Energiemonitoring in der Bäckerei : So optimiert Vielhaber den Energieverbrauch
„Warum schaltet Ihr das denn nicht ab?“ Sein Aha-Erlebnis hatte Eberhard Vielhaber, mit dem Luftschleier, dem Warmluftgebläse, das am Eingang zu seinem Café eine Barriere zur kalten Außenluft bildet. Lange Zeit blieb unbemerkt, dass die Anlage durchlief, auch nach Geschäftsschluss, auch nachts und auch an Feiertagen. Die Antwort seiner Mitarbeiterinnen war entwaffnend: „Das geht? Das dürfen wir? Und wo ist eigentlich der Schalter?“ Wie viel Energie sich einsparen ließ, wurde Vielhaber durch Energiemonitoring mit der GridVis-Cloud von Janitza klar.
Die Bäckerei & Mühle Eberhard Vielhaber in Sundern-Stockum, gehört zu den zehn ältesten Unternehmen im Sauerland. Die Mühle hatte schon 1819 der Ururgroßvater von Eberhard Vielhaber gekauft. Bis heute wird hier Roggen aus der Region zu verschiedenen Mehlsorten und Schrot verarbeitet. Dazu kommen die Vielhaber Brotcafés mit Verkaufs- und Gastronomieflächen. Insgesamt 28 Filialen in einem Umkreis von 50–60 km sind im Lauf der Zeit entstanden. Bis Dortmund, Soest und Meschede reicht das Gebiet. Natürlich spürt auch Vielhaber die seit Jahren steigenden Energiekosten und sucht nach Einsparmöglichkeiten. „Ich gehe jeden Tag durch die Produktion. Ich weiß, welche Maschinen laufen müssen und was abgestellt werden kann. Das kann ich gut steuern“, erläutert er. „In den Filialen kann ich nicht täglich vorbeifahren. Das würde Tage dauern. Energie zu sparen ist da nicht so einfach.“ Aber es gab eine Lösung. Das Energie- und Technologiebüro Westfalen EnTeWe wusste Rat.
Traditionshandwerk mit Cloudanbindung
Das Energiemonitoring-Portal GridVis® Cloud von Janitza ist eine auf das Wesentliche begrenzte Visualisierungslösung. Es informiert mit vordefinierten Dashboards gezielt über aktuelle und zurückliegende Verbräuche, Lastprofile usw. Auch Informationen wie Tarifverträge und Emissionen können integriert werden (Screenshot 1). Selbst Nichttechniker aus dem Controlling oder Management können sich per Browser ohne aufwändige VPN-Einrichtung einen Überblick über Strom-, Gas- oder Wasserverbräuche verschaffen. Als einzige Hardware wird an jedem Standort ein Cloud Connector als Schnittstelle zwischen Messgeräten und dem GridVis® Cloud Portal benötigt. Er verbindet sich automatisch mit dem lokalen Netzwerk und erkennt Janitza Messgeräte mit Ethernet-Schnittstelle (Bild 2). Bis zu 50 Messgeräte lassen sich mit einem Connector erfassen. Aber auch kleinere Projekte mit nur einem Messgerät sind wirtschaftlich zu realisieren. Die Messwerte werden verschlüsselt und zyklisch in die Cloud übertragen. Die Datenspeicherung auf Rechenzentren im mitteleuropäischen Raum ist im Leistungsumfang enthalten.
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Produktmanager Fabian Schäfer betreut auch das Vielhaber-Projekt: „Der Entwicklungsbeginn war im Sommer 2021. Wir hatten bereits viele Interviews zu Anforderungen und Arbeitsabläufen geführt, um das Produkt von Anfang an genau auf die Kunden abzustimmen. Nun wollten wir erste Pilotanwender gewinnen und haben Herrn Kleere angesprochen.“ Der wiederum schlug Vielhaber vor: „Vielhaber ist ein sehr aufgeschlossenes und innovatives Unternehmen – ideal für so ein Pilotprojekt. Janitza kannten wir bereits von verschiedenen Kundenprojekten; die Messgeräte haben einen sehr guten Ruf in der Branche“, so Kleere.
Traditionshandwerk mit Cloudanbindung
Im November 2021 startete das Projekt. Eberhard Vielhaber und Thorsten Kleere wählten zunächst vier Filialen aus, die hinsichtlich Größe, Öffnungszeiten auch am Sonntag und dem Verhältnis von Brotverkauf und Gastronomie vergleichbar waren. Die Filiale in Arnsberg, in der auch die Fotos entstanden, ist mit 60 Sitzplätzen im Innenbereich und ca. 30–40 außen eine der größten. Die Installation der Hardware war rasch erledigt. „Bei der ersten Filiale hat ein Mitarbeiter von Janitza unseren Elektriker unterstützt, das hat gerade mal eine Stunde gedauert. Die anderen Filialen hat der Elektriker dann selbstständig ausgerüstet“, schildert Vielhaber den Vorgang. „Die Geräte benötigen dann nur noch einen Internetanschluss. Da wir in den Cafés ohnehin Wifi anbieten, war das auch kein Problem. Die ganze Investition war sehr überschaubar.“
Seit März 2022 ist das System in Betrieb und läuft störungsfrei. Als Pilotkunde steht Vielhaber mit Janitza regelmäßig in Kontakt, erhält Updates und kann Verbesserungsvorschläge machen. Die GridVis® Cloud nutzt er intensiv: „Ich kann jetzt sehr einfach den Stromverbrauch jeder Filiale ansehen und die Standorte vergleichen. Das Spannende ist, dass ich das vom Büro oder von zu Hause aus machen kann. Die Software zeigt mir zum Stromverbrauch auf Wunsch auch den aktuellen Preis oder den CO2-Wert an“, so Vielhaber. „Herr Kleere hat ebenfalls Zugriff auf die Daten. Auch das ist für uns ein Vorteil: Er hat noch einmal einen anderen Blick auf das Geschehen, denn er kann es mit anderen Unternehmen vergleichen.“
Verbraucher oder Energiefresser? Eine Frage der Tageszeit
Obwohl nur der Gesamtverbrauch gemessen wird, kann Vielhaber die Daten gut interpretieren, denn es gibt nur wenige große Verbraucher. Steigt früh der Energieverbrauch um einen bestimmten Wert an, kann er leicht erkennen, ob die Kühlung oder der Ofen eingeschaltet wurde. Kleere bestätigt: „Die Geräte erfassen den Verbrauch im Viertelstundentakt. Die Software ist nicht zu komplex und macht es einfach, die verschiedenen Filialen zu vergleichen. Sie hat uns Vieles gezeigt, was wir noch nicht wussten.“ Gemeint sind dabei alltägliche Routinen. So war es für das Personal völlig selbstverständlich, mit Dienstbeginn um 05:30 Uhr alle Geräte einzuschalten: Kaffeemaschine, Ofen, Spülmaschine, Klimaanlage (Bild 4). Ein verständliches Vorgehen, der Laden sollte laufen. Hinsichtlich Energieeffizienz aber keine gute Idee. Wenn die ersten Kunden um 07:00 Uhr kommen, reicht es, wenn die Kaffeemaschine um 06:45 Uhr eingeschaltet wird und die Spülmaschine erst um 08:00 Uhr. Die Fakten hatte Vielhaber bald auf dem Tisch. Nun musste er die Maßnahmen noch durchsetzen oder noch viel besser: Die Belegschaft mit ins Boot holen.
„Auf so etwas wie die Türschleieranlage muss man erstmal kommen. Das kann ich den Verkäuferinnen nicht vorwerfen. Sie wollten einfach nichts kaputt machen.“ Der Chef kann sich gut in seine Angestellten hineinversetzen. Die Frage war nun, wie er gut 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schulen konnte. Nicht alle arbeiten in Vollzeit. Es gibt viele Schülerinnen, Teilzeitkräfte und Aushilfen. Natürlich ist auch die Fluktuation entsprechend. Vielhaber fand eine verblüffend simple Lösung: „Ich habe an die größeren Verbraucher kleine Zettel gehängt, wann die angeschaltet werden sollten, etwa die Kaffeemaschine eine Viertelstunde vor Öffnung, Spülmaschine eine halbe Stunde nach Öffnung usw. Das hat schon viel gebracht. Außerdem macht meine Tochter jede Woche ein kleines Video für die Verkäuferinnen und Verkäufer mit einer Botschaft, beispielsweise wenn es ein neues Produkt gibt oder wenn es auf Weihnachten zugeht. Ab und zu erinnert sie auch ans Energiesparen: an die Ein- und Ausschaltzeiten denken, Spülmaschinen vollmachen, etc. Das kommt gut an.“
„Wir haben 20% und mehr geschafft“
Das System hat sich bewährt. „Im Schnitt haben wir in den letzten Monaten 15%-20% Strom eingespart, teilweise sogar bis zu 25%“, freut sich Vielhaber (Bild 5). „Eine größere Filiale verursacht bereits jetzt Stromkosten von 1.500 € im Monat und das wird sicherlich noch teurer. Kann man da 20% sparen, ist das viel Geld.“ Natürlich ist die Sensibilisierung eine Daueraufgabe. Neue Angestellte benötigen eine Einweisung und manchmal schleichen sich alte Gewohnheiten wieder ein. Aber das ist kein großes Problem mehr für Vielhaber: „Wenn ich merke, dass der Stromverbrauch wieder steigt, rufe ich kurz an und frage nach. Dann findet sich meist der Fehler ziemlich schnell. Ganz wichtig ist es auch, zu loben. Wenn ich nach einiger Zeit wieder anrufe und sage, dass der Stromverbrauch um 20% gesunken ist, weiß jeder, dass das eine ganze Menge ist. Das ist ein Erfolgserlebnis, das motiviert.“
Nach den guten Erfahrungen mit den Modellfilialen hat sich Vielhaber entschlossen, nach und nach alle Brotcafés mit der GridVis® Cloud auszustatten. Und er bleibt im Kontakt mit Janitza: „Wir informieren Herrn Vielhaber, wenn es Veränderungen an der Software gibt“, erläutert Fabian Schäfer. „Er prüft dann, was für ihn interessant ist und schreibt auch manchmal zurück, was er noch brauchen könnte. Wenn möglich, setzen wir das um.“ Eberhard Vielhaber beteiligt sich gern an der Weiterentwicklung. Mit etwas Messtechnik, einer Cloud, Haftnotizen und der richtigen Ansprache hat er die Energiekosten im Griff.