Net Zero Industry Act beschlossen : Netto-Null-Industrie-Gesetz: Was ist geplant?

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Die EU will mit dem Netto-Null-Industrie-Gesetz klimaneutrale Technologien stärker fördern.

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Um ihre Klimaziele zu erreichen, muss die EU bisher einen Großteil der Technologien im Bereich der sauberen Technologien importieren. Nun soll dafür gesorgt werden, dass beispielsweise Solar- oder Windkraftanlagen wieder in Europa produziert werden. Auf diese Weise will die EU auch ihr Ziel erreichen, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Die EU-Staaten und das Parlament müssen dem geplanten Gesetz noch zustimmen. Das gilt aber als Formsache.

"Mit dem Gesetz zur Netto-Null-Industrie wollen wir unsere Industrie bei der Transformation unterstützen",sagte der zuständige Minister des Ratspräsidentschaftslandes, Jo Brouns, nach Angaben des Europäischen Rates. Es sei ein wichtiger Schritt, um die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Produktion sauberer Technologien voranzutreiben. "Es ist an der Zeit, dass Europa seine weltweite Führungsrolle im Bereich der sauberen Technologien zurückerobert und einen wettbewerbsfähigen, umweltfreundlichen und arbeitsplatzschaffenden Industriesektor aufbaut".

Alle betroffenen Industriesektoren in der Übersciht

Die vorgeschlagenen Rechtsvorschriften betreffen strategische Netto-Null-Technologien, die einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten werden. Dazu gehören insbesondere: Photovoltaik und Solarthermie, Onshore-Windkraft und erneuerbare Offshore-Energie, Batterien und Speicher, Wärmepumpen und Geothermie, Elektrolyseure und Brennstoffzellen, Biogas/Biomethan, Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung sowie Netz-Technologien. Der Vorschlag umfasst ebenfalls Technologien für alternative Kraftstoffe, fortschrittliche Technologien zur Energieerzeugung aus Kernenergie mit minimalen Abfällen und kleine modulare Reaktoren.

Ziel sei es, dass die Produktionskapazitäten für die strategisch wichtigsten Netto-Null-Technologien bis zum Jahr 2030 einen Anteil von mindestens 40 Prozent an der Nachfrage in der Union erreichen. Die Kommission betont, dass ein regulatorisches Umfeld notwendig sei, das einen raschen Übergang zu sauberer Energie ermögliche. Der „Net Zero Industry Act“ werde die Voraussetzungen für die Sektoren schaffen, die für das Erreichen des Netto-Null-Ziels bis 2050 entscheidend seien - wie etwa Windturbinen, Wärmepumpen, Solarzellen, erneuerbarer Wasserstoff und CO2-Speicherung.

Klima-Ziele bis 2040 verschärft

Die EU-Kommission hatte zuvor vorgeschlagen, die Treibhausgas-Emissionen der Union bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Das kündigte der EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra vor dem EU-Parlament in Straßburg an. Das neue Klimaschutzziel soll die Lücke schließen zwischen dem bestehenden Reduktionsziel für 2030 (minus 55 Prozent) und dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden. Die Umsetzung soll aber erst nach den Europawahlen im Juni geschehen, und hängt stark von der Konstellation der künftigen EU-Kommission ab.

Um das Ziel zu erreichen, will die Kommission zudem nicht nur auf die Reduktion von Emissionen setzen, sondern auch auf die Abscheidung bereits emittierter Treibhausgase. Gemeint ist damit das sogenannte Carbon Capture and Storage (CCS), also die Abscheidung („Capture“) und Speicherung („Storage“) von CO2. Um das gesetzte Ziel zu erreichen, müssten die Brutto-Treibhausgasemissionen im Jahr 2040 unter 850 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten liegen und bis zu 400 Millionen Tonnen durch CCS abgetrennt werden, rechnet die Kommission vor.

Heftige Kritik aus der heimischen Industrie

"Die Ankündigung zur substanziellen Erhöhung des Ambitionsniveaus hinsichtlich Treibhausgaseinsparung wirft aus Sicht der Industrie mehr Fragen auf als sie beantwortet", heißt es aus der Industriellenvereinigung. "Mit dem präsentierten Ziel präjudiziert eine Europäische Kommission, die nur mehr wenige Monate in Amt ist, de facto die politische Richtung der kommenden Kommissionsperioden noch vor einem demokratischen Richtungsentscheid im Sommer vor und schränkt dadurch den Gestaltungsspielraum künftiger politischer Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger deutlich ein."

Für die Industrie bedeute das vor allem eines: "Mehr Bürokratie und weniger Wettbewerbsfähigkeit. Allein in den letzten fünf Jahren wurden über 800 Gesetze, Richtlinien und Vorschriften beschlossen - das sind 5000 Seiten Bürokratie. Wir brauchen einen politischen Kurswechsel und einen Umsetzungsfokus statt den europäischen Standort durch immer mehr, teils überbordende, Vorschriften selbst zu schwächen."

Industrieemissionen: EU-Kommission mahnt Österreich

Für Österreich kommen die Verschärfungen ungünstig, ist man bei Umsetzung der bereits 2020 eingeführten EU-Richtlinie über Industrieemissionen noch immer säumig. Die EU-Kommission ermahnt Österreich erneut, die EU-Richtlinie einzuhalten. Einige Definitionen und Regeln aus der Richtlinie seien nicht richtig in österreichisches Recht umgesetzt worden, schreibt die Brüsseler Behörde am Mittwoch. Dazu gehörten auch Regeln zur öffentlichen Information und dem Zugang zur Justiz, wodurch die Teilnahme der Öffentlichkeit behindert werde.

Bereits im Mai 2020 und im Juni 2022 hatte die Kommission Österreich aufgefordert, seine Gesetze an EU-Recht anzupassen. Dies ist teilweise, aber nicht vollständig geschehen. Mit der heutigen Ankündigung leitet die EU-Exekutive die zweite Stufe des sogenannten Vertragsverletzungsverfahrens ein. Österreich hat nun zwei Monate Zeit für eine Stellungnahme. Danach könnte die EU-Kommission gegebenenfalls beschließen, den Fall an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiterzuleiten.