Anwenderbericht : Für mehr Spaß mit Wiederbeschaffungszeiten

Tiered rack with sheet metal rolls. Internal warehouse of raw materials.

Wiederbeschaffungszeiten gehören zur Produktionsplanung. Mit Machine Learning soll die Ermittlung nun einfacher und die Prognosen genauer werden.

- © stock.adobe.com

Wiederbeschaffungsdaten sind statisch. Im Zweifel setzen die Verantwortlichen alle paar Jahre mal drei Studis an die Pflege und die machen aus einer 17 dann eine 12. Doch das Problem bleibt. Markus Günther von Inform weiß um die Herausforderung und hat mit seinen Kunden ein Machine Learning Tool entwickelt, um im ersten Schritt Wiederbeschaffungszeiten mit realistischen Werten zu versehen und dann aber auch die Produktionsplanung zu optimieren. „Es ist doch klar, dass wenn ich im September eine Bestellung aufgebe und die Lieferzeit zehn Tage beträgt, dann ist die Chance, dass das Produkt auch Ende September kommt, hoch. Aber wenn ich das gleiche Produkt Mitte Dezember bestelle, dann kommt das nicht vor Mitte Januar, wenn alle aus dem Urlaub wieder da sind“, erklärt Günther im Podcast KI in der Industrie. Es bleibt ein statischer Wert.

Die Idee von Günther und seinem Team: Sie schauten ins ERP und nutzen Machine Learning. „Jeder Maschinenbauer hat ein ERP. Wir haben sogar eine Historie von Bestellungen. Jede Bestellung hat Informationen zum Datum der Bestellung, zur Bestätigung durch den Lieferanten und zum Lieferdatum. Viele vergessen die Daten einfach, wenn die Bestellung da ist“, erklärt Günther. Aber diese Daten seien sehr gut gepflegt. Die Inform-Entwickler haben also diese Daten genommen – drei Jahre in die Vergangenheit geschaut – und mit Machine Learning zuerst das Lieferantenverhalten analysiert und dann ein Prognosemodell entwickelt. Die Datenmenge: Bis zu 50.000 Bestellungen pro Jahr auf drei Jahre.

Breite Masse optimieren

Das klingt einfach. „Der Aufwand für die Daten war gering. Aber wir mussten rausfinden, welche Daten sind für die Bestellung relevant“, blickt Günther zurück. Welche Daten haben Einfluss auf die Bestellungen - wann wurde bestellt (Herbst oder Winter), wie wertvoll war die Bestellung (große Bestellungen liefen besser) oder welcher Einkäufer war verantwortlich.

Inform nutzte einen Random Forest Ansatz für die Auswertung. Ein Random Forest ist ein Klassifikations- und Regressionsverfahren, das aus mehreren unkorrelierten Entscheidungsbäumen besteht. Alle Entscheidungsbäume sind unter einer bestimmten Art von Randomisierung während des Lernprozesses gewachsen. „Wir wollten ja die breite Masse verbessern und nicht nur eine Bestellung“, begründet Günther den Einsatz des Entscheidungsbaums.

Mithilfe der Inform-Software lassen sich Fehler in der Schätzung von Wiederbeschaffungszeiten um bis zu 42 Prozent reduzieren. „Der Kunde hat jetzt aktuelle Prognosetermine. Damit kann man auf der Messe jetzt niemanden an den Stand locken. Ein Tischtennis-Roboter wirkt da mehr“, scherzt der Inform-Manager. Aber, die Kunden können jetzt auf den Einkauf zugehen und Abweichungen schneller analysieren. Und: Es müssen nicht zehntausende Materialien überprüft werden. Es entstehen die Top-Ten der Verzugslieferanten. Günther und sein Team konnten Lieferanten sogar dank der Daten zusagen, dass die angegebenen Liefertermine nicht eingehalten werden. „Manche lassen das automatisiert Standardlieferzeiten reinlaufen.“

Keine Feuerwehreinsätze mehr

Viel spannender wird es für den Kunden, wenn man diese Prognosedaten jetzt mit einem Produktionsplanungstool kombiniert. „Ich brauche ja Kapazitäten und Material und erstelle einen Ablaufplan. Wenn ich mich jetzt auf die Lieferdaten verlassen kann, dann wird auch meine Produktionsplanung besser“, versichert Günther. Keine Unruhe in der Fertigung, keine Feuerwehreinsätze mehr und keine Gefahr, selbst mit Lieferungen beim Kunden in Verzug zu kommen. „Der Einkauf kann sich früher um die Problemfälle kümmern.“ Dazu kommt: Die starken Abweichungen zwischen kalkulierten und realen Zeiten führen auch zu einer niedrigen Maschinenauslastung, da die Materialien regelmäßig nicht zum erwarteten Termin eintreffen. Darüber hinaus ist auch der Einkauf gezwungen, deutlich höhere Bestände aufzubauen als es mit zuverlässigen Wiederbeschaffungszeiten nötig wäre. Diese und weitere Effekte lassen sich durch das maschinelle Lernen präziserer Prognosen enorm verbessern.

Und Günther und sein Team schauen sich schon weitere Use Cases an. Aktuell bestehen bereits Ansätze, auch weitere Vorhersagen über Montagedauern oder Fehlererkennung in der Galvanik mithilfe von Machine Learning zu präziseren, um Kunden dabei zu unterstützen, ihre Planung langfristig realistisch abbilden und optimal planen zu können.

121 Markus Guenther 4816
Markus Günther von Inform nutzt bei seinen Kunden die Prognosen, um dann in der Produktionsplanung bessere Ergebnisse zu erzielen. - © Inform