Energiewende in der Metallindustrie : Wo steht die Metallindustrie bei der CO2-Reduzierung?

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Die Aufgabenstellung ist komplex. EU-Regularien und unternehmenseigene CO2-Reduktionsziele drängen europäische Unternehmen zur Ergreifung von Maßnahmen, um den Vorgaben nachzukommen. Gleichzeitig ächzen Unternehmen, vor allem Großemittenten wie die Metallindustrie, unter den Investitionskosten, um die Kohlendioxid-Reduktion umzusetzen, unter der europäischen Administration im Reporting und unter der Einrechnung der Emissionen von Scope-2 und Scope-3-Zulieferern. Auch der Wettbewerbsdruck steigt. Produzenten außerhalb Europas können günstiger produzieren, nachdem sie CO2-Auflagen nicht einhalten müssen. Die Herausforderungen bleiben mehrdimensional und vielschichtig. Doch sie führen auch zu einem Innovationsboost, der alte Prozesse überdenken lässt und vieles neuer und effizienter gestaltet.

Unterstützung in der Preisgestaltung bietet das CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) der EU. Es setzt sich für faire Preise für die CO2- Emissionen bei der Fertigung bestimmter CO2-intensiver Waren ein. Bis 2026 dauert die Übergangsphase, die das Auslaufen der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (EU-EHS) begleitet. Das Grenzausgleichssystem passt den CO2-Preis für Einfuhren in die EU dem CO2-Preis für die inländische Produktion an. So soll die Erreichung der europäischen Klimaziele sichergestellt und Wettbewerbsverzerrungen entgegengesteuert werden.

Viele EU-Vorgaben zur Klimawende sind wirklich sinnvoll, doch die Regelwut und das übertriebene Reporting sind aus meiner Sicht wenig zielführend.
Heinz Autischer

Abscheidetechnologien als Wegbegleiter

„80 bis 90 Prozent des CO2 sind mittels Abscheidetechnologien aus den Emissionen von industriellen Prozessen extrahierbar“, erklärt Heinz Autischer, COO des Anlagebauers Scheuch Group, die Vorteile der Technologie. Tatsächlich ist ihr Einsatz unerlässlich, denn es lässt sich in der Metall verarbeitenden Industrie kaum ein Prozess aufsetzen, der komplett ohne CO2-Emissionen auskommt. In Einzelfällen kann dies gelingen, so Autischer, das sei aber meist mit gigantischen Investitionen verbunden.

Oft sind die Technologien für die Prozesse noch gar nicht vorhanden, weiß der COO. Der Einsatz von Abscheidetechnologien wird zum Muss, um kurz- und mittelfristige CO2- Reduktionsziele zu erreichen. Gerade die Zement- und Stahlindustrie, die zu den größten globalen CO2-Emittenten gehören, sind am Abscheiden von Kohlendioxid und den dazugehörigen Business- und Kreislaufmodellen interessiert.

Heinz Autischer, COO der Scheuch Group

CO2 aus Zement als Rohstoff für Chemieindustrie

Die Chemieindustrie verwendet Erdölprodukte, um Kunststoff herzustellen. Mittels Carbon Capture Usage (CCU) wird Kohlendioxid zum Beispiel aus Zement-Produktionsprozessen abgeschieden, erklärt Autischer das Verfahren. Ein integriertes CO2-Abscheidungs- und Elektrolyseverfahren wandelt CO2-reiches Rauchgas in Synthesegas. Dieses Gas dient anschließend als Ausgangsstoff für die Herstellung von Kunststoff. Die Vorteile für die Zement- und die Kunststoffherstellung liegen auf der Hand und bieten ein sinnvolles Kreislaufmodell, freut sich der Scheuch-COO.

Zur eierlegenden Wollmilchsau fehlt der Carbon Capture Usage derzeit allerdings noch die ausreichende Versorgung an günstiger grüner Energie, denn CCU ist energieintensiv. Die Kosten für CO2-Zertifikate liegen heute in Europa bei ca. 90 Euro pro Tonne. Im Idealfall dürfte der gesamte Prozess nicht mehr als 90 bis 100 Euro kosten. „Dann würde er sich sogar schon heute wirtschaftlich rechnen“, klärt Autischer auf, „aber da muss man ehrlich sein, davon sind wir immer noch entfernt.“ Dennoch führe zum Vorantreiben der Energiewende kein Weg daran vorbei, ist er überzeugt.

Die Nachfrage nach CO2-armen Produkten ist in den letzten Jahren merklich gestiegen.
Marlene Johler

Produktdiversifikation bei Aluminium

Der Aluminium-Verarbeiter HAI bietet, angepasst an die europäischen Klimaziele, mit SustainAl auch eine CO2-arme Produktlinie an. Das dazu benötigte nachhaltig hergestellte Primäraluminium wird mittels Geothermie oder Wasserkraft hergestellt, erklärt Marlene Johler, Sustainability & Public Affairs Manager der HAI Group. Die Verwendung eines hohen Schrottanteils und der Einkauf von Grünstrom sind neben dem nachhaltigen Primärmaterial die Gründe für den niedrigen CO2-Fußabdruck. In den Gießereien in Ranshofen in Österreich und Santana in Rumänien werden 250.000 Tonnen Aluminiumbolzen pro Jahr mit einer durchschnittlichen Recyclingrate von 80 Prozent produziert. HAI reiht sich somit unter die größten Aluminiumrecycler Europas ein. Mit zwei Tonnen CO2 pro Tonne Aluminium ist die HAI Group an vorderster Front bei der Herstellung von CO2-armen Aluminiumbolzen.

Marlene Johler, Sustainability & Public Affairs Manager der HAI Group

Kreislaufprozesse gegen den CO2-Ausstoß

Der Einsatz von Photovoltaik, um mittels grünem Strom die CO2-Emissionen zu drücken, ist für viele Unternehmen ein wichtiger nachhaltiger Schritt. Für zwei Megawatt installierte die Scheuch Group beispielsweise bereits PV-Anlagen. Aufgrund der Strompreise in den vergangenen Jahren rentieren sich diese Anlagen relativ rasch, sagt Heinz Autischer, Scheuch Group, und sieht einen klaren Business Case. 5 Prozent des Strombedarfs deckt man bei HAI an den Standorten Ranshofen und Soest mit selbst produziertem Strom aus PV-Anlagen, doch für die Produktion wird noch Erdgas benötigt.

„Hier drehen wir an anderen Schrauben und entwickeln innovative Prozesse bzw. investieren in Technologie“, erklärt Johler die Ansätze von HAI. Wärmerückgewinnungsanlagen heizen etwa die Produktionshallen. Für die Trennung von Aluminiumspänen und Kühlschmierstoffen wurde ein eigenes Verfahren entwickelt. Die Späne können so brikettiert und wieder eingeschmolzen werden. Auch die Kühlschmierstoffe werden wiederverwendet und schließen den Kreislauf.