Lasertechnologie : Warum Lasertechnik für die Industrie 4.0 unentbehrlich wird

Laser Schneiden

Laut einem Spruch sei das 20. Jahrhundert das Jahrhundert des Elektrons und das 21. das Jahrhundert des Photons.

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Individualität, Tempo und Flexibilität kennzeichnen die Industrie 4.0. „Die Produkte werden immer kundenspezifischer. Es geht im Prinzip um eine Massenfertigung für Einzelne“, sagt Andreas Otto, Professor am Institut für Fertigungstechnik und Photonische Technologien der TU Wien. Gleichzeitig basiere der gesamte Ablauf der Produktion auf durchgängigen Datenflüssen. Somit seien Laser laut Otto als frei programmierbare Werkzeuge dafür prädestiniert. Das größte Potenzial sieht er in der Produktion selbst: Denn eine stetig wachsende Anzahl an Varianten und laufend kleiner werdende Losgrößen sind für mechanische Verfahren eine enorme Herausforderung.

Anwendungsfelder in der Fertigung und Qualitätssicherung

„Verändert sich das Produkt, müssen die Werkzeuge, wie Stanzpressen, adaptiert oder neue hergestellt werden. Dazu kommt noch das Umrüsten. Beides bedeutet zusätzliche Kosten“, so der TU-Professor. Ein Laser hingegen müsse nur umprogrammiert werden. Weiters sei dessen Anwendungsspektrum enorm, könne er doch unter anderem bohren, schneiden, auf- und abtragen, härten, reinigen und schweißen. Bei letzterem sorgt das gebündelte Licht nicht nur für extrem schmale Schweißnähte und hohe Schweißgeschwindigkeiten, sondern auch dafür, dass wenig Wärme in den Werkstoff eindringt. Das wiederum sorgt dafür, dass sich dieser kaum verändert.

Auch aus der Messtechnik und Qualitätssicherung ist der Laser nicht mehr weg zu denken. Ein weiterer Vorteil ist Otto zufolge die Tatsache, dass die Lasertechnologie zur Material- und Ressourcenschonung und somit wiederum zur Kostensenkung beiträgt. „Bei der konventionellen Herstellung schneidet ein Autohersteller aus einer Blechplatine zum Beispiel zwei Autotüren aus. Mit Laser könnten es drei sein, weil man unterschiedliche Typen oder auch verschiedene Bauteile miteinander kombinieren kann. So kann man dann den Verschnitt reduzieren“, so Otto. Nicht zuletzt könne dank der Lasertechnologie besser auf die Nachfrage reagiert werden, da man Fertigungslinien effizienter organisieren könne.

Automobilindustrie als Vorreiter

Wie effizient und effektiv mit Lasertechnologie produziert werden kann, das zeigt die Automobilindustrie vor. „Dort ist die Lasertechnologie bereits angekommen“, weiß Otto. Anders sieht es hingegen in traditionellen Industriebereichen aus, in denen das Potenzial der Lasertechnologie bei weitem noch nicht ausgeschöpft sei. Ein Grund dafür seien die Kosten, da Lasergeräte in der Anschaffung immer noch recht teuer sind. Die Produktion auf einmal komplett auf Laser umzustellen, sei aber nicht nur wegen der Kosten nahezu unmöglich. „Es braucht für eine konsequente Umstellung auf Laser auch eine andere Denkweise. Um alle Vorteile zu generieren, muss man die Produkte komplett neu denken, vom Design bis zur Fertigung“, ist er überzeugt. Doch auch traditionelle Industriebereiche werden sich dem Laser-Experten zufolge nicht vor der Technologie verschließen können.

Prof Andreas Otto TU Wien Credit
Andreas Otto, Professor am Institut für Fertigungstechnik und Photonische Technologien der TU Wien. - © TU Wien
Um alle Vorteile des Lasers zu generieren, muss man die Produkte komplett neu denken, vom Design bis zur Fertigung.
Andreas Otto

Individualität durch 3D-Druck

„Es gibt einen Spruch, wonach das 20. Jahrhundert das Jahrhundert des Elektrons war und das 21. Jahrhundert jenes des Photons ist“, sagt Otto. Für den Maschinenbau sieht er im lasergestützten 3D-Druck eine zukunftsweisende Alternative, etwa zu Spritz- beziehungsweise Druckgußverfahren. Denn die Flexibilisierung der Produktion werde weiter gehen, entsprechend der zunehmend geforderten Individualisierung der Produkte. Die Voraussetzungen, um den Siegeszug der Photonik fortzusetzen, sind also gegeben. Dazu braucht es aber auch die entsprechende Ausbildung der Mitarbeiter: So müssen Designer wissen, was mit Lasern alles machbar ist. Die Werker wiederum müssten künftig mit Computern umgehen können. „Es wird weniger Männer fürs Grobe brauchen, aber mehr Leute, die mit flexibler Produktion und deren Problemen umgehen können“, sagt Otto. Übrigens: auch auf Forschungsseite tut sich in Unternehmen und Wissenschaft vieles.

Oberflächenforschung und KI

„Wir sind derzeit ganz massiv im Bereich Oberflächenstrukturen unterwegs“, erzählt der TU-Professor. Dabei gehe es beispielsweise darum, Oberflächen schmutzabweisend zu machen oder Schmierstoffe zu reduzieren. Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen, eines der größten lasertechnischen Institute weltweit, wiederum will als Teil eines deutsch-kanadischen Konsortiums dazu beitragen, Laserauftragsschweißen automatisch zu optimieren und produktiver zu machen. Im Projekt „Artificial Intelligence Enhancement of Process Sensing for Adaptive Laser Additive Manufacturing AI-SLAM“ wird eine Software für Anlagenhersteller entwickelt, mit der Prozesse des Laserauftragsschweißens automatisch ablaufen können. Dafür werden die Geometrien während des Auftragens automatisiert erfasst. Das System erkennt Abweichungen von der vorgegebenen Kontur und regelt Prozessparameter wie beispielsweise die Vorschubgeschwindigkeit nach. Die optimierten Steuerparameter werden dabei mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz ermittelt. Die Software analysiert einen größeren Datenbestand und lernt selbstständig, wie der Prozess iterativ verbessert werden kann. Jüngster Meilenstein in dem auf drei Jahre angelegten Projekt war die Inbetriebnahme der Software-Funktionalität zum Scannen von Bauteilen und zur automatischen Bahnplanung an der Anlage des Fraunhofer ILT.

Laserauftragsschweißen in Hochgeschwindigkeit

Ebenfalls am ILT entwickelt wurde das Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen (EHLA), bei dem Metallpulver per Laser im Luftstrom zur Schmelze gebracht – und auf Metalloberflächen aufgebracht wird. So lassen sich hochbeanspruchte Bauteilbereiche durch gezielten Auftrag von minimal 25 Mikrometer dünnen Schichten gegen Korrosion und Verschleiß immunisieren – mit Geschwindigkeiten von bis zu 500 Meter pro Minute. Dabei gehen auch metallurgisch inkompatible Metalle wie Aluminium und Titan dauerhafte, gegen Hitzeeinwirkung unempfindliche Verbindungen ein. Momentan arbeiten die ILT-ForscherInnen mit PartnerInnen aus Luftfahrt und Maschinenbau daran, das EHLA-Verfahren für die additive Fertigung mit hohen Aufbauraten nutzbar zu machen. „Wir werden in den nächsten Jahren noch viele spannende Entwicklungen und Innovationen sehen“, ist Otto überzeugt.