Kosten: 7,5 bis 10,5 Billionen US-Dollar : 1.000 Industrieanlagen für ein Drittel der Klimaziele verantwortlich
Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, muss die Welt ihre jährlichen CO2-Emissionen bis 2030 um 24 Gigatonnen senken. Das geht aus dem Emissions Gap Report 2023 hervor. "Allein die 1.000 Industrieanlagen mit den höchsten Emissionen stoßen acht Gigatonnen pro Jahr aus - ein Drittel der notwendigen Emissionsminderung", sagt Martin Hoyer, Partner bei Roland Berger. "Mehr als die Hälfte davon geht auf das Konto von nur 40 Unternehmen, für 80 Prozent sind sogar nur 160 Unternehmen verantwortlich. Das zeigt, welch großes Klimaschutzpotenzial in einer konzertierten Aktion liegt, um diese Großemittenten zu dekarbonisieren. Mit unserer Studie wollten wir die größten Hebel identifizieren, um eine maximale Dynamik für die globalen Dekarbonisierungsbemühungen zu schaffen - über Ländergrenzen hinweg und aus Sicht der Anlagenbetreiber."
Für die Dekarbonisierung der Anlagen stehen verschiedene technologische Optionen zur Verfügung, wie die Analyse zeigt: Das Spektrum reicht von der Umstellung auf erneuerbare Energien, Kernenergie oder Erdgas bis hin zur Abscheidung und Speicherung des bei der weiteren Nutzung fossiler Energieträger entstehenden Kohlendioxids (CCS). Je nach Dekarbonisierungslösung ergeben sich unterschiedliche Kosten für eine vollständige Dekarbonisierung. Kernenergie sowie die Umstellung auf CCS sind mit jeweils rund 10,5 Billionen US-Dollar über den Zeitraum von 2025 bis 2050 die teuersten Optionen. Darauf folgt Gas mit 10,3 Billionen US-Dollar. Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist mit 7,5 Billionen US-Dollar die günstigste Option. Über den gesamten Zeitraum würden sich die jährlichen Kosten auf 0,3 bis 0,4 Billionen US-Dollar belaufen. Zum Vergleich: Das wären weniger als 20 Prozent der weltweiten Ausgaben für z.B. Forschung und Entwicklung (2,3 Billionen US-Dollar) im Jahr 2021.
Die meisten Anlagen stehen in China
Die Analyse der Roland Berger-Experten zeigt, dass mehr als drei Viertel (77 Prozent) der Emissionen der Top 1000 aus der Stromerzeugung stammen, 18 Prozent aus der Eisen- und Stahlproduktion und 3,5 Prozent aus der Öl- und Gasindustrie. Regional betrachtet befinden sich die meisten der 1000 Anlagen in China (54%) und Indien (13%), gefolgt von den USA (10%) und Europa (3%). Aufgrund dieser ungleichen regionalen Verteilung sind die Länder sehr unterschiedlich von den Kosten der Dekarbonisierung betroffen: So müssten China und Indien zwischen 18 und über 30 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts aufwenden, die USA und Europa dagegen nur zwischen 2 und 5 Prozent.
"Die 406 Eigentümer der von uns untersuchten 1000 Anlagen müssen jeweils vor dem individuellen Hintergrund ihres Umfelds und ihrer spezifischen Märkte analysieren, welche Optionen sie haben", sagt Hoyer. "Sie stehen alle vor denselben Fragen: Welche Technologie ist am besten? Wie lässt sich die Versorgungssicherheit gewährleisten? Woher kommen die finanziellen Mittel? Kollaborationen von staatlichen und wirtschaftlichen Akteuren in den Bereichen Technologie sowie Forschung und Entwicklung könnten das Potenzial und das Tempo der Dekarbonisierungsaktivitäten deutlich steigern."
Der Energiesektor hat bei der Dekarbonisierung Aufholbedarf
Das Engagement für den Übergang zu einer grünen Produktion variiert je nach Sektor und Region. Nur 11 Prozent der identifizierten Energieerzeugungsanlagen verfügen über Dekarbonisierungspläne. Europa ist hier am weitesten fortgeschritten: Für die Hälfte der untersuchten europäischen Energieanlagen liegen bereits Pläne vor. In den USA ist dies bei knapp einem Drittel (29%) der Anlagen der Fall. Unter den Nicht-Energieanlagen sind Öl- und Gasunternehmen zusammen mit Eisen- und Stahlunternehmen am aktivsten.