Produktion startet wieder im März : KTM: Sanierungsplan angenommen

Die gesamte KTM-Gruppe hat nach mehreren Kündigungswellen aktuell noch rund 4.400 Beschäftigte, davon knapp 2.000 bei der KTM AG. Bei Insolvenzeröffnung hatte die KTM AG noch etwa 2.500 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer. Für die Betroffenen der Kündigungswellen wurde vom AMS und vom Land Oberösterreich eine Insolvenzstiftung eingerichtet.

30-prozentige Barquote bis 23. Mai - Produktion soll Mitte März wieder anlaufen

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Für die Erfüllung der Quote in Höhe von 30% muss die KTM AG einen Betrag in Höhe von EUR 548 Mio. bis längstens 23. Mai 2025 beim Sanierungsverwalter erlegen. Anschließend wird das Gericht Anfang Juni 2025 den Sanierungsplan bestätigen und nach Eintritt der Rechtskraft ist das Sanierungsverfahren der KTM AG beendet.   

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Damit die Produktion schrittweise ab Mitte März 2025 wieder hochgefahren werden kann, werden der KTM AG aus dem erweiterten Aktionärskreis finanzielle Mittel in Höhe von EUR 50 Mio. zur Verfügung gestellt. Mit der Zustimmung zum Sanierungsplan wird dieser Betrag nun der KTM AG zugeführt, damit die Kosten für die phasenweise Wideraufnahme der Produktion im Monat März 2025 gedeckt werden können. Die geplante Vollauslastung der vier Produktionslinien im Einschichtbetrieb soll innerhalb von drei Monaten erreicht werden.

"Die geplante Vollauslastung der vier Produktionslinien im Einschichtbetrieb soll innerhalb von drei Monaten erreicht werden."
Stellungnahme von Pierer Mobility

Fortführungsgarantie von 50 Mio. Euro

Die Bestätigung werde jedoch auch davon abhängig sein, dass die voraussichtlich bis zum 23. Mai entstehenden Fortführungskosten in der Höhe von rund 150 Mio. Euro hinterlegt oder sichergestellt sind, teilte der Alpenländischer Kreditorenverband (AKV) mit. Die erste Tranche dieser Fortführungsgarantie von 50 Mio. Euro sei bereits gestern auf einem Treuhandkonto des Sanierungsverwalters eingelangt. Geplant ist, dass die Produktion Mitte März 2025 wieder aufgenommen wird.


Von der Creditreform hießt es am Dienstagnachmittag zur APA, dass die Investoren zwar noch nicht bekannt gegeben wurden, aber vorerst die Fortsetzung des Betriebes gesichert ist. Auch der Kreditschutzverband KSV1870 gab sich zufrieden: "Aus Gläubigersicht sind ein Investoreneinstieg und die Fortführung des Unternehmens wirtschaftlich sinnvoll. Bei einer insolvenzgerichtlichen Schließung und Zerschlagung des Unternehmens würden die Gläubiger eine Verteilungsquote von knapp unter 15 Prozent erhalten." Die Konzernmutter Pierer Mobility hielt zur weiteren Vorgehensweise in einer Aussendung fest: "Die geplante Vollauslastung der vier Produktionslinien im Einschichtbetrieb soll innerhalb von drei Monaten erreicht werden."

Mit Vollgas in eine gefährliche Schräglage

Vor einem Jahr war in Mattighofen beim Motorradkonzern KTM noch alles "Ready to Race". Die Konzernmutter Pierer Mobility - vormals KTM Industries - verkündete einen voraussichtlichen Rekordumsatz und -absatz für 2024. Für 300 Beschäftigte kam die Nachricht allerdings zu spät, sie wurden bereits im Dezember 2023 zur Kündigung angemeldet.

Kurz darauf kam, weit weg vom 7.600 Einwohner zählenden Heimatort in Oberösterreich, der nächste Dämpfer: Seriensieger KTM musste sich bei der Wüstenrallye Dakar nur mit dem vierten Platz zufriedengeben.Wenige Tage später kamen die nächsten schlechten Meldungen aus dem Konzern. In der Jahresbilanz zeigte das operative Ergebnis (EBIT) deutliche Tendenz nach unten. Die Kennzahl lag 2023 bei 160 Mio. Euro und damit um 32 Prozent unter dem Vorjahreswert. Trotz guter Nachfrage und deutlich höherer Zinsen seien die Kosten für Lagerbestände deutlich nach oben gegangen, daher habe Konzernchef Stefan Pierer seinen Händlern verlängerte Zahlungsziele und höhere Rabatte gewähren müssen, hieß es damals. Es folgte eine Dividendenkürzung von 2 auf 0,50 Euro je Aktie.

Doch das Unternehmen blieb am Gas und gab Mitte März 2024 die Übernahme der Mehrheit des italienischen Motorradbauers MV Agusta bekannt. Bereits seit Herbst 2022 hatte man eine Minderheitsbeteiligung gehalten. Unmittelbar darauf gab KTM bekannt, dass man 120 Forschungsjobs abbaut - zusätzlich zu den 300 Jobs, die bereits Ende 2023 zur Kündigung beim AMS angemeldet worden waren.

Die Pierer Industrie als Dachgesellschaft des Imperiums von Stefan Pierer (Pankl Racing, KTM, Husqvarna, GasGas, ...) kam aber auch anderweitig in die Schlagzeilen. Im Frühjahr 2024 wurde bekannt, dass Pierer laut Recherchen von "'Der Standard" und ORF rund um eine Lebensversicherung in Liechtenstein Millionen Euro an Steuern nachzahlen musste.

ABD0082_20250225 - RIED IM INNKREIS - ?STERREICH: Im Landesgericht Ried im Innkreis stimmen heute Dienstag, 25. Februar 2025 die KTM-Gl?ubiger ?ber den Sanierungsplan ab. Im Bild: KTM-CEO Gottfried Neumeister am Dienstag 25. Februar 2025 anl?sslich der Sanierungsplantagsatzung. - FOTO: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR
KTM-CEO Gottfried Neumeister am Dienstag 25. Februar 2025 anlässlich der Sanierungsplantagsatzung. - © FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM

Gewinnwarnung im Juni 2024

Im Juni werden dann die Wolken über Mattighofen immer dichter: Die Pierer Mobility gibt eine Umsatz- und Gewinnwarnung heraus. Man rechne für 2024 mit einem Umsatzrückgang um 10 bis 15 Prozent. Trotzdem wirde kurz darauf bekannt, dass Pierer, Mark Mateschitz sowie der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ) über eine Kapitalerhöhung beim Feuerwehrausrüster Rosenbauer einsteigen.

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Im August wird der Abbau von 200 weiteren Jobs bekannt gegeben, mit Anfang September bekommt die Pierer Mobility AG und KTM AG mit Gottfried Neumeister einen Co-CEO neben Stefan Pierer.

Am 13. November 2024 kommt es dann richtig dick für den Motorradhersteller. KTM braucht eine Finanzierung in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages. Ziel sei es, durch eine signifikante Reduktion der Produktionsmengen die Lagerbestände auf Ebene der KTM wie auch auf Händlerebene auf ein wirtschaftlich nachhaltiges Niveau abzubauen. Es drohe 1.000 der rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter womöglich eine temporäre Kündigung.

Restrukturierungsverfahren im November

Ende November des Vorjahres wird ein europäisches Restrukturierungsverfahren nach der Restrukturierungsordnung (ReO) eingeleitet. Das in Österreich erstmals angemeldete Verfahren ist laut Unternehmensangaben "notwendig", um Finanzierungen in Höhe von rund 250 Mio. Euro "in voller Höhe zurückführen zu können".

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Am 29. November folgt dann der Hammer: Die KTM AG bringt beim Landesgericht Ried im Innkreis einen Insolvenzantrag ein. Er umfasst auch die Töchter KTM Components GmbH sowie KTM F&E GmbH. Von drei Insolvenzen sind insgesamt 3.623 Dienstnehmer betroffen, die Gesamtverbindlichkeiten werden auf rund 2,9 Mrd. Euro bei 2.500 Gläubigern geschätzt, erklärte der AKV. Die Insolvenzgläubiger sollen eine Quote von 30 Prozent erhalten. Sanierungsverwalter Peter Vogl geht von der Fortführung des Unternehmens aus und Firmenchef Pierer zieht sich als Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Oberösterreich zurück.

Millionenschulden beim Finanzamt

Zu all den schlechten Nachrichten wird bekannt, dass die insolvente KTM AG und ihre ebenfalls zahlungsunfähigen Töchter KTM Components und KTM Forschung & Entwicklung dem Finanzamt 18,6 Mio. Euro und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) 15,1 Mio. Euro schulden.

Kurz vor Weihnachten 2024 beschließt das Landesgericht Ried nach der Berichtstagsatzung die Fortführung der insolventen KTM AG. Die Eigenverwaltung im Sanierungsverfahren bleibt erhalten. Der erwartete Gläubiger-Andrang am Landesgericht bleibt aus. Nach den Weihnachtsfeiertagen werden auch die Dezember-Löhne überwiesen. Novemberlöhne und -gehälter sowie das Weihnachtsgeld werden über den Insolvenzentgeltfonds abgewickelt.

Jahresbeginn 2025: Pierer tritt zur Seite

Das neue Jahr 2025 beginnt dann mit einem Rücktritt, bzw. mit einem Tritt zur Seite. Stefan Pierer gibt den Vorstandsvorsitz beim Mutterkonzern Pierer Mobility und der KTM AG ab. Zum CEO wird der im Konzern bereits leitend als Vorstand tätige Gottfried Neumeister. Pierer bleibe Co-CEO, er wolle den "Sanierungsprozess begleiten", so der Konzern damals.

Am 27. Jänner gibt es dann gute Nachrichten für den Motorradbauer und die ganze Region: Die Aktionäre der Pierer Mobility stimmen in einer außerordentlichen Hauptversammlung für eine Kapitalerhöhung. Die Investorensuche zur Rettung des Traditionsbetriebes dauert aber an.

Am 20. Februar wird dann der Restrukturierungsplan der Pierer Industrie aus dem Konzernreich von Stefan Pierer angenommen. Der Plan sieht vor, dass 68,69 Prozent der Finanzierungen bis Ende 2026 und der Rest bis 2027 getilgt werden, zuzüglich vereinbarter Zinsen.

Co-CEO Stefan Pierer scheidet aus dem Vorstand der KTM AG aus.
Stefan Pierer - © Pierer Mobility

Sanierungsplan angenommen

Heute, Dienstag, lief seit 9:00 Uhr morgens die entscheidende nächste Runde: Am Landesgericht Ried im Innkreis stimmten die KTM-Gläubiger über den Sanierungsplan ab - und nahmen ihn an. Vorgesehen ist eine 30-prozentige Barquote, die bis 23. Mai ausbezahlt werden soll. Die Bestätigung hängt jedoch davon ab, dass die voraussichtlich bis zum 23. Mai entstehenden Fortführungskosten in der Höhe von rund 150 Mio. Euro hinterlegt oder sichergestellt sind. Geplant ist, dass die Produktion Mitte März 2025 wieder aufgenommen wird.