Robotik : Modulare Roboter: Wie das System mit der Anwendung wächst

Modularer Roboter

Jedes Modul hat einen Chip, in dem die kinematischen und dynamischen Daten vom Modul gespeichert sind.

- © RobCo

Die meisten Leserinnen und Leser kennen Frank Thelen als Starinvestor aus der Fernsehserie „Die Höhle der Löwen“. Das österreichische Pendant 2 Minuten 2 Millionen fokussiert ebenso wie die deutsche Variante vor allem B2C-Produkte. Doch vor wenigen Monaten sorgte Thelen auch in der Industrie für Aufsehen. Er stieg in das Robotikstartup RobCo in München ein. Manch einer in der Branche runzelte da die Stirn, doch das ficht das Gründerteam um Roman Hölzl nicht an. Sie wollen wachsen, haben die TÜV-Zertifizierung seit einigen Tagen in der Tasche und mit Marco Dutenstädter arbeitet seit wenigen Wochen ein weiteres bekanntes Gesicht aus der Robotikbranche für die Münchener. Er wechselte von Wandelbots zu RobCo.

System wächst mit der Anwendung

„Ich wollte wieder zurück zu den Roboterarmen“, erklärt Dutenstädter, der Erfahrung auch aus dem Bereich Plattformentwicklung mitbringt. Die Idee: Mit einem modularen Robot Kit wächst das System mit der Anwendung mit. Lego der Robotik, könnte man es auch nennen. Bis zu sechs Freiheitgrade sind mit dem modularen System möglich. Wer nur drei Freiheitsgrade braucht und später vielleicht eine andere Anwendung hat, kann problemlos nachordern, so die Vision der Gründer. Bis zu acht Module können für einen Roboter kombiniert werden. Die fertigen Roboter können eine Reichweite von bis zu 2 m haben und Lasten bis zu 20 kg bei maximal 2 m/s bewegen. „Das ist ein ganz neuer Ansatz“, meint Robotikexperte Helmut Schmid im Podcast „Robotik in der Industrie“.

Jedes Modul weiß, wie es aussieht, wie es sich verhält und wie die Massenträgheitsmomente wirken.
Roman Hölzl, CEO RobCo.

„Unser Produkt besteht aus zwei Bereichen. Einmal haben wir das Hardwarekit mit den Motormodulen (Anm. der Redaktion; die Motoren kommen von TQ Group, die auch Franka Emika beliefern), den Verbindungsmodulen und der Controlunit. „Aus einem Bausatz können wir verschiedenste Kinematiken aufbauen. Über 30 verschiedene Roboterarm-Kinematiken sind möglich“, verspricht CEO Hölzl. Der zweite Bereich ist die Plattform für das Anlernen des Roboters, aber davor auch die Simulation einer Anwendung vor dem Kauf und nachgelagert das Thema Datenerfassung (bspw. Motorströme) um predictive maintenance zu betreiben, um rechtzeitig Module zu tauschen.

Keine Chipkrise

Zurück zur Hardware: Die Module verbindet der Anwender über einen optischen Bus. Dadurch etabliert er die Spannungs- und Datenkommunikation – zweikanalig. Jedes Modul hat einen Chip, in dem die kinematischen und dynamischen Daten vom Modul gespeichert sind. „Jedes Modul weiß, wie es aussieht, wie es sich verhält und wie die Massenträgheitsmomente wirken“, erklärt Hölzl. Sobald die Module miteinander verbunden sind, liest der Anwender die Moduldaten über die Steuerungseinheit aus und baut dann ein modellbasiertes Regelsystem auf, das die Daten ausliest und einen digitalen Zwilling erzeugt. Und der Chipmangel? „Das ist ein banaler kleiner Mikrochip, den es für einige Euro gibt. Er muss in numerischer Art und Weise die Modulcharakteristika abzuspeichern und auslesen zu können. Da braucht man keine aufwändige Grafik und Prozessorleistung. Die sind noch gut erwerbbar.“

KMUs im Blickfeld

Der RobCo-Modul-Roboter ist aber kein Cobot, sondern ein Industrieroboter. „Ein Leichtbauindustrieroboter, würde ich es nennen“, scherz Hölzl im Podcast-Gespräch. „Preislich orientieren wir uns an den Cobots. Bei der Leistung an den Industrierobotern.“ Überzeugen wollen die RobCo-Verantwortlichen vor allem die vielen kleinen KMUs am Markt. „Der Kunde will es so einfach wie möglich haben“, meint Dutenstädter. Der Kunde scannt die Umgebung an der Werkzeugmaschine mit seinem Handy ein. Die RobCo Expertinnen und Experten können dann die Roboterprogramme vorkonfigurieren oder die richtige Auswahl des Greifers sicherstellen. Dazu kommen dann Taktzeit- und Erreichbarkeitsanalysen. „Das macht typischerweise ein Systemintegrator. Das können wir aber schon abdecken“, unterstreicht Dutenstädter. Das Ergebnis: Anbieter und Kunde kommen schneller in die Umsetzung.

Anwendung in der Maschinenbestückung

Erste KundInnen haben die Münchner schon. GBN Systems ist ein Dienstleister für Mechatronik-Services und nutzt RobCo Roboter in der Fertigung zur Maschinenbestückung der CNC-Maschinen. Evocut nutzt den modularen Roboter von RobCo zur effizienten Beschriftung hochwertiger Fahrradkomponenten mit Hilfe eines Gravurlasers. „Die RobCo Roboter lassen sich flexibel an unsere Aufträge anpassen - das Umrüsten des Roboters und die Programmierung übernehmen hierbei unsere Mitarbeiter in der Produktion“, berichtet der Geschäftsführer Stephan Pertl.

Roman Hölzl
Roman Hölzl, CEO RobCo. - © RobCo