Erneuerbare Energie : Wie aus Meereswellen Energie erzeugt wird

Bojen auf dem Meer
© Ocean Harvesting

Auch wenn der Anteil an regenerativer Energieerzeugung konstant steigt: Angesichts der ehrgeizigen Ziele zur Reduktion des CO2-Ausstoßes müssen weltweit auch neue, nachhaltige Quellen zur Energiegewinnung erschlossen werden.

Ocean Harvesting hat eine solche Lösung entwickelt, die Energie aus der Wellenbewegung der Ozeane gewinnt. Die Grundidee des Systems mit der Bezeichnung InfinityWEC (Wave Energy Converter): Auf dem Meeresgrund werden Bojen befestigt. Der Wellengang bewirkt ein Heben und Senken der Bojen. Diese Bewegung wird von einem Hydrauliksystem - einem Hydraulikspeicher mit einem großen Gasvolumen - und zwei Schwerlast-Kugelgewindetrieben von NSK aufgenommen. Die Muttern der Kugelgewindetriebe sind direkt mit dem Zylinder verbunden. Sie versetzen die Welle des Kugelgewindetriebs in eine rotative Bewegung, die direkt auf einen Generator wirkt, der elektrischen Strom erzeugt.

Bis dieses Konzept in die Praxis umgesetzt werden konnte, mussten viele Detaillösungen entwickelt werden. So muss zum Beispiel die optimale Ausrichtung des Bojenkörpers in jeder einzelnen Welle gewährleistet sein, denn sie ist essenziell für eine effektive Energieerzeugung. Auch die Rückstellung der Mutter des Kugelgewindetriebs in der Abwärtsbewegung muss gewährleistet sein. Diese Aufgabe übernimmt das Hydrauliksystem. Es speichert einen Teil der Energie, die durch die Auftriebskraft entsteht, und gibt sie während der Abwärtsbewegung an den Kugelgewindetrieb ab.

Das Antriebssystem

Auch die Auswahl des Antriebssystems für die Umwandlung der linearen in eine rotative Bewegung verlangte große Sorgfalt - zumal das System permanent unter widrigen Umgebungsbedingungen (gekapselt unter Wasser) arbeitet und die Möglichkeiten, Wartungsarbeiten vornehmen zu können, sehr begrenzt sind.

Mikael Sidenmark, CEO der Ocean Harvesting Technologies AB, sagt: „Wir haben Vergleichstests u.a. von Kugelgewindetrieben, Windenantrieben und Zahnstangenantrieben durchgeführt. Das Ergebnis: Kugelgewindetriebe eignen sich am besten, weil sie hohe Kräfte bei langen Hüben aufbringen, dabei eine hohe Effizienz erreichen und eine hohe Antriebsleistung für die Generatoren bereitstellen.“ Für NSK entschieden sich die IngenieurInnen wegen der sehr langen Lebensdauer der Schwerlast-Kugelgewindetriebe aus der HTF-Serie von NSK. Sidenmark erklärt dazu: „Die Kugelgewindetriebe sollen 100 Millionen Lastzyklen in zwanzig Jahren ausführen – das ist sehr anspruchsvoll.“ Ein weiterer Grund für die Zusammenarbeit mit NSK, so Sidenmark, sei die gute Unterstützung durch die Antriebsexperten des Unternehmens.

Die Schwerlast-Kugelgewindetriebe der HTF-Serie wurden ursprünglich für anspruchsvolle Hochlastanwendungen im Maschinenbau entwickelt, u.a. für Pressen und andere Umformanlagen sowie für Spritzgießmaschinen mit elektrischem statt hydraulischem Antrieb. Dank ihrer Fähigkeit, sehr hohe Lasten aufzunehmen und dabei eine sehr hohe Lebensdauer zu erreichen, kommen HTF-Kugelgewindetriebe auch in anderen Infrastruktur-Anwendungen zum Einsatz, zum Beispiel als Dämpfungselemente in neuartigen Systemen für den Erdbebenschutz von Hochbauten.

Ausblick

Aktuell testet Ocean Harvesting einen Prototypen des „InfinityWEC“ im Maßstab 1:10. Wenn die Tests zufriedenstellend verlaufen, soll ein Prototyp im Maßstab 1:3 erprobt werden und 2024 dann ein erstes „Wellenkraftwerk“ in voller Größe. Bis dahin wird NSK auch noch Entwicklungsarbeit leisten und einen HTF-Schwerlast-Kugelgewindetrieb in der von Ocean Harvesting benötigten Größe konstruieren und fertigen.