Ergebnisse der ETT-Umfrage : Das war die zehnte Ersatzteiltagung

Matthias Heschl

Die 10. Ersatzteiltagung überzeugte mit viel Expertise und einem Out-of-the-Box-Vortrag von "Bucketlist-Schmied" Thomas Fleischanderl.

- © Matthias Heschl
  • Virve Viitanen ABB Motion Services

    Den Auftakt machte Virve Viitanen von ABB Motion Services. Sie beleuchtete die erheblichen Kosten ungeplanter Stillstände, die für Unternehmen oft hohe Verluste und operative Herausforderungen bedeuten. In ihrem Vortrag erklärte sie, wie Predictive Maintenance durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen helfen kann, Probleme frühzeitig zu identifizieren und zu vermeiden. 

    Sie zeigte praxisnahe Beispiele, in denen Unternehmen durch intelligente Sensorik und datenbasierte Analysen ihre Maschinenverfügbarkeit signifikant verbessern konnten. Ihr Fazit: Vorausschauende Wartung ist der Schlüssel zu höherer Effizienz und geringeren Kosten in der Industrie.

  • Helmut Heftberger und Michael Kirchmeir Wintersteiger Operations

    Helmut Heftberger und Michael Kirchmeir von Wintersteiger Operations widmeten sich der Frage, wie sich Lagerbestände optimal steuern lassen. Besonders in Branchen mit saisonalen Schwankungen ist eine präzise Bestandsplanung essenziell, um einerseits eine hohe Verfügbarkeit sicherzustellen, andererseits jedoch unnötige Lagerhaltungskosten zu vermeiden. 

    Sie stellten innovative Strategien vor, wie digitale Lagerverwaltungssysteme und automatisierte Prognosemodelle helfen können, Engpässe zu vermeiden und gleichzeitig die Bestandskosten zu senken. Ihr Vortrag unterstrich die Bedeutung eines agilen Materialmanagements, das sich flexibel an Marktveränderungen anpassen kann.

  • Felix Benak Sparetech

    Das Stuttgarter Startup Sparetech hat sich innerhalb kürzester Zeit als Partner namhafter Unternehmen wie Porsche, Volkswagen oder Airbus etabliert. Felix Benak erklärte, wie datengetriebene Ersatzteilstrategien nicht nur Kosten senken, sondern auch die Umweltbilanz verbessern können. 

    Er präsentierte Praxisbeispiele, in denen durch intelligente Analyse großer Datenmengen die Lagerbestände optimiert und Materialverschwendung reduziert wurden. Besonders spannend war die Vorstellung eines Projekts, bei dem Unternehmen durch die digitale Vernetzung von Ersatzteillieferanten ihre Lieferketten resilienter und nachhaltiger gestalten konnten.

Die Highlights der 10. ETT im Fotorückblick

  • Philipp Besinger Fraunhofer Austria

    Mit der zunehmenden Verbreitung von Chatbots und KI im Kundenservice stellte Philipp Besinger innovative Anwendungen für die Ersatzteilbranche vor. Er zeigte, wie kognitive Assistenzsysteme, die auf Knowledge Graphs und Large Language Models basieren, die Interaktion mit Kunden und Technikern revolutionieren können. 

    Sein Vortrag enthielt spannende Einblicke in aktuelle Forschungsprojekte von Fraunhofer Austria, bei denen KI-gestützte Systeme dazu beitragen, Serviceanfragen schneller und präziser zu bearbeiten. Besonders beeindruckend war das Beispiel eines Automobilherstellers, der durch den Einsatz dieser Technologie die Reparaturzeiten signifikant reduzieren konnte.

  • Andreas Stöckl Exotec

    Die steigenden Anforderungen an die Ersatzteillogistik verlangen innovative Lösungen. Andreas Stöckl von Exotec zeigte anhand eines Praxisbeispiels, wie Robotik und Automatisierung die Effizienz steigern und Unternehmen zukunftsfähig machen können. 

    Er stellte ein Projekt vor, bei dem autonome mobile Roboter (AMRs) die Lagerlogistik revolutionierten und dabei sowohl Durchlaufzeiten als auch Fehlerquoten deutlich reduziert wurden. Sein Vortrag machte deutlich, dass der Einsatz moderner Robotik nicht nur große Unternehmen, sondern auch mittelständische Betriebe entscheidend voranbringen kann.

  • Krisztián Haslinger cargo-partner

    Ein weiteres Highlight war der Vortrag von Krisztián Haslinger, der über die Einführung des AutoStore-Systems bei cargo-partner berichtete. Die innovative Lösung, die eine Reduktion des benötigten Lagerplatzes um beeindruckende 63 Prozent ermöglichte, optimiert nicht nur die Lagerhaltung, sondern steigert auch die Effizienz der gesamten Lieferkette. 

    Haslinger ging detailliert darauf ein, welche Herausforderungen es bei der Implementierung gab und wie diese gemeistert wurden. Besonders spannend waren seine Insights zu den Skalierungsmöglichkeiten solcher Systeme für unterschiedlich große Unternehmen.

  • Richard Arnold und Lars-Frederik Hinz Prinoth

    Datenbasierte Entscheidungsfindung ist ein zentraler Erfolgsfaktor. Richard Arnold und Lars-Frederik Hinz von Prinoth zeigten, wie digitale Lösungen Prozesse nachhaltig verbessern und Transparenz schaffen können. 

    Ihr Vortrag enthielt anschauliche Beispiele, wie digitale Zwillinge und IoT-Technologien in der Praxis eingesetzt werden, um Wartungszyklen zu optimieren und Kosten zu senken.

  • Nikolaus Dürk X-Net Services

    In seinem Vortrag beleuchtete Nikolaus Dürk, wie Unternehmen ihre Kundendaten effizient nutzen können, um Produktlebenszyklen zu verlängern und Ressourcen nachhaltiger einzusetzen. Er zeigte auf, wie datengetriebene Entscheidungen nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch die Umweltbilanz verbessern können. Besonders spannend war sein Beispiel aus der Fertigungsindustrie, bei dem durch vernetzte Datenanalyse die Ausfallzeiten von Maschinen signifikant reduziert wurden.

  • Peter Entenfellner und Andreas Holzleithner BOOXit

    Das Start-up BOOXit stellte innovative Technologien vor, die Schwund und hohe Rücktransportkosten bei Mehrwegbehältern minimieren. Besonders im Bereich der Verteidigungslogistik bieten diese Ansätze enorme Einsparpotenziale. 

    Ihr Vortrag verdeutlichte, wie durch den Einsatz von IoT-Sensoren und intelligenten Trackingsystemen Ersatzteilversorgungsketten sicherer und kosteneffizienter gestaltet werden können.

Traditionell endete die ETT mit einem außergewöhnlichen Vortrag. Thomas Fleischanderl, bekannt als "Bucketlist-Schmied“, inspirierte das Publikum dazu, gewohnte Denkmuster zu durchbrechen und neue Wege zu beschreiten – sei es im Berufsleben oder privat. Seine Methode, wirtschaftliches Know-how mit abenteuerlichen Erfahrungen zu kombinieren, zeigte eindrucksvoll, dass Erfolg oft außerhalb der Komfortzone beginnt.

Die 10. Ersatzteiltagung bot spannende Einblicke und zukunftsweisende Ideen für die Branche. Die Veranstaltung hat einmal mehr bewiesen, dass Innovationen und digitale Transformation der Schlüssel für nachhaltigen Erfolg im Ersatzteilwesen sind. Die nächste ETT ist bereits in Planung und wird am 12. März 2026 stattfinden. Bis dahin bleibt die After-Sales-Community in engem Austausch.

Thomas Fleischanderl: Out-of-the-Box-Inspiration - © Matthias Heschl

Die Auswertung: So tickt die Ersatzteilbranche

Traditionell wurde im Rahmen der ETT eine Branchenumfrage durchgeführt, mit der die aktuelle Stimmung festgehalten wird. Die Ersatzteiltagung zieht ein vielfältiges Fachpublikum an, das vor allem aus dem Maschinenbau stammt – mit einem Anteil von 33,9 % stellen sie heuer die größte Besuchergruppe. Ebenfalls stark vertreten sind Teilnehmer aus sonstigen Dienstleistungen (17,9 %) sowie dem Transport- und Logistikwesen (16,1 %). Diese breite Branchenstreuung unterstreicht die Bedeutung des Ersatzteilmanagements in verschiedenen Wirtschaftszweigen und ermöglicht einen interdisziplinären Austausch über aktuelle Herausforderungen und innovative Lösungsansätze.

Großunternehmen dominieren die ETT

Bezeichnend für die Ersatzteiltagung ist die Verteilung der Unternehmen. So kommen die meisten Teilnehmer aus großen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern (29,6 %), rund 7,4 Prozent der Teilnehmer kommen aus Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Aber auch am unteren Rand der Skala waren viele Teilnehmer vertreten. So kommen 20,9 Prozent der Teilnehmer aus Unternehmen mit 50 bis 99 Mitarbeitern

Diese Schere zwischen großen und kleinen Unternehmen spiegelt sich auch am Umsatz der Unternehmen wieder. So geben 18,2 Prozent der Teilnehmer einen jährlichen Umsatz von über 500 Millionen Euro an, bei 20 Prozent beträgt der Umsatz zwischen 100 und 500 Millionen Euro. Weitere 20 Prozent geben einen Umsatz von 50 bis 100 Millionen Euro an, der Rest verteilt sich auf kleinere Umsatzkategorien.

Anteil des Ersatzteilgeschäfts

Etwas zugeknöpfter geben sich die Teilnehmer bei der Benennung des Umsatzanteils des After-Sales-Bereichs am Gesamtumsatz des Unternehmens. 28,8 Prozent der Teilnehmer machen hier keine Angabe. Die größte Kohorte mit einer Angabe entfällt auf 20 bis 30 Prozent (21,2 %), gefolgt von 10 bis 20 Prozent (13,5 %). Lediglich 5,8 Prozent geben an, dass der Anteil weniger als fünf Prozent ausmacht.

Nachgefragt wurde auch die Geschäftsbeziehung hinter dem größten Umsatzanteil im After-Sales-Bereich. Hier zeigt sich, dass der größte Teil auf transaktionalen Beziehungen (43,1 %) entfällt, gefolgt von langsfristigen Verträgen (25,5%). Lediglich zwei Prozent entfallen hier auf Betreibermodelle

Bei diesen Geschäftsbeziehung wird von den Teilnehmern mittel- bis langfristig das größte Potenzial zur Steigerung von After-Sales bei langfristigen Verträgen gesehen (64 %). Weit dahinter die transaktionalen Beziehungen (24 %), gefolgt von Betreibermodellen und anderen Modellen mit jeweils 18 Prozent.

Die langfristige Perspektive

Im Rahmen der alljährlichen ETT-Umfrage wurde auch die Zukunftsperspektive abgefragt. Zum Thema Fachkräftemangel wurde nach der Einschätzung gefragt, wie viele Experten im Ersatzteilmanagement und After-Sales-Bereich im jeweiligen Unternehmen in den nächsten zehn Jahren in Pension gehen werden. Die meisten Antworten entfallen hier auf 0 bis 10 Prozent (44,9 %), gefolgt von 10 bis 20 Prozent (22,4 %). Immerhin 12,2 Prozent der Befragten sehen eine Pensionierungswelle von 30 bis 40 Prozent auf ihr Unternehmen zukommen.

Wir haben auch nachgefragt, ob in den Unternehmen bereits eine ausformulierte Strategie/Herangehensweise für die Umsetzung von Experten-Wissen im Ersatzteilmanagement und After-Sales-Bereich existiert. Ein Drittel der Befragten gibt an, dass es derzeit keine solchen Aktivitäten im Unternehmen gibt. Bei 25 Prozent werden solche Strategien derzeit erarbeitet und bei 16,7 Prozent der Befragten werden Strategien bereits angewandt.

Zum Abschluss wurde noch abgefragt, wie relevant die Sicherung des Experten-Wissens im Ersatzteilmanagement und After-Sales-Bereich in den Unternehmen ist. Die meisten Befragten (62,5 %) halten das Thema für sehr relevant. Für 31,3 Prozent ist die Sicherung relevant. Kein einziger Teilnehmer hält das Thema für nicht relevant.