Größtes Auftragsplus seit 2020 : "Verspäteter Silvesterböller": Deutsche Industrie zieht kräftig an
"Eine Zahl wie ein verspäteter Silvesterböller", kommentiert LBBW-Ökonom Jens Oliver Niklasch die unerwartete Entwicklung. "Damit konnte man nicht rechnen." Allerdings ist nicht alles Gold, was glänzt. "Die Produktion wird dank Großaufträgen über Wasser gehalten", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. "Dass ohne Großaufträge nicht viel los ist, unterstreicht die unterliegende Schwäche der Industrie." Auch ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski rät dazu, die Daten "trotz der ersten Begeisterung mit einer großen Prise Salz" aufzunehmen.
Die Auftragseingänge aus dem Inland stiegen im Dezember um 9,4 Prozent gegenüber dem Vormonat. Die Auslandsnachfrage erhöhte sich um 8,5 Prozent. Einen großen Anteil an der insgesamt positiven Entwicklung hat der sonstige Fahrzeugbau (Luft- und Schiffbau, Schienenfahrzeugbau etc.): Hier waren die Auftragseingänge im Dezember mehr als doppelt so hoch (+110,9 Prozent) wie im Vormonat. Darüber hinaus wirkten sich Großaufträge in der Herstellung von Metallerzeugnissen (+18,0 Prozent) und bei den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen (+38,7 Prozent) positiv aus. Dagegen ging das Neugeschäft in den gewichtigen Branchen Fahrzeugbau (-14,7 Prozent), Maschinenbau (-5,3 Prozent) und Chemische Industrie (-3,7 Prozent) zurück.
Das Ifo-Institut bescheinigt der Industrie jedoch tendenziell eine Auftragsflaute, die zunehmend zu einer Belastung für die deutsche Konjunktur zu werden droht. Im Januar meldeten 36,9 Prozent der Industrieunternehmen fehlende Aufträge, wie die Münchner Forscher in ihrer monatlichen Umfrage ermittelten. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor waren es nur 20,9 Prozent. "Der Auftragsmangel hat sich im vergangenen Jahr deutlich verschärft. Kaum eine Branche bleibt davon verschont", so der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Zudem schmelzen die Auftragsbestände."