Im Gespräch: Timur Göreci : KI-Beschaffungsplattform aus der Schweiz vernetzt die CNC-Welt

Orderfox

Timur Göreci ist Chief Revenue Officer bei der Orderfox Schweiz AG mit Sitz in Zürich. Nach seinem Abschluss in Designmanagement an der AMD Düsseldorf bekleidete er verschiedene Managementpositionen bei internationalen Unternehmen wie H&M, Global Blue, store2be und Laserhub GmbH. Bei Orderfox, einer KI-basierten B2B-Lösung für die Fertigungsindustrie weltweit, ist er seit März 2023 tätig.

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Partfox integriert eine eigens entwickelte KI, die durch ein Matching-System Einkäufer und Hersteller in der CNC-Industrie zusammenführt. Welche Vorteile ergeben sich durch den Einsatz von KI?

Timur Göreci:
Unser Ziel mit Partfox ist es, die Akteure der CNC-Industrie, sei es Einkäufer oder Hersteller, näher an die Standards heranzuführen, die wir aus dem B2C-Bereich gewohnt sind. Dafür benötigen wir eine umfangreiche Datenbank und tiefgreifendes Verständnis für die Fertigungsindustrie. Das System von Partfox nutzt zwei KIs: Eine aggregiert Daten aus der Fertigungsindustrie, wie beispielsweise Informationen über Maschinenparks, während die andere KI Metadaten analysiert, um relevante Produktionsinformationen zu identifizieren. Durch den Vergleich dieser Daten mit den Maschinenparks der CNC-Fertiger können wir präzise Informationen darüber erhalten, welche Bearbeitungsmöglichkeiten eine bestimmte Maschine bietet, wer sie besitzt und wo sie sich befindet. Dies ermöglicht es uns, Einkäufer gezielt mit passenden CNC-Fertigern zu verbinden.

In Ihrer Datenbank sind derzeit 120.000 Hersteller verzeichnet. Wie zuverlässig sind diese Daten, die automatisch von der KI aggregiert werden?

Göreci:
Wir greifen größtenteils auf öffentlich zugängliche Datenquellen zurück, wobei viele Hersteller sich selbst registrieren. Orderfox, unser Mutterunternehmen, betreibt seit sieben Jahren eine Plattform, auf der sich Fertiger und Einkäufer treffen können. Die meisten dieser Einträge stammen also aus erster Hand.

“Wir fungieren nicht als Mittelsmann und erheben keine Provisionen oder zusätzliche Gebühren, um sicherzustellen, dass die Industrie ungehindert direkt miteinander kommunizieren kann.”

Können Sie uns den typischen Kunden von Partfox beschreiben?

Göreci:
Unsere typischen Kunden im Einkaufsbereich befinden sich häufig im Maschinenbau. Sie können Teile für ihre Maschinen selbst herstellen, benötigen jedoch gelegentlich externe Unterstützung oder müssen Serienteile bestellen. Unsere Einkäufer sind in der Regel in Europa ansässig, verfügen über CAD-Zeichnungen und technische Spezifikationen und haben ein bestimmtes Einkaufsvolumen. Auf der anderen Seite sind die CNC-Fertiger, die optimalerweise nicht für OEMs arbeiten und über entsprechende Zertifizierungen verfügen, insbesondere im internationalen Kontext sind Zertifizierungen von großer Bedeutung.

Wie läuft ein typischer Bestellvorgang auf Ihrer Plattform aus?

Göreci:
Wir benötigen in der Regel eine CAD-Zeichnung und idealerweise auch technische Spezifikationen. Der Einkäufer lädt diese Dateien hoch, gibt die Stückzahl an, grenzt gegebenenfalls den geografischen Bereich der Ausschreibung ein und fügt zusätzliche Informationen hinzu. Nach Abschluss dieses Prozesses können die Anfragen entweder öffentlich auf einem RFQ-Feed veröffentlicht werden, wo interessierte Fertiger sie finden können, oder der Kunde kann direkt auf das Profil eines bestimmten Fertigers zugreifen und diesen kontaktieren. Wir fungieren nicht als Mittelsmann und erheben keine Provisionen oder zusätzliche Gebühren, um sicherzustellen, dass die Industrie ungehindert direkt miteinander kommunizieren kann.

Wir beobachten, dass viele unserer europäischen Kunden verstärkt nach regionalen oder interregionalen Fertigungsmöglichkeiten suchen.

Sehen Sie einen Trend zum Nearshoring bei Bestellungen auf Ihrer Plattform?

Göreci:
Ja, insbesondere angesichts der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie und andere globale Ereignisse wie den Ukraine-Krieg besteht ein deutlicher Trend zum Near-Shoring oder sogar zum Reshoring. Die Risikominimierung im Beschaffungsprozess ist zu einem wichtigen Faktor geworden, da viele Lieferketten unterbrochen wurden. Wir beobachten, dass viele unserer europäischen Kunden verstärkt nach regionalen oder interregionalen Fertigungsmöglichkeiten suchen, um ihre Lieferketten stabiler zu gestalten und auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können.

Was halten Sie von einem möglichen EU-Lieferkettengesetz, sollte es kommen, und wie würde es Ihr Unternehmen betreffen?

Göreci:
Wir sehen definitiv die Vorteile eines EU-Lieferkettengesetzes, insbesondere für den Standort Europa. Als Schweizer Unternehmen unterstützen wir natürlich die Förderung der Globalität, erkennen aber auch die Vorteile, die eine verstärkte Regionalisierung oder Lokalisierung der Lieferketten mit sich bringen würde. Allerdings glauben wir, dass verschiedene Faktoren weiterhin dazu führen werden, dass das Sourcing in Indien oder Asien weiterhin relevant bleibt.

ETT

9. ERSATZTEILTAGUNG

Versorgungssicherheit als Langstreckenlauf!

Ihre Plattform richtet sich konkret an CNC-Fertiger. Sehen Sie sich dadurch in Konkurrenz zu Anbietern im Bereich des 3D-Drucks?

Göreci:
Traditionell konzentrieren wir uns auf das CNC-Fräsen, erweitern jedoch kontinuierlich unseren Fokus auf andere Fertigungsverfahren wie Laserschneiden und Gießverfahren. Wir haben bereits 3D-Druckdienste in unsere Plattform integriert und werden weiterhin verschiedene Fertigungstechniken aggregieren. Ein aufkommender Bereich, dem wir uns widmen, ist die Holzindustrie. In den kommenden Monaten werden wir verstärkt Anbieter aus diesem Sektor auf unserer Plattform präsentieren. Unsere Fertiger sind äußerst vielfältig und bieten oft mehrere Fertigungsverfahren an, darunter auch 3D-Druck. Wir erkennen die wachsende Bedeutung des 3D-Drucks nicht nur im Rapid Prototyping, sondern auch in der Mittel- und Langserie und sehen darin eine vielversprechende Zukunft.

Eine weitere Innovation aus dem Hause Orderfox ist der B2B-Chatbot Gieni. Könnten Sie uns mehr darüber erzählen?

Göreci:
Gieni ist unser neuestes Produkt, das auf der weltweit größten Datenbank von CNC-Fertigern basiert. Dieser Chatbot befindet sich derzeit in der Beta-Phase und ermöglicht es Benutzern, branchenspezifische Fragen zu stellen und detaillierte Informationen zu erhalten. Zum Beispiel kann man nach Produktionsstandorten für bestimmte Teile suchen und erhält daraufhin ein Dashboard mit relevanten Daten zu potenziellen Fertigern. Diese Daten sind für die gesamte Industrie relevant, von Zulieferern bis hin zu Maschinenbauern, und haben das Potenzial, die Marktforschung grundlegend zu verändern.

Wie sieht die Zukunft der Ersatzteilversorgung aus?

Ersatzteile sind über den gesamten Erdball verteilt. Das ist und war lange Zeit gängige Praxis, um Reaktionszeiten so kurz wie möglich zu halten. Doch Störungen in den Lieferketten haben gezeigt, wie risikobehaftet die globale Distribution sein kann. Welche Ersatzteile sollen wo auf Lager gelegt werden? Die aktuelle Situation rollt diese grundlegende Frage ganz neu auf – und inspiriert zu neuen Lösungsansätzen.

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Den Rahmen dazu bietet die alljährliche Ersatzteiltagung, die das Magazin FACTORY gemeinsam mit Fraunhofer Austria organisiert.

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