Kommentar : Agile Produktion - unmögliches möglich machen?
Achtung, Verwechselungsgefahr
Im Kontext der Prozesslandschaft und ihrer Verbesserung erhält man häufig auf die Frage, was Agilität eigentlich bedeutet, folgende Antwort: „Agilität heißt, dass man stets alles liefern kann, was benötigt wird.“ Und genau das trifft nicht zu. Hier wird der Begriff gerne mit Flexibilität oder Feuerlöschen verwechselt.
Flexible Prozesse und fire fighting
Jedes System hat Grenzen. Diese äußern sich in Spezifika von herzustellenden Produkten oder Dienstleistungen und bezüglich der Quantität. Diese Grenzen müssen bekannt sein, weil man sonst Kund:innen etwas verspricht, was man gegebenenfalls nicht halten kann.
Wenn innerhalb der Wertstromlandschaft diese Eigenschaften bekannt sind und nach definierten Standards gewisse Schwankungsbreiten in Bezug auf Umfang von Produkten und Dienstleistungen sowie deren Menge oder Lieferzeit abgebildet werden können, dann spricht man von Flexibilität. Diese Möglichkeiten sind nie zufällig und damit das Gegenteil von Feuerlöschen.
Denn viele Menschen reden von Flexibilität, meinen aber Feuerlöschen. Sie finden den Umstand, dass man immer wieder reaktiv in die Prozesse eingreifen muss, völlig normal, was es aber nicht ist.
Die Macht der kleinen Schritte
Doch was macht nun Agilität aus? Agilität ist weder Flexibilität noch Feuerlöschen, sondern bezeichnet die Fähigkeit, einen bestehenden Zustand strukturiert in kleinen Schritten und relativ häufig zu verändern.
Das Besondere am agilen Ansatz – und das ist der wesentliche Unterschied zum klassischen Vorgehen – ist, dass ein System sehr häufig und dabei in vielen kleinen Schritten verändert wird. Dadurch sieht man Erfolge schneller und erkennt Fehler rascher. So nimmt die Veränderungsgeschwindigkeit zu.
Kommt Ihnen das bekannt vor?
Die Produktionsexpert:innen unter Ihnen werden sich vermutlich denken, dass sie diese Ansätze im Produktionsbereich schon mal gehört haben. Das ist gut möglich, nur nannte man es damals nicht „agil“. Die ganze Lean-Welt resultiert aus dem großen Missverständnis, dass man Kaizen lediglich mit KVP übersetzte. Oft wurde darin nur die Implementierung von Methoden zum Steigern von Effizienz gesehen.
Kaizen ist jedoch genau die innere Haltung, die „Agilität“ vermeintlich neu entdeckt hat. Man verändert sich und das eigene System stetig in kleinen Schritten und sieht dabei Fehler als Chance zur weiteren Verbesserung. Agilität ist, genauso wie Kaizen, nichts anderes als eine bestimmte Form der selbstreflektierenden inneren Haltung von Menschen, die eine Organisation ausmachen.
Aber was ist an „agiler Produktion“ nun neu? Wenn man die Kultur des Kaizen verstanden hat, gar nichts. Dass es jetzt und in den letzten Jahren als großer Hype verkauft wurde, hat eher monetäre Gründe für eine gewisse Branche.