynamisch an Marktgegebenheiten anpassen können – ohne dabei ihre Margen oder Kundenbeziehungen zu gefährden. Das ist der Schlüssel zu einer resilienten, zukunftsfähigen Pricing-Strategie.
Können Sie Einblicke in österreichische Erfolgsfälle geben, die durch Ihr System Umsatzsteigerungen realisiert haben?
Rieker: Wir arbeiten mit einer Vielzahl österreichischer Maschinenbauer zusammen, die durch datengetriebenes Pricing signifikante Umsatz- und Margensteigerungen realisiert haben. Ein herausragendes Beispiel ist die Firma LTW. LTW hat durch unsere Lösung eine transparente, faire und marktorientierte Preisstrategie implementiert – mit beeindruckenden Ergebnissen: Höhere Margen, gesteigerter Umsatz und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit im globalen After-Sales-Markt. Dieses Beispiel zeigt, wie datenbasierte Pricing-Entscheidungen Maschinenbauern helfen, langfristig erfolgreich zu sein.